Jenseits des Himalaya. Murdo MacDonald-Bayne

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      Murdo MacDonald-Bayne

      Jenseits des Himalaya

      Tibetisches Tagebuch Teil 2

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 6

       Kapitel 7

       Kapitel 8

       Kapitel 9

       Kapitel 10

       Kapitel 11

       Kapitel 12

       Impressum neobooks

      Kapitel 6

      Auf

      dem Fest des Yangtang-Klosters traf ich Geshi Malapa vom Gonsaka-Kloster und Geshi Tung La vom Takohu-Kloster, beide waren liebreizende Gefährten und sehr bewandert in ihrer jeweili­gen Wissenschaft. Auch sie sprachen Hindi, was ihre Zweitsprache zu sein schien. Ich war froh, denn so konnte ich weiterhin eine Konversation führen, die notwendig war, um die Anweisungen zu befolgen, die sie mir in ihrer jeweiligen Wissenschaft gaben.

      Ich überzeugte Geshi Dar Tsang mich zu begleiten. Er war er­freut, dass ich ihn fragte, denn er wollte den Fortschritt der Schüler Geshi Malapas und Geshi Tung Las sehen. Es gab einen festen Bund zwischen den Dreien und sie pflegten einen freundschaftlichen Wettbewerb darum, wessen Chelas die größten Fortschritte gemacht hatten.

      So machten wir uns am nächsten Tag auf den Weg nach Gon­saka. Man gab mir einen der Räume des Abtes. Er selbst war im Ganden-Kloster, wo er eine medizinische Fortbildung besuchte. Die­ser Kurs, so sagte man mir, beinhaltete Psychologie, Physik, Bota­nik und die Geisteswissenschaften. Das Curriculum ist in keiner Weise mit unserem westlichen vergleichbar, wobei sie einerseits rückständiger und andererseits fortge­schrittener sind.

      Geshi Malapa sagte, dass er seinen Namen vom großen, heiligen Milarepa entliehen hätte, der ein hohes Alter erreicht und über 100.000 Verse verfasst hatte, die sein geheimes Wissen offenbarten. Milarepa war als der große Wunderwirker be­kannt. Seine bekannteste Leistung war ein Flug mittels der Levita­tion zum Berg Kailash, um den Menschen vor Ort zu zeigen, dass er im Glauben und im Wissen größer war als die

       Bön

      -Priester, die solch eine Leistung nicht zu Stande brachten. Von diesem Zeitpunkt an entstanden Schulen und Akademien zum Zwecke des Studiums und der Entwicklung dieser wunderbaren Kräfte, und viele Jahre lang entwickelten Lamas, die durch ihn unterrichtet worden waren, großartige Kräfte und man schrieb ihnen mächtige Wunder zu. Malapa sagte, das Gonsaka-Kloster sei einst eine dieser Akade­mien gewesen, nun aber in ein Kloster umgewandelt worden, „daher entlieh ich mir den Namen Malapa, eine Abkürzung des Namens Milarepa.“

      Milarepas Kräfte schützen ihn, wenn er im Winter von tiefem Schnee und den Gletschern des Mount Everest abge­schnitten wäre.

      „Zu aller erst“, sagte Malapa, „müssen meine Schüler durch spe­zielle Atemübungen die Levitation erlernen. Der Körper wird dann leicht; manchmal werden die Körper so leicht, dass sie beschwert werden müssen, damit sie nicht fortwehen.“

      Ich sagte ihm, dass ich die Levitation in Indien gesehen hätte, aber er lachte und erklärte, dass das ein Kinderspiel wäre.

      „Zunächst“, sagte er, „nehme ich einen rohen Lamajun­gen über vierzehn, aber unter achtzehn Jahren, weil die Kraft des Lung-Gom-Pa nur nach einer langen Reihe von Bewährungsproben erlangt werden kann. Das Atmen muss vorsichtig angepasst werden; der Proband muss vollkommene Kontrolle über seinen Geist und Körper haben. Der Körper muss vollkommen ruhig sein, auch muss die Fähigkeit vorhanden sein, in eine tiefe Trance zu fallen, was ihn innere Kräfte nutzen lässt, wodurch er die Polaritäten willentlich umkehren kann.“

      Ich sagte: „Ich verstehe vom

       Yoga

      her, dass der Kör­per leicht wird, da die freie Energie in der Atmosphäre durch bestimmte Atemübungen in den Körper gepumpt wird, so dass er willentlich in jede Richtung bewegt werden kann, entweder schnell, durchschnittlich oder langsam, entsprechend dem gewünschten und erforderlichen Effekt.“

      „Ja“, versicherte er, „der fliegende Lama bzw., was wir den Lung-Gom-Pa

      

      nennen, ist eine verblüffende Person. Er begibt sich in eine Trance und einige Menschen glauben, dass der Kör­per von einem Geist bewohnt wird, aber das ist nicht so.

      Nach vielen Übungen wird die Gravitation überwunden, weil die Luft, da sie leichter ist, den Körper durchtränkt und ihm Auftrieb verleiht, und dann ist die Polarität umgekehrt. Derart bewegt sich der Lung-Gom-Pa

      

      in großer Geschwindigkeit über weite Strecken, über Berge und Täler, ohne zu ermüden. Eine Ermü­dung wird durch die Kraft der Gravitation bewirkt, wenn man eine Anstrengung aufwenden muss, um den Körper zu bewegen, weil er von der Erde angezogen wird.

      Der Lung-Gom-Pa

      

      nimmt den direkten Weg und die Geschwin­digkeit über Berge und Täler bleibt unverändert. Er geht den Berg genauso schnell hinauf wie er durch das Tal eilt, und er kann mehr als 150 Kilometer an einem Tag zurücklegen, wobei ein mir bekannter Lung-Gom-Pa

      

      sogar größere Stre­cken bewältigt.

      Dass es wenige von uns gibt, kommt daher, dass man lange für diese Kunst braucht – viele versuchen es, aber wenige sind erfolgreich – da es vielleicht die schwierigste aller okkulten

       Wissenschaften

      ist.“

      Ich sagte, es wäre höchst interessant diese Wundertaten zu sehen.

      Er sagte: „Du kannst dich mehr als glücklich schätzen Augen­zeuge dessen zu werden, weil Geshi Rimpoche, den wir verehren, darum bat, dir die Möglichkeit dazu zu geben.“

      Ich sagte: „Ich habe nicht die Absicht, diese

       Wissenschaft

      zu meistern, denn ich habe nicht die Zeit dazu – wie du weißt, liegt mein Werk im Heilen, aber eure Güte, mir zu erklären wie es gemacht wird, und dass ich es sehen darf, wird mir bei meinem eigenen Werk helfen.“

      „Dann werden wir morgen auf unseren Übungsplatz gehen, der während unserer Übungen bewacht ist, und dort wird es dir mög­lich sein den Lung-Gom-Pa

      

      zu beobachten.“

      Also gingen wir am nächsten Morgen in das abgele­gene Tal, das hinter einer weiteren Kette kleinerer Berge lag, wo sich ein langes, flaches Areal erstreckte. Geshi Malapa hatte nur drei Chelas. Er sagte, drei in einer Lebenszeit zu unterrichten, wäre ausreichend.

      Ich beobachtete, wie die drei Chelas in der Atmung angewiesen wurden.


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