Die Namenlosen. Уилки Коллинз
auf der Stelle auf den Weg zum Bahnhof gemacht.
Nach dieser einleitenden Erklärung erläuterte Frank, welchen Vorschlag seine Arbeitgeber ihm unterbreitet hatten, wobei seine gesamte äußere Erscheinung darauf hindeutete, dass er ihn im Lichte einer unerträglichen Beschwernis betrachtete.
Die große Firma in der Stadt hatte offensichtlich im Zusammenhang mit ihrem Angestellten eine Entdeckung gemacht, und diese Entdeckung ähnelte genau jener, die sich früher bereits dem Ingenieur im Zusammenhang mit seinem Lehrling aufgedrängt hatte. Der junge Mann bedürfe, wie sie es höflich ausdrückten, einer besonderen Anregung, die ihn anstachelte. Seine Dienstherren (die im Gefühl ihrer Verpflichtung gegenüber dem Gentleman handelten, der Frank empfohlen hatte) hatten die Frage sorgfältig erwogen und dann entschieden, dass sie Mr. Francis Clare einer vielversprechenden Verwendung zuführen konnten, indem sie ihn sogleich in eine ganz andere Gegend der Erde schickten.
Infolge dieser Entscheidung wurde nun der Vorschlag gemacht, er solle in das Haus ihrer Korrespondenten in China eintreten; dort solle er bleiben und sich fünf Jahre lang an Ort und Stelle mit dem Tee- und Seidenhandel vertraut machen; und nach Ablauf dieses Zeitraumes solle er in die zentrale Niederlassung in London zurückkehren. Wenn er seine Gelegenheiten in China angemessen nutzte, werde er sich bei seiner Rückkehr, immer noch ein junger Mann, für eine Position des Vertrauens und der angemessenen Vergütung eignen, und dann sei es gerechtfertigt, sich in nicht allzu ferner Zukunft auf eine Zeit zu freuen, in der das Haus ihn bei der Gründung eines eigenen Geschäfts unterstützen werde. Das also waren die neuen Aussichten, die sich, um Mr. Clares Theorie aufzugreifen, dem stets widerwilligen, stets hilflosen und stets undankbaren Frank aufdrängten. Es war keine Zeit zu verlieren. Die endgültige Antwort müsen am „Montag, dem Zwanzigsten“ im Büro eintreffen: An diesem Tag werde man die Korrespondenten in China mit der Post in Kenntnis setzen; und Frank solle dem Brief bei der nächsten Gelegenheit folgen oder auf seine Chance zu Gunsten eines unternehmungslustigeren jungen Mannes verzichten.
Mr. Clare nahm diese außerordentliche Neuigkeit auf äußerst verblüffende Weise auf. Die prächtige Aussicht auf eine Verbannung seines Sohnes nach China schien ihm den Kopf zu verdrehen. Er packte Frank am Arm und begleitete ihn nach Combe-Raven in der erstaunlichen Rolle eines Besuchers im Haus.
„Da bin ich mit meinem Rüpel“, sagte Mr. Clare, bevor die verwunderte Familie auch nur ein Wort herausbringen konnte. „Hören Sie sich seine Geschichte an, Sie alle. Sie hat mich zum ersten und einzigen Mal mit der Anomalie seines Daseins versöhnt.“ Kleinlaut berichtete Frank zum zweiten Mal über den chinesischen Vorschlag, wobei er sich Mühe gab, seine eigenen ergänzenden Behauptungen über Hinderungsgründe und Schwierigkeiten hinzuzufügen. Sein Vater unterbrach ihn beim ersten Wort, zeigte gebieterisch nach Südosten (das heißt von Somersetshire nach China) und sagte, ohne einen Augenblick zu zögern: „Du fährst!“ Mr. Vanstone, der sich in goldenen Visionen von der Zukunft seines jungen Freundes aalte, wiederholte die einsilbige Entscheidung von ganzem Herzen. Mrs. Vanstone, Miss Garth und sogar Norah sprachen sich in dem gleichen Sinne aus. Frank war angesichts einer solchen absolut einstimmigen Meinung, mit der er nicht gerechnet hatte, wie versteinert; und Magdalen war zum ersten Mal mit ihrem Latein am Ende.
Was die praktischen Folgen anging, begann und endete die Sitzung des Familienrates mit der allgemeinen Meinung, dass Frank fahren müsse. Mr. Vanstones Überlegungen waren durch die plötzliche Ankunft des Sohnes, den unerwarteten Besuch des Vaters und die von beiden übermittelten Neuigkeiten derart durcheinander geraten, dass er um Bedenkzeit bat, bevor man sich über die Regelungen, die im Zusammenhang mit der Abreise seines jungen Freundes getroffen werden mussten, im Einzelnen Gedanken machte. „Wollen wir nicht alle darüber schlafen?“, sagte er. „Morgen werden wir einen etwas klareren Kopf haben; und morgen ist noch Zeit genug, über alle Unsicherheiten zu entscheiden.“ Der Vorschlag wurde bereitwillig angenommen, und man verschob alle weiteren Beratungen auf den nächsten Tag.
Am nächsten Tag sollte über mehr Unsicherheiten entschieden werden, als Mr. Vanstone es sich hatte träumen lassen.
Miss Garth machte früh am Morgen wie gewöhnlich selbst den Tee, nahm dann ihren Regenschirm und spazierte in den Garten. Sie hatte schlecht geschlafen; zehn Minuten an der frischen Luft, bevor die Familie sich zum Frühstück versammelte, würden ihr, so ihr Gedanke, helfen, einen Ausgleich für die entgangene Nachtruhe zu schaffen.
Sie schlenderte bis zur äußersten Grenze des Gartens und kehrte dann auf einem anderen Weg wieder zurück. Er führte sie an einem dekorativen Sommerhaus vorüber, das von einer Ecke der Rasenfläche einen Blick über die Felder bot. Als sie sich dem Sommerhaus näherte, drang ein Geräusch an ihr Ohr wie das Zwitschern – und doch nicht das Zwitschern – eines Vogels. Sie trat um die Ecke, blickte hinein und gewahrte Magdalen und Frank, die eng zusammensaßen. Zu Miss Garth’ Entsetzen war Magdalens Arm unübersehbar um Franks Hals geschlungen; und, noch schlimmer, die Haltung ihres Kopfes im Augenblick der Entdeckung zeigte ohne jeden Zweifel, dass sie dem Opfer des Chinahandels die erste und höchste Tröstung hatte zuteil werden lassen, die eine Frau einem Mann gewähren kann. Oder mit einfacheren Worten gesagt: Sie hatte Frank gerade einen Kuss gegeben.
Angesichts einer solchen Notlage, der sich Miss Garth jetzt gegenübersah, spürte sie instinktiv, dass jeder herkömmliche Ausdruck des Tadels vergebliche Mühe gewesen wäre.
„Ich nehme an“, bemerkte sie, wobei sie sich mit der gnadenlosen Selbstbeherrschung der Dame mittleren Alters, der bei dieser Gelegenheit keine eigenen Erinnerungen an Küsse zur Verfügung standen, an Magdalen wandte, „ich nehme an (welche Ausflüchte dir deine Unverfrorenheit auch eingeben mag), du wirst nicht leugnen, dass mein Pflichtgefühl mich zwingt, das, was ich gerade gesehen habe, gegenüber deinem Vater zu erwähnen?“
„Sparen Sie sich die Mühe“, erwiderte Magdalen in aller Ruhe. „Ich werde es ihm selbst berichten.“
Bei diesen Worten blickte sie Frank an, der dreifach hilflos in einer Ecke des Sommerhauses stand. „Du sollst hören, was geschieht“, sagte sie mit ihrem strahlenden Lächeln. „Und Sie auch“, fügte sie zu Miss Garth’ besonderer Beachtung hinzu, als sie an der Gouvernante vorüber in Richtung des Frühstückstisches schlenderte. Die entrüsteten Blicke von Miss Garth folgten ihr; und Frank schlüpfte bei dieser günstigen Gelegenheit auf der anderen Seite hinaus.
Unter solchen Umständen konnte eine rechtschaffene Frau nur einen Kurs einschlagen: erschaudern. Miss Garth verspürte ihren Protest in dieser Form und kehrte zum Haus zurück.
Als das Frühstück vorüber war und Mr. Vanstones Hand auf der Suche nach dem Zigarrenetui in seine Tasche wanderte, erhob sich Magdalen; sie sah Miss Garth vielsagend an und folgte ihrem Vater in die Diele.
„Papa“, sagte sie, „ich möchte heute Morgen mit dir sprechen – und zwar unter vier Augen.“
„Aber ja doch!“, gab Mr. Vanstone zurück. „Worum geht es denn, mein Liebling?“
„Um…“ Magdalen zögerte, suchte nach einer befriedigenden Form des Ausdrucks, und fand sie. „Um etwas Geschäftliches, Papa“, sagte sie.
Mr. Vanstone nahm seinen Gartenhut vom Tisch in der Diele, riss die Augen in stummer Verblüffung auf, gab sich Mühe, in seinem Kopf die beiden so außerordentlich unähnlichen Vorstellungen von Magdalen und „Geschäft“ in Einklang zu bringen, scheiterte und ging resigniert voraus in den Garten.
Seine Tochter nahm seinen Arm und spazierte mit ihm zu einem schattigen Sitz in angenehmer Entfernung vom Haus. Sie staubte den Sitz mit ihrer adretten Seidenschürze ab, bevor ihr Vater sich darauf niederließ. An solche außergewöhnlichen Akte der Aufmerksamkeit war Mr. Vanstone nicht gewöhnt. Er setzte sich und sah noch verblüffter aus als zuvor. Magdalen nahm sofort auf seinem Knie Platz und lehnte den Kopf bequem an seine Schulter.
„Bin ich schwer, Papa?“, fragte sie.
„Ja, mein Liebling, allerdings“, sagte Mr. Vanstone, „aber nicht zu schwer für mich. Bleib auf deiner Sitzstange, wenn du magst. Und nun? Was kann das wohl für ein Geschäft sein?“
„Es beginnt mit einer Frage.“
„Ach,