Entscheidung am Salt Lake. Alfred Bekker
und mit seinem Komplizen, Todd!" Der Vormann nickte.
"Ja, mit dem auch."
Billy machte eine verzweifelte Geste.
"Steht das nicht längst fest?" Der Cowboy fuhr sich mit der Handkante den Hals entlang und grinste. Eine eindeutige Geste, die mich schlucken ließ.
"Ich halte mich an die Anordnungen vom Boss!" meinte Todd unmißverständlich. "Mr. McCrane hat sich klar ausgedrückt und da er mich bezahlt, tue ich, was er sagt." Billy schien nicht zufrieden damit.
Aber für mich und Chip bedeutete dies eine Gnadenfrist. Und das war immerhin etwas.
Todd deutete zum Himmel.
"Da zieht ein übles Wetter auf...", meinte er. "Heute nacht kampieren wir hier. Das ist ein guter Lagerplatz!"
*
Ich hörte den Gesprächen der Männer zu und erfuhr auf diese Weise, daß der Trupp schon den dritten Tag hinter Chip Barrows herhetzte.
Er schien ein guter alter Bekannter von ihnen zu sein, den sie aber bisher nie hatten schnappen können. Diesmal hatte er offensichtlich den Bogen überspannt.
Unterdessen war es dunkel geworden.
Langsam kam der Pferdedieb wieder zu sich.
"Sie haben mich in eine schlimme Lage gebracht, Chip!" zischte ich ihm ärgerlich zu.
"Tut mir leid", meinte er.
"Das nützt mir kaum etwas!" versetzte ich. "Die denken, daß
ich Ihr Komplize bin und wahrscheinlich gibt es nichts, was sie von dieser Meinung abbringen könnte!"
Es war sinnlos, zu lamentieren.
Es änderte nichts.
Irgendwie mußte es mir gelingen, hier 'rauszukommen. Immerhin blieb mir etwas Zeit, bis wir McCrane, dem Boss dieser Männer vorgeführt würden.
Ich beobachtete aufmerksam die Männer am Lagerfeuer, die sich die Hüte ins Gesicht gezogen hatten. Ich mußte auf meine Chance warten, ruhig abwarten, bis der richtige Augenblick gekommen war, um einen Fluchtversuch zu unternehmen. Jetzt hieß es, kühlen Kopf bewahren.
"Die werden unseiskalt aufhängen, nachdem sie uns ihrem Boss vorgeführt haben!" murmelte Chip.
Verzweifelung sprach jetzt aus seiner Stimme. "Ich kenne diesen McCrane. Das ist ein harter, kompromißloser Mann!" fuhr er fort. "Was er sagt, ist Gesetz in dieser Gegend!" Ich verzog das Gesicht.
"Scheint, als hätten Sie sich den Falschen für einen Händel ausgesucht!" zischte ich ärgerlich. Das Gezeter dieses Mannes ging mir ziemlich auf die Nerven. Er hatte sich seine Lage nicht nur in vollem Umfang selbst zuzuschreiben, sondern auch mich in diese lebensgefährliche Sache hineingezogen. Todd, der Vormann, wandte sich in diesem Augenblick zu uns um und warf uns einen unfreundlichen Blick zu.
"Quatscht nicht!" rief er unmißverständlich. "Entweder ihr seid still und haltet die Klappe, oder ihr bekommt Knebel in eure vorlauten Mäuler gestopft!"
Er kniff die Augen zusammen, als er uns mit seinem Blick fixierte.
"Es wird mir ein Vergnügen sein, euch Halunken persönlich aufzuknüpfen!" meinte er.
*
Die Nacht war ziemlich kalt, besonders für jemanden, der gefesselt war und sich nicht bewegen konnte.
Die Männer kauerten sich noch eine Weile um das Lagerfeuer herum, dann rollten sie sich einer nach dem anderen in ihre Decken. Zuvor waren nocheinmal frische Holzscheite in das Feuer gelegt worden, so daß es hell aufloderte. Es knisterte und rauchte, denn das Holz war natürlich naß.
Todd hatte Wachen eingeteilt.
Die Männer nahmen leise murrend die Reihenfolge zur Kenntnis, die der Vormann bestimmte.
Immer nur ein Posten auf einmal! dachte ich. Das war keine schlechte Vorraussetzung!
Aber da blieben diese verdammten Fesseln, die mich zudem noch an Chip, diesen dummen Hund, ketteten!
Ich versuchte, trotz der Kälte ein bischen zu schlafen. In der ersten Nachthälfte würde aller Wahrscheinlichkeit nach ohnehin nichts zu machen sein.
Diese Männer waren tagelang hinter einem Pferdedieb hergehetzt und hatten sich vermutlich dabei nicht mehr Schlaf gegönnt, als unbedingt notwendig.
Sie mußten also müde sein.
Und sehr wahrscheinlich würden sie sich dieser Müdigkeit auch hingeben, denn schließlich hatten sie ihr Ziel erreicht. Vielleicht lähmte das ein wenig ihre Aufmerksamkeit. Ich hoffte es zumindest. Auf irgendetwas muß man seine Hoffnung schließlich setzen, selbst wenn eine Sache noch so aussichtslos scheint.
Sonst kann man gleich aufgeben.
Aber das liegt mir nicht.
*
Ich erwachte aus kurzem, traumlosen Schlaf.
Ich weiß nicht mehr genau, was mich weckte. Vielleicht war es eine Art Ahnung oder mein innerer Zeitsinn, der mir sagte, das jetzt der richtige Moment war.
Möglicherweise war es auch einfach nur die verdammte, klirrende Kälte, die alles zu durchdringen schien. Das Feuer war schon ziemlich heruntergebrannt. Der eingeteilte Posten saß etwas abseits an einen der knorrigen Bäume gelehnt und hatte den Hut tief ins Gesicht gezogen.
Die Decke hatte er eng um die Schultern geschlungen. Der Lauf einer Winchester ragte irgendwo aus diesem Bündel heraus.
Wahrscheinlich war es seine Aufgabe gewesen, neues Holz auf das Feuer zu legen. Er hatte es bis jetzt nicht getan. VBielleicht schlief er also. Zumindest schien er vor sich hin zu dösen.
Die anderen Männer schnarchten laut in die Nacht hinein. Der Schneefall hatte sich verstärkt, ebenso wie der der eisige Wind.
"Na, wieder wach?" hörte ich Chip Barrows' Stimme. Ich verfluchte ihn innerlich.
"Mundhalten!" zischte ich. "Oder wollen Sie das ganze Lager wecken!"
Vermutlich hatte Chip kein Auge zugedrückt. War auch ein Kunststück, bei der Kälte. Diese Hunde hatten uns keine Decken gegeben. Wahrscheinlich dachten sie, daß der Aufwand für uns nicht mehr lohnte.
Schließlich spielt es kaum eine Rolle, ob man sich vor dem Gang zum Galgen noch eine Lungenentzündung holt. Tot ist schließlich tot.
Ich ließ nocheinmal meinen Blick über das Lager schweifen und taxierte die Lage.
Es war alles noch ziemlich vage, aber mittlerweile hatte ich eine Art Plan.
Wenn es glatt ging, würde er mich und diesen nichtsnutzigen Pferdedieb vor dem Strick retten. Wenn nicht, dann hatte ich eben Pech gehabt.
Keiner von uns beiden hatte irgendetwas zu verlieren
"Hey, Chip!" flüsterte ich.
"Ja?"
"Wir rollen uns jetzt zusammen in Richtung des Lagerfeuers!"
"Aber..."
"Tun Sie einfach, was ich sage, Chip!"
"Okay..."
Wir taten es und versuchten dabei, möglichst keinen Lärm zu machen. Das gelang uns auch einigermaßen.
Mit zwei Fingern kriegte ich ein glühendes Stück Holz zu fassen und versuchte damit, mir die Handfesseln zu durchschmoren.
Es tat höllisch weh, aber ich biß die Zähne zusammen. Wenn das eigene Leben davon abhängt, kann man eine ganze Menge aushalten.
Als ich die Hände frei hatte, rieb ich mir die schmerzenden Gelenke und tat etwas Schnee auf die Brandblasen. Der Rest war dann eine Kleinigkeit.
Ein paar schnelle Handbewegungen und ich hatte auch meine Füße befreit. Dann war Chip an der Reihe. Während ich mich mit seinen Fesseln befaßte, warf