Alpha & Omega. R. R. Alval

Alpha & Omega - R. R. Alval


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smaragdgrünen Augen, die düster funkelten. „Lass mich los.“, wiederholte sie verwirrt, „Du machst mir Angst.“ Statt sie loszulassen, verstärkte er den Griff auf ihren Schultern. Zwang sie, sich zu setzen. Er lachte. Es war kein richtiges Lachen. Mehr ein Brüllen. Ein Aufschrei; eine verzerrte Illusion. „Das, meine liebe Regina, ist noch gar nichts.“, brummte er. „Für euch Menschen ist es immer zwingend notwendig, eine rationale Erklärung zu bekommen. Doch selbst wenn ihr sie habt, versucht ihr, die Wahrheit zu verbiegen und sie zu euren Gunsten schön zu reden. Ist doch so, oder?“ Regina glaubte, sich verhört zu haben. „Für uns Menschen?“ Verunsichert schaute sie ihn an und legte den Kopf schräg. „Bist du keiner?“ Er hockte jetzt direkt vor ihr. Seine Augen waren immer noch düster. Doch von innen heraus glühten sie. Wie Feuer…, dachte sie. „Du hast es erfasst. Ich zeige dir, was ich bin.“ Mit Entsetzen sah Regina, wie er seinen Mund öffnete, in dem spitze, weiße und mit Sicherheit sehr scharfe Fangzähne blitzten. Unfähig sich zu bewegen, starrte sie ihn an. Noch ehe sie einen klaren Gedanken fassen konnte, hatte er sich über sie gebeugt. Sie spürte ein Ziehen an ihrem Hals. Ein jäher Schmerz. Mit der Intensität und der schaurigen Gewalt eines Orkans. Sie wusste nicht, wie lange dieses Gefühl andauerte. Aber ihr wurde bewusst, dass sie ihren Atem angehalten und ihre Augen geschlossen hatte. Oh mein Gott. Ein Vampir! Ein echter Vampir! Ich muss hier weg. Mit entschlossener Willenskraft stieß sie ihn von sich, sprang schreiend auf und rannte zur Treppe.

      Ryan war schneller.

      „Das war noch nicht genug.“, hörte sie ihn hinter sich zischen. Er griff mit einem eisernen Griff um ihre Taille und ihre Schultern, hob sie hoch und biss erneut zu. Panik erfasste Regina. Er würde sie töten. Wild strampelnd schlug sie um sich. Sie spürte, dass er den Biss löste und über die Wunde leckte. „Wenn du zappelst, könnte ich dir mehr weh tun, als ich es beabsichtige.“ Es war eine Drohung. So viel war ihr klar. Und plötzlich konnte sie sich nicht mehr wehren. Sie spürte seine Zähne erneut sehr deutlich und fühlte sich wie ein dem Wolf ausgeliefertes Kaninchen. Im Prinzip war sie das auch. Das Ziehen war stark und unangenehm, ebenso wie das Geräusch, welches er dadurch verursachte. Als er spürte, wie sie sich immer mehr verkrampfte, ließ er von ihr ab. „Du bleibst bei mir.“, schnurrte er; gleichzeitig drohend und eisig. Zögernd und aufgewühlt drehte sie sich um, wieder fähig sich zu bewegen.

      Ryan war weg.

      Zitternd schaffte sie es, die Treppe hinauf in das Schlafzimmer zu gehen, in dem sie sich völlig erschöpft aufs Bett fallen ließ. Ihr Körper bebte, vibrierte, erschauerte. Sie fühlte sich schlapp und ausgelaugt. Ein hysterisches Lachen gurgelte aus ihrer Kehle. Er hatte ihr Blut getrunken. Ein Vampir, er ist ein Vampir!, schrie es in ihr. Ich muss hier weg. So schnell wie möglich! Übereilt schwang sie die Beine aus ihrem Bett, was dazu führte, dass sich das gesamte Schlafzimmer vor ihren Augen zu drehen begann. Sie kniff ihre Augen zusammen und zählte langsam bis 100, bevor sie sie wieder öffnete. Sie hob die Tasche, die immer noch vor dem Bett stand, hoch und schaute hinein. Keine Schuhe. Keine Jacke. Sie würde sie hier lassen müssen, sonst wäre sie nur ein Hindernis auf ihrer Flucht. Regina musste sich immer noch langsam bewegen. Doch wild entschlossen setzte sie einen Fuß vor den anderen.

      Vorsichtig spähte sie aus dem Schlafzimmer. Totenstille.

      Mit klopfendem Herzen schlich sie die Treppe hinunter. Leider musste sie feststellen, dass diese Etage, wie bereits vermutet, nicht das Erdgeschoss war. Irgendwo musste es noch einen Weg nach unten geben.

      Nach einigem Suchen fand sie hinter einer Wand, die als Buchregal diente, eine weitere Treppe. Diese führte leicht geschwungen parterre. Die Luft anhaltend trat sie ins Erdgeschoss, lauschte. Niemand war zu sehen oder zu hören. Das musste gar nichts heißen. Er war ein… Vampir! Er konnte wer weiß was.

      Ein Schauer überlief sie, als sie daran dachte, wie er ihr Blut getrunken und sie sich dabei hilflos wie noch nie in ihrem Leben gefühlt hatte. An einem Garderobenhaken direkt neben einer bulligen Eichentür, durch deren Glasfenster das Sonnenlicht gebrochen wurde, entdeckte sie ihre Jacke. Ein Anfang, dachte sie und hielt Ausschau nach Schuhen. Irgendwo mussten ihre doch sein. Sie fand sie tatsächlich. Auf dem Schuhregal. Sie waren nicht einmal versteckt. Ryan nahm wohl an, dass sie oben blieb. Das brave Frauchen, das ihm zu Füßen lag. Idiot. Strunzdummer Vampirblödmann!

      Rasch, sich immer wieder umschauend und lauschend, betätigte sie die große Eingangstür. Regina war erstaunt, dass sie nicht abgeschlossen war. Sie jubelte innerlich. Endlich war sie frei. Zumindest so gut wie! Auch wenn sie keine Ahnung hatte, in welche Richtung sie laufen sollte oder wie lange sie unterwegs wäre, bis sie endlich jemanden um Hilfe bitten konnte. Ihr Blick fiel auf Ryans Wagen. Die Hände hinter dem Rücken verschränkt tänzelte sie darauf zu, nur für den Fall, dass jemand sie beobachtete. Das Glück war auf ihrer Seite. Er hatte tatsächlich die Schlüssel stecken lassen.

      Wie immer, lächelte sie, stieg rasch ein, zog leise die Tür zu, legte den Gurt an und setzte den schwarzen Sportwagen in Bewegung. Leise surrend fuhr sie aus der offenen Ausfahrt und gab ordentlich Gas, sobald das Haus kaum noch im Rückspiegel zu sehen war. Ihr Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb, als würde es jeden Augenblick herausspringen. Um sich ein wenig abzulenken, schaltete sie das Radio ein. Vielleicht hatte sie Glück und es gab so was wie einen Regionalsender. Dann hatte sie zumindest einen Anhaltspunkt, wo sie sich befand.

      ---

      Gut zwei Stunden später stand sie vor Eriks Haus. Ryans Auto hatte sie ein paar Straßen weiter geparkt und war dann zu Fuß gelaufen. Heftig atmend klingelte sie und war erstaunt, dass der Summer betätigt wurde, ohne dass ihr Freund fragte, wer zu ihm wollte. Vielleicht erwartete er Besuch. So ungern sie ihn auch bei einem Date störte, das war schließlich ein Notfall! Die Tür zu Eriks Wohnung stand offen, was sie aber nicht beunruhigte. „Erik? Entschuldige, dass ich störe. Du erwartest sicher jemand anderen. Aber ich stecke in Schwie…“

      „…rigkeiten?“, beendete Leroy lächelnd ihren Satz, in der Hand sein Handy haltend. Regina stolperte rückwärts von ihm weg und landete auf der Couch. „Ja, sie ist hier. So, wie du es vorausgesehen hast. Menschen sind so berechenbar.“, sagte er ins Telefon. Mit einer eiskalten Ruhe, die Reginas Atem stocken ließ. „Nein, lass dir ruhig Zeit.“, grinste er und beendete das Gespräch. Mit einem Satz sprang Regina auf und hechtete wie eine Irre zur Wohnungstür. Aber Leroy war schneller. Um exakt zu sein: Genauso schnell wie Ryan, als der ihr zur Treppe gefolgt war. Noch ein Vampir…, schoss es ihr schwindelnd durch den Kopf. Sie war reif für die Klapse! Sowas… Vampire… gab es nicht. Das war dermaßen irreal! „Ich nehme an, du lässt mich nicht gehen?“, fragte sie zitternd, aber relativ gefasst. Viel schlimmer konnte es bald nicht kommen. Leroy schüttelte süffisant lächelnd den Kopf, so dass seine langen, blonden Haare geschmeidig um sein wunderschönes Gesicht wehten. „Wo ist Erik?“ Mit einem Kopfnicken deutete er in Richtung Schlafzimmer. Mit klopfenden Herzens eilte Regina darauf zu. Dicht gefolgt von Leroy. Der Anblick, der sich ihr bot, schockierte sie zutiefst.

      Sie hatte sich geirrt: Es konnte schlimmer kommen.

      Erik lag nackt im Bett, mit glasigen Augen, offenem Mund und seltsam verdreht. Mit einem erstickten Schrei und den Tränen nah, wollte Regina auf ihn zustürmen, doch Leroy packte sie an den Schultern. „Dein Lover macht es nicht mehr lange. Zu schade. Er war wirklich gut.“, triumphierte er gehässig. „Mein Lover? Du meinst, deiner!“, korrigierte sie ihn stark schluckend und sank auf die Knie. Was hatte er ihm angetan? Leroy hüstelte gekünstelt. „Regina! Komm mir nicht damit. Ich weiß, dass du die ganze Zeit bei ihm warst. Ihr seid sogar zusammen in den Club gekommen. Jeder Mann, der dir zu nah kommt, ist eine Gefahr für das Wohlergehen meines Bruders und muss beseitigt werden.“ Sie traute ihren Ohren nicht. Beseitigt? Nur weil er ihr Freund war? Das musste alles ein großer Irrtum sein. „Leroy, bitte. Was soll das denn? Ich dachte, du magst ihn!“ Leroy zuckte beiläufig mit den Schultern. „Oh, das tue ich. Er war wirklich amüsant. Aber ich bin es leid, ihm einzureden, dass er mich begehrenswerter findet als dich. Auf die Dauer ist das nichts. Game over.“ Regina rappelte sich wütend auf, drehte sich zu ihm um und hämmerte ihm gegen die ebenso stahlharte Brust wie die von Ryan. „Bist du bescheuert? Ihm einreden? Hallo? Wäre er mein Freund – im Sinne von Lover…“,


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