Shylock Holmes. Martin Cordemann

Shylock Holmes - Martin Cordemann


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Ich habe diesen Mann nicht getötet, Inspektor...

      SHYLOCK: Holmes, Shylock Holmes!

      RASÄC: Ich habe es nicht getan, aber ich würde alles dafür tun, den Mörder zu bestrafen. Rael hat mir, als mich niemand wollte, eine Chance gegeben und dafür bin ich ihm dankbar. Was hier geschehen ist, ist Unrecht, Herr Inspektor!

      „Der Feige stirbt schon viermal, eh er stirbt,

      Die Tapfern kosten e i n m a l nur den Tod.

      Von allen Wundern, die ich je gehört,

      Scheint mir das größte, dass sich Menschen fürchten,

      Da sie doch sehn: der Tod, das Schicksal aller,

      Kommt, wann er kommen soll.“

      ‘Julius Cäsar’, zweiter Akt, zweite Szene.

      SHYLOCK: Was haben Sie gestern Abend zwischen elf und ein Uhr nachts gemacht?

      RASÄC: Ich war im Senat!

      SHYLOCK: Mein Cäsar, das klingt selbst für meine Ohren ein wenig unglaubwürdig.

      RASÄC: Ich war mit meiner Frau bei Freunden, die eine kleine Party gegeben haben. In einer Kneipe namens „Senat“.

      SHYLOCK: Ich bin sicher, die können das bestätigen?!

      RASÄC: Natürlich. Meine Frau ist mit ihnen gefahren. Ich bin... nachgekommen.

      SHYLOCK: Wir werden das überprüfen.

      RASÄC: Wir?

      SHYLOCK: Ähm... ein Kollege. Warum sind Sie nicht mit Ihrer Frau und Ihren Freunden gefahren?

      RASÄC: Ich war mit dem Fahrrad unterwegs. Sie wissen, wie das hier mit den Verkehrsbetrieben ist. Da ist man mit dem Rad schneller.

      SHYLOCK: Das stimmt.

      RASÄC: Die anderen haben ein Taxi genommen und ich bin mit dem Rad gefahren. Auch in meinem Alter eine gute Übung.

      SHYLOCK: Auch in Ihrem Alter kein gutes Alibi.

      RASÄC: Meinen Sie, ich kann einen Mord begehen und dann mit dem Rad durch die Stadt rasen, ohne außer Puste anzukommen? So fit bin ich leider nicht mehr.

      SHYLOCK: Das deutet an, dass Sie einmal so fit waren.

      RASÄC: Als ich jung war.

      SHYLOCK: Da waren Sie also fit genug, einen Mord zu begehen und anschließend mit dem Rad durch die Stadt zu fahren. Klingt fast so, als hätten Sie da Erfahrungen.

      RASÄC: Ich kann Ihnen versichern, die habe ich nicht.

      SHYLOCK: Wir werden sehen.

      RASÄC: Inspektor, ich hoffe, Sie finden den Mörder und er wird nicht von der Justiz verschont wie die meisten Verbrecher!

      SHYLOCK: (deutet raus) „Tragt diese Leiche weg.“

      (zu RASÄC) „Vernehmt mein Wort!

      Wenn Gnade Mörder schont, verübt sie Mord!“

      RASÄC: ‘Romeo und Julia’.

      SHYLOCK: Dritter Akt, erste Szene.

      RASÄC: Machen Sie weiter so. (ab)

      NAGER: (tritt auf) Herr... Polizist, ich habe leider Ihren Namen vergessen! Sie sind doch von der Polizei?!

      SHYLOCK: Ja, Holmes mein Name, Shylock Holmes.

      NAGER: Wirklich?

      SHYLOCK: Wirklich!

      NAGER: Tut mir leid, ich war wohl eben... ein bisschen weggetreten.

      SHYLOCK: Das ist schon verständlich.

      NAGER: Der Tod... der Mord hat mich sehr mitgenommen... Ich... Sie wissen sicher, er war ein Geliebter.

      SHYLOCK: Mord wirft die Menschen immer aus der Bahn. Und es wäre traurig, wenn es nicht so wäre. Sie waren also mit ihm zusammen?

      NAGER: Ja, das stimmt.

      SHYLOCK: Auch gestern Abend zwischen elf und ein Uhr?

      NAGER: Sie meinen nach der Vorstellung? Nein, da habe ich ihn verlassen.

      SHYLOCK: Aha.

      NAGER: Ich, er... Er wollte noch hier bleiben und ein paar organisatorische Dinge klären.

      SHYLOCK: Und Sie haben ihn verlassen.

      NAGER: Ich bin weggefahren.

      SHYLOCK: Wohin?

      NAGER: Zu... nach Hause.

      SHYLOCK: Aha. Wer wusste davon, ich meine, dass er hier bleiben wollte?

      NAGER: Alle, wieso?

      SHYLOCK: Ich nehme an, Sie waren allein?! Als Sie... zu Hause waren.

      NAGER: Ja. Ich habe es... erst heute Morgen erfahren.

      SHYLOCK: Mit anderen Worten: kein Alibi. Hat Rael mit Ihnen über diese theaterinternen Angelegenheiten gesprochen?

      NAGER: Sie meinen die Streichung der Zuschüsse? Ja. Es ist eine schlechte Zeit für die Kultur. Und für das Theater. Eine schlechte Zeit.

      SHYLOCK: Hat er gesagt, wen er streichen wollte?

      NAGER: Er wusste es noch nicht genau. Er wusste es nicht...

      SHYLOCK: Wer von Ihren Kollegen könnte ein Motiv gehabt haben, ihn zu töten?

      NAGER: Wie kommen Sie darauf, dass es einer von uns war?

      SHYLOCK: Es spricht einiges dafür! Es ist... Polizeiarbeit, Sie verstehen. Wer könnte es gewesen sein? Ich kenne mich in der Theaterszene nicht aus...

      „Wollt Anleitung mir geben, wie ich hier

      Mich muss betragen; meiner Bitten erste,

      Zuletzt gesagt, ist diese: schönes Wunder,

      Seid Ihr ein Mädchen oder nicht?“

      NAGER: „Kein Wunder,

      Doch sicherlich ein Mädchen.“

      SHYLOCK: „M e i n e Sprache! Himmel!“

      NAGER: Sie kennen Shakespeare?

      SHYLOCK: Bei meinem Namen sollte ich das wohl!

      NAGER: Das war aus ‘Der Sturm’!

      SHYLOCK: Erster Akt, zweite Szene. Hat er sich vielleicht mit irgendjemandem aus dem Ensemble gestritten?

      NAGER: Nicht dass ich wüsste.

      SHYLOCK: Hat er sich abends nie über einen Ihrer Kollegen aufgeregt?

      NAGER: Immer verschieden, mal über diesen, mal über jenen. Sie wissen ja, als Regisseur hat man sich mit allen irgendwann mal in den Haaren.

      SHYLOCK: Das hilft mir nicht weiter. Und... Ihr Verlust tut mir leid.

      NAGER: „Sehn wir den Größern tragen unsern Schmerz,

      Kaum rührt das eigne Leid noch unser Herz.

      Wer einsam duldet, fühlt die tiefste Pein,

      Fern jeder Lust, trägt er den Schmerz allein:

      Doch kann das Herz viel Leiden überwinden,

      Wenn sich zur Qual und Not Genossen finden.“

      SHYLOCK: ‘König Lear’, dritter Akt, sechste Szene.

      NAGER: Ich hatte Rael geliebt. Ich habe ihn nicht getötet. (ab)

      SHYLOCK: Aber irgendwer hat!

      BLACK

      DRITTER AKT

      Erste Szene

      (Auerbachs Keller)

      WIRT : Was darf es sein?

      SHYLOCK:


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