Die Geisterbande und die Kräfte des Dämons. Dennis Weis
„dieses Verhalten hilft niemandem. Wer das nicht einhalten kann oder will, der fliegt raus!“
Ein betretenes Schweigen machte sich breit. Außer dem Röcheln des Professors war nichts zu hören. Corax und Filum wandten die Blicke voneinander ab. Das schlechte Gewissen einzelner sorgte dafür, dass keiner die Gruppe verlassen wollte. Professor Lux war eben einer von ihnen, auch wenn er gerade ein Zombie war.
„Der muss doch zur Vernunft zu kriegen sein“, sprach Tjalf.
„Man könnte versuchen, ihn zu beherrschen“, brachte Filum mit ein.
„Dann wäre noch weniger er selbst“, entgegnete der Venator, „das will ich nicht.“
Der untote Professor lehnte sich derartig nach vorne, sodass das Seil spannte und er dadurch seine Hände nahezu abschnürte. Tjalf schaute sich ihn genau an und er konnte nicht wahrhaben, dass es nichts gab, was helfen würde. Immerhin konnten die Seelenfresserin und der Diviator, ein Tagvampir, ihren Fresstrieb auch zurückhalten.
„Es liegt daran, dass er durch sein Zombiedasein primitiv geworden ist“, erklärte Corax, „das ist der Unterschied zu den anderen beiden.“
„Dennoch hat er doch einen Willen“, erwiderte Tjalf, „ich konnte mich auch einem Dämon stellen und lebe in Koexistenz mit ihm.“
„Das mag stimmen, aber vielleicht ist er für einen Willen zu blöd, wenn du verstehst“, entgegnete der Krähenmann.
„Ich verstehe, aber teile deine Meinung nicht“, widersprach der Venator, „denn selbst Babys oder auch kleinste Geschöpfe, mögen sie auch noch so primitiv sein, haben einen Willen. Es ist das erste, was uns leben lässt.“
„Aber es gibt doch Wesen, die keinen Willen haben, oder etwa nicht?“ fragte Corax, nachdenklich in seiner Stimme.
„Sicher, aber diese werden unterdrückt“, antwortete Tjalf, „sie sind nicht von Natur aus so.“
„Toll, dass ihr nun herumphilosophiert, aber es hilft uns keinen Deut weiter“, mischte Bartholomäus sich ein, der es leid war, herumzustehen, „was machen wir nun?“
„Wie wäre es mit Hypnose?“ fragte Tjalf, dem dieser Einfall plötzlich in den Kopf schoss.
Bartholomäus schaute beeindruckt. Dem Kleinen schien immer wider etwas einzufallen. Corax dachte kurz darüber nach.
„Immerhin kann man Leute damit vom Rauchen abbringen“, meinte Tjalf.
„Aber kannst du ihn hypnotisieren?“ wollte Hanna wissen.
„Leider nein“, musste Tjalf eingestehen.
„Aber ich beherrsche es“, sprach Filum und zog auf einmal die Aufmerksamkeit ungewollt auf sich.
„Du?“ fragte Bartholomäus misstrauisch.
„Ja, ich habe es lange nicht angewendet, da ich mich auf andere Kräfte verlassen konnte“, führte sie aus, „die Fertigkeit habe ich nicht verlernt.“
„Jetzt weiß ich deinen wahren Grund, weshalb du noch bei uns bist“, platzte es aus dem Krähenmann heraus.
„Und der wäre…?“ wollte Filum wissen.
„Du willst Tjalf beherrschen oder beherrschst ihn bereits“, vermutete Corax, „diese Dämon- Nummer ist sicher auf deinen Mist gewachsen.“
„Das ist doch Quatsch“, stritt die Hexe die Vorwürfe ab, „ich habe kein Interesse mehr daran.“
„Und welches Interesse hast du denn?“ fragte Bartholomäus, denn er glaubte ihr nicht.
„Auch wenn du es mir nicht abnehmen magst, ich bin geläutert“, antwortete die Hexe, „und will meine Untaten wiedergutmachen.“
„Das ich nicht lache“, prustete Corax, „jahrelang bist du der Schatten und plötzlich möchtest du das Licht sein?“
„In erster Linie will sie helfen“, unterbrach Tjalf den Krähenmann, „und das ist, was für mich momentan zählt. Dein Misstrauen verstehe ich. Auch ich traue ihr nicht einhundert Prozent, aber wenn sie etwas vorhätte, hätte sie es dann nicht umgesetzt, als wir geschwächt waren?“
„Bestimmt, oder es ist ihr Plan, Vertrauen zu uns zu fassen“, antwortete Corax.
„Gut, aber dafür wird uns die Zeit Antworten darauf geben“, sprach der Venator, „für heue gilt, dass sie möglicherweise dem Professor helfen kann und damit auch uns.“
„Falls du uns austrickst, werde ich keine Gnade walten lassen“, drohte der Krähenmann, der ihr offenkundig nicht verziehen hat.
Filum schwieg, um die Stimmung nicht noch weiter anzuheizen. Ihr war klar, dass man ihr einfach nicht vertrauen konnte. Das musste so sein. Filum wollte damit leben und wartete auf ihre Möglichkeit, um sich irgendwann zu beweisen.
„Dann bitte ich dich, deine Hypnose- Fähigkeit zu nutzen, um Professor Lux zu befreien“, sagte Tjalf und überließ Filum das Feld.
Es war tatsächlich lange her, dass sie diese Fertigkeit angewendet hatte, daher war sie auch aus der Übung. Zudem hatte sie es noch nie bei einem Zombie angewandt. Filum wusste dementsprechend gar nicht, ob eine Hypnose zum Erfolg führte.
Die Hexe konzentrierte sich, um eine möglichst Energie für die anstehende Hypnose zur Verfügung zu haben. Wenn es ihr gelingen sollte, würden sie ein Stück weit weniger Misstrauen zu ihr haben. Aber das war nicht ihr erklärtes Ziel. Erst einmal musste sie dem Professor dazu bringen, dass er klar wurde.
Sie schaute in die kalten weißen Augen des Professors. Er dagegen röchelte vor sich hin, als würde er verhungern, was er irgendwie auch tat. Sie erhob ihre Hand und schnippte beim herunterlassen einmal. Der Zombie Professor fand es offenbar derartig irritierend, sodass er sein Lechzen abrupt abbrach.
„Schau her Professor“, sprach sie mit angenehmer ruhiger Stimme, als lese sie einem Dreijährigen eine Gute- Nacht- Geschichte vor, „konzentriere dich auf meinen Finger. Er fällt drei Mal. Wenn er beim dritten Mal fällt, schnippe ich mit meinen Fingern und du fällst in tiefe Trance.“
Sie erhob ihren Arm und ließ ihn langsam nach unten senken. Der Professor verfolgte ihre Hand, als wäre er ein Stück Eisen und die Hand ein Magnet. Er klebte förmlich daran. Das beeindruckte auch die anderen, die sich das Ganze ansahen.
Als die Hand sich unten befand, wanderte sie erneut nach oben, um zum zweiten Mal nach zu sinken. Noch immer verfolgte der Zombie- Professor mit seinen weißen Augen das Geschehen. Er wirkte dabei schon etwas benommen.
Nachdem Filum den Vorgang ein drittes Mal wiederholte, schnippte sie wie angekündigt mit ihren Fingern und der Professor senkte den Kopf, als wäre er ausgeknockt. Sein Körper sackte leicht nach vorne. Die Anspannungen in ihm ließen nach.
„Befindet er sich nun in Trance?“ fragte Hanna.
Filum drehte sich zu ihr um: „Bitte leise sein, sonst könnte das auch nach hinten losgehen.“
Konnte es nicht, aber sie hasste es, wenn sie in ihrer Konzentration gestört wurde. Der Fokus lag nun ganz auf Professor Lux. Dieser befand sich noch immer in derselben Position. Er rührte sich nicht.
„Professor, wenn Sie mich hören können, dann stehen sie auf“, forderte Filum.
Nach einem Moment des Zögerns, erhob sie zunächst der Oberkörper und die Spannungen kamen zurück. Dann richtete er sich komplett auf und stellte sich vor der Hexe hin. Es war als wartete er auf weitere Anweisungen. Kein Röcheln und kein Lechzen nach Fleisch und Blut wurde wahrgenommen.
„Erstaunlich“, zeigte sich selbst Bartholomäus beeindruckt.
„Gut, nun möchte ich mit Professor Lux sprechen“, wies Filum als nächstes an.
Der Körper des Professors begann zu zittern. Die Augen schlossen sich und als sie sich wieder öffneten, konnten alle die Augen des echten Professor Lux sehen. Er wollte etwas irritiert