Veyron Swift und das Juwel des Feuers: Serial Teil 3. Tobias Fischer

Veyron Swift und das Juwel des Feuers: Serial Teil 3 - Tobias Fischer


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sind uns schon begegnet, nachts in unseren Träumen. Und für Euch, Meister Veyron, gibt es vielleicht einige wichtige Dinge zu erfahren, bevor Ihr Eure Fahrt fortsetzt – wenn Ihr die Geduld dafür noch aufbringen wollt. Meine Diener haben für Euch Zimmer hergerichtet. Die Bäder stehen bereit, und das Wasser wurde vorgeheizt. Kleidung, die Eurer Welt entspricht, liegt für Euch parat. Sicherlich seid Ihr alle hungrig. Ich habe Essen und Trinken auf die Zimmer schicken lassen«, sagte sie.

      Tom wurde rot im Gesicht; verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen. Er war diesem wunderschönen, fabelhaften Geschöpf doch nur in seinen Träumen begegnet, das konnte sie doch unmöglich wissen, oder? Aber bei den Zaubern der Elben konnte man sich nie sicher sein. Der Blick aus Girians wunderbaren blauen Augen streifte ihn, und ein strahlendes Lächeln legte sich über ihre Züge.

      Doch, sie weiß es. Sie war wirklich in meinen Träumen, dachte er. Schließlich blickte die Königin zu Tamara. Tom fiel auf, dass die Terroristin sofort den Kopf wegdrehte und zu Boden starrte.

      Girians Lächeln wurde traurig und mitfühlend. »Ich sehe, es gibt einige Wunden zu heilen, vor allem die Unsichtbaren, gegen die kein Elixier der Welt hilft. Seid ohne Sorge, Tamara Venestra. Eure Freunde sind bei meinen Heilern in den besten Händen. Derweil bitte ich Euch, dass Ihr Imri in den Krankenflügel begleitet. Auch Eure Wunden bedürfen der geschulten Heilkunst des Palastes. Obwohl unser Elixier Euch die Kraft zurückgegeben hat, so verblieb dennoch einiges an Schrat-Gift in Eurem Blut«, sagte sie.

      Imri trat vor und reichte Tamara die Hand. Die Terroristin zögerte einen Moment, sah zu Nagamoto, ihr Blick rat- und hilflos. Der Simanui nickte auffordernd. Widerwillig ergriff Tamara Imris Hand und ließ sich fortbringen. Girian trat zurück, und aus dem Schatten der Bäume erschienen einige elbische Diener, alle festlich gekleidet. Sie baten Veyron und Tom, mit ihnen zu kommen. Nagamoto dagegen stieg mit der Königin und zwei Dienerinnen die Treppen hinauf. Sie hatten wichtige Dinge zu besprechen, während sich die anderen ausruhen sollten.

      Im Westen des Palastwaldes stand ein weiterer prächtiger Bau der Elben. Anders als der Hauptpalast war er in rostroten, herbstlichen Farben gehalten. Hier wurden die Gäste der Königin und auch alle Bedienstete untergebracht. Hinter dem knapp zweihundert Meter langen Bau lagen zwei weitere Wirtschaftsgebäude, äußerlich kleinen Schlössern gleich, doch im Inneren befanden sich die Ställe, Werkstätten und Krankenzimmer des Palastes. Dorthin wurden Tamara, Xenia und Dimitri gebracht, während Tom und Veyron im Gästepalast unterkamen.

      Toms und Veyrons Zimmer (jeder hatte ein eigenes) lagen im zweiten Stock mit fantastischem Blick nach Süden auf den Bruch. Ihre Zimmer lagen nebeneinander und waren durch eine Tür miteinander verbunden. Jedes hatte sein eigenes Badezimmer, wo eine dampfende Marmorwanne bereits ihrer müden Glieder harrte. Sogar fließend Warmwasser und Seife gab es, was Tom dem eher mittelalterlich anmutenden Lebensstil der Elben gar nicht zugetraut hätte. Fast eine Stunde lag er in der Wanne, bis seine Haut nur noch aus Runzeln bestand. Dann sprang er aus dem Wasser, trocknete sich mit wunderbar weichen Handtüchern und schlüpfte in einen ebenso weichen, samtenen Bademantel. Barfuß ging er hinüber in Veyrons Zimmer, nasse Fußspuren hinterlassend.

      Veyron kam ebenfalls gerade aus dem Bad, frisch rasiert und sogar die Haare zum ersten Mal, seit Tom ihn kannte, gekämmt. Veyrons Bademantel war der eines reichen Gutsherrn aus einem schweren, weinroten Stoff geschneidert und aufwendig mit Zierrat und goldenen Fäden bestickt.

      »Da fühlt man sich doch gleich wieder sehr viel menschlicher, nach einem Bad – vor allem nach so einem Bad. Nun, ich würde sagen, wir haben uns genug ausgeruht. Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen. Die vergangenen Tage waren wir durch Terroristen, Giganthornissen und Fenriswölfe abgelenkt. Nemesis ist immer noch dort draußen, und jetzt, da wir ihm entkommen sind, wird er nicht untätig bleiben. Er muss etwas unternehmen, die Frage ist nur: was? Wo setzen wir unsere Strategie am besten an? Sind wir in der Lage, vorauszusehen, was er als Nächstes tun wird?«, fragte Veyron mehr sich selbst als Tom.

      Tom seufzte. Er hatte auf ein wenig Urlaub und Erholung gehofft, aber es war ja fast klar, dass sein Pate nach nichts anderem verlangte, als endlich wieder in Aktion zu treten. Effizienz, wie er das nannte. Vielleicht ist er ja gar kein Mensch, sondern ein Roboter, dachte Tom, während er Veyron dabei zusah, wie dieser auf und ab hastete und beständig vor sich hinmurmelte.

      »Was wird er tun? Was wird er tun? Was wird er tun?« Das machte er bestimmt eine Minute lang, ehe er endlich stehen blieb und mit den Fingern schnippte. »Informationen, Tom! Halten wir uns an die wenigen Informationen, die wir haben. Fakt eins: Nemesis besitzt einen eigenen Durchgang nach Elderwelt. Einen Durchgang, der nicht einer der alten Durchgänge dieses Zaubervolkes – der Illauri – ist. Nagamoto hat sie ganz klar beschrieben. Nemesis’ Durchgang ist also zweifellos künstlicher Natur, wie bereits vermutet. Er kontrolliert ihn, vermag ihn bei Bedarf an- und abzuschalten. Auf diese Weise kann er unentdeckt von Elben und Simanui in unsere Welt reisen. Fakt zwei: Wir sind ihm entkommen. Er weiß nicht, ob wir nicht mehr über das Juwel des Feuers wissen als er«, fasste er zusammen. Plötzlich schlug er sich mit der flachen Hand gegen die Stirn. »Ich Idiot! Ich Idiot!«, rief er dabei immer wieder. »Natürlich! Jetzt ergibt das alles erst einen Sinn! Ich war ein solcher Idiot, Tom! Dabei hätte ich es doch sofort wissen müssen, als er sich uns zum ersten Mal zu erkennen gab. Die Lage ist noch brenzliger, als ich bisher angenommen habe. Tom, er weiß bereits, wo das Juwel des Feuers sein könnte. Er ist nahe dran, ganz dicht sogar. Darum hat er Jessica nicht getötet, sondern sie lebend gefangen und verhext. Er braucht sie, um an das Juwel heranzukommen. Er leitet jetzt die letzten Maßnahmen seines großen Spiels ein und bringt seine Figuren in Stellung.«

      Tom dachte kurz darüber nach und schüttelte voller Skepsis den Kopf. »Sie hätten mehr essen sollen. Ihr Verstand arbeitet nicht mehr richtig. Was Sie da sagen, macht überhaupt keinen Sinn«, erwiderte er müde.

      Veyron schenkte ihm einen missmutigen Blick. »Du irrst dich – wie üblich. Es ist dein Verstand, der hier nicht richtig arbeitet. Oder aber du bist wegen deiner Stielaugen für die Königin für alles andere blind geworden, was um dich herum geschieht.«

      Tom wurde knallrot vor Verlegenheit. Da war er wieder, der alte, gemeine Veyron Swift aus 111 Wisteria Road. Er wollte etwas erwidern, winkte aber nur verärgert ab.

      Veyron setzte seinen Monolog ungerührt fort. »Dennoch: Nemesis zögert und wartet ab. Er weiß nicht, was wir alles wissen. Es besteht für ihn immer noch die Gefahr, dass wir ihn aufhalten – was wir auch tun werden, soweit wir es vermögen. Zuerst muss er uns entweder loswerden oder erfahren, was wir wissen. Also muss er handeln, abweichend von seinen eigentlichen Plänen und schnell obendrein. Ich wette mit dir, dass ihm dabei Fehler unterlaufen werden. Wenn nicht ihm, dann zumindest seinen Handlangern. Doch zuerst müssen alle Karten auf den Tisch, um genau zu planen. Tom, hol bitte den Brief, den ich dir anvertraut habe.«

      Tom weitete überrascht die Augen. Der Brief von Professor Daring! Den hatte er ja total vergessen. Zuletzt war er im Flugzeug in seinem Besitz gewesen. Aber er hatte die Jacke ausgezogen und sie in die Gepäckablage gestopft. Und die war jetzt …

      »Ich fürchte, den Brief gibt’s nicht mehr, Veyron. Er war in meiner Jackentasche, und die Jacke ist wohl hin, mit der Supersonic in Flammen aufgegangen. Oder –? Hey! Vielleicht hat die Jacke ja überlebt. Wir könnten doch zum Wrack zurückgehen und danach suchen«, schlug Tom hastig vor.

      Veyron schaute ihn für einen Moment böse an. »Gebrauch deinen Verstand, Tom! Wie wahrscheinlich ist es, dass wir die Jacke in den Trümmern finden werden? Ganz zu schweigen davon, dass wir erst einmal drei Tage lang unter dem Gebirge hindurchmüssten, danach weitere drei bis vier Tage zurück zum Wrack. Eine ganze Woche, Tom, eine ganze Woche. Und wieder zurück zur Weißen Königin, für die dieser Brief bestimmt ist. Wir reden hier von zwei Wochen, zwei Wochen in denen Nemesis halb Elderwelt zerstören kann, was zweifellos seine Absicht ist.«

      Tom schaute betroffen zu Boden. »Das hatte ich nicht bedacht«, grummelte er und steckte die Hände in die Taschen des Morgenmantels. Doch was war das? Da fühlte er doch tatsächlich Papier zwischen seinen Fingern – ein Kuvert. Er zog es aus der Tasche und traute seinen Augen nicht: Es war der zerknitterte Briefumschlag des Professors. »Ich glaube,


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