Alpha & Omega. R. R. Alval

Alpha & Omega - R. R. Alval


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ein leichtes Taubheitsgefühl prickelte über ihre Zunge. Sie bestellte ein zweites Glas und kippte auch dieses hinunter. Der Schreck schien sich aufzulösen. Aber war es eine gute Idee, Erik mit Leroy allein zu lassen?

      Sie wischte ihre Sorge mit der Begründung, dass er alt genug war, beiseite, bevor sie vom Barhocker rutschte und sich zum Ausgang drängte. Sie musste unbedingt ein wenig frische Luft schnappen. Und eine rauchen. Obwohl sich das ein klitzekleinwenig ironisch anhörte.

      Lange blieb sie allerdings nicht draußen – es war arschkalt. Ohne ihre Jacke zitterte sie so sehr, dass sie sich mit ihren klappernden Zähnen auf die Zunge biss. Hoch erhobenen Hauptes ging sie wieder hinein.

      Sie hatte sich fest vorgenommen, sich, auch ohne Eriks Beistand, zu amüsieren. Hätte sie sich umgedreht, wäre ihr der Mann aufgefallen, der ihr folgte. Sie hätte sich vermutlich ihre Jacke geschnappt und wäre gegangen.

      Doch sie drehte sich nicht um.

      Tapfer kämpfte sie sich durch die Massen und blieb kurz vor der Tanzfläche stehen. Zwei attraktive junge Männer mühten sich alsbald um ihre Aufmerksamkeit. Ganz heimlich kam ihr der Gedanke, ob vielleicht ihr Kontostand auf ihrer Stirn tätowiert war. Warum sonst sollten die zwei sich aufführen wie Rivalen? Selbst wenn sie sich heute sexy vorkam – was nicht nur ihre neuen Klamotten und ihre Frisur, sondern auch ihr gewachsenes Selbstbewusstsein bewirkten – war sie noch immer nicht größer und auch nicht schlanker. Und um sie herum standen Frauen, die einer Werbung entsprungen sein könnten. Trotzdem bemühten die zwei sich ausgerechnet um sie. Dabei waren die Männer selbst mehr als nur eine Augenweide. Beinahe konnten sie mit Ryan konkurrieren.

      Herrisch rief sie sich in Erinnerung, dass der aus ihren Gedanken verschwinden musste. „Du siehst wirklich verführerisch aus.“, gurrte ihr der größere der beiden ins Ohr. Selbstsicher legte er einen Arm um ihre Taille und zog sie auf die Tanzfläche. Eng umschlungen bewegte er sich mit ihr zu der sehr langsamen Musik. Immer wieder streiften seine Lippen ihre Halsbeuge, was einen köstlichen Schauer durch ihren Körper jagte. „Dich würde ich zu gern …“ Noch bevor er seinen Satz beenden konnte, wurde er von dem anderen Mann abgelöst. „Du gestattest?“, fragte er Regina und schlang nun ebenso vereinnahmend wie schon der andere seine Arme um sie. Doch im Gegensatz zu dem größeren Kerl, der sich als Blake vorgestellt hatte, beließ er es nicht bei den Lippen. Fordernd huschte seine Zunge über ihren Hals und bescherte Regina eine Gänsehaut, die ihre Erregung nur allzu sehr verdeutlichte. Sie bedauerte, dass die Sache irgendwo einen Haken haben musste. In ihrem Leben gab es das nicht.

      Nicht, dass an einem Abend zwei Versace-Models an ihrem Hals hingen. Auch nicht, dass sie ihr zuflüsterten, wie sexy sie war und wie gut sie roch. Immerhin musste ihr Parfum längst verflogen sein. Nachdem Carran, wie er sich vorgestellt hatte, auch noch fragte, ob sie mit ihm in eine etwas ruhigere Ecke gehen wollte, hielt sie gar nichts mehr davon ab, sich einzugestehen, dass sie in ihrem Bett lag und einen wunderbaren Traum hatte. Sogar die Namen der beiden waren unwirklich.

      „Nimm deine Finger von ihr!“, zischte es hinter ihr. Seltsamerweise kam ihr die Stimme nur allzu bekannt vor. Auf keinen Fall würde sie sich umdrehen. In ihr sträubte sich alles. So schnell wird ein Traum zu einem Alptraum. Sie drückte sich noch enger an Carran, verzweifelt, weil sie darauf gefasst war, dass er sich jeden Moment in Luft auflösen könnte. „Wie du siehst, hat sie keinerlei Interesse an dir.“, entgegnete Carran selbstsicher und schloss seine Finger enger um ihre Schulter. So fest, dass es weh tat.

      Regina zuckte kurz zusammen und sog die Luft scharf zwischen ihren Zähnen ein.

      „Falsch!“, bestand sein Gegenpart, „Sie ist meine Verlobte.“ Ok, er hatte es geschafft. Sie kochte vor Wut, wagte es aber nicht, ihn anzusehen. Sie wusste, dass sie schwach werden würde, sobald sie in seine grünen Augen sah. Noch ehe sie etwas äußern konnte, hörte sie ein tiefes Knurren aus den Kehlen von Carran und Ryan. Ihre Nackenhaare stellten sich auf. Ein Frösteln zog über ihre Arme. Ihren Nacken. Ihren Rücken. Hey, sogar über ihre Beine!

      Das alles ging jedoch so schnell, dass sie kaum realisierte, wie Ryan sie an seine Brust zog, während der andere mit eingezogenem Kopf das Weite suchte.

      „Lass mich sofort los!“ Ihr Zischen erinnerte an eine todesmutige Viper; interessierte Ryan nicht die Bohne. „Nein!“, sagte er wütend und drängte sie zum Ausgang. Aus einem ihr unerklärlichen Grund konnte sie sich nicht aus seinem Griff befreien. Das lag nicht daran, dass sie ihm gerade mal bis zur Brust reichte. Sie hätte ihm am liebsten ins Schienbein getreten, aber ihr Körper schien einer anderen Person zu gehören. Als wäre sie nur eine Marionette. Sie hoffte inständig, dass sie bald aufwachte. Sein Arm hielt sie wie in einem Schraubstock schmerzhaft an ihn gepresst. Sie war zwar nicht die Zerbrechlichste, aber sie konnte fast ihre Knochen knacken hören. Anhand der Schmerzen bezweifelte sie jedoch inzwischen, dass sie träumte.

      Fassungslos starrte sie ihn an, als er sie endlich losließ und zwischen seinen Händen und der Wand in ihrem Rücken einkeilte. „Was denkst du dir eigentlich?“, fauchte er sie an und stand ihr bedrohlich nah. Trotzig streckte sie ihr Kinn vor und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.“ Sollte sie einfach unter seinen Armen hindurch schlüpfen? Im Stillen schüttelte sie den Kopf. Er war sicher schneller als sie. Momentan obendrein auch ziemlich Angst einflößend. „Jetzt stell dich doch nicht dümmer als du bist!“ Erbost funkelte er sie an. Beim grünkarierten Steinbeißer, sie hasste seine Augen. Sie waren so… eindringlich. Jedes Mal wurde sie von ihnen gefangen genommen. „Der Einzige, der sich hier dumm stellt, bist du. Es geht dich verdammt noch mal nichts an, was ich wann mit wem mache.“, zischte sie ebenso aufgebracht wie er, „Und wenn ich da drin nackt tanze, geht dich das auch nichts an.“, setzte sie dem i ein Tüpfelchen auf. „So?“, fauchte er, „Das geht mich verdammt noch mal sehr viel an. Du bist meine Verlobte!“ Er kam ihr noch näher, was sie gar nicht von ihm kannte. Ein Lachen quetschte sich aus ihrer Kehle. Das war das Absurdeste, was ihr in den Sinn kommen konnte. Ryan, der sie sonst immer auf Abstand hielt – von wegen warten bis zur Ehe… sie kannte den Grund inzwischen – sollte auf einmal eifersüchtig sein?

      Sie war sich sicher, dass er ein guter Schauspieler war. Sein fest eingerechnetes Geld, ihr Geld, ging ihm durch die Lappen. „Oh Gott! Was für eine Show, Ryan. Aber du hast da einen wichtigen Punkt übersehen. Ich habe die Verlobung aufgelöst. Wir sind fertig miteinander. Und bevor du jetzt auf die Idee kommen solltest, mich sofort um die Ecke zu bringen – spar dir die Mühe. Mein Testament ist geändert. Notariell. Du siehst keinen Cent davon.“ Sie log wie gedruckt, aber das konnte er schließlich nicht wissen. Ryans Mund klappte nach unten und genau so schnell wieder zu. Diesmal begann er zu lachen. „Das, meine Liebe, ist nicht mehr annähernd der Grund, warum wir zusammen bleiben.“, schnurrte er in ihr Ohr, was ihr eine erneute Gänsehaut verschaffte. „Dein Grund ist mir vollkommen egal. Ich möchte wieder rein, mir ist kalt.“ Starrköpfig schaute sie ihn an, während sie mit den Händen über ihre kalten Arme rubbelte. „Ich lass dich wieder rein gehen, wenn du mir versprichst, die Trennung zu überdenken. Und aufhörst, mit allen möglichen Männern zu flirten.“ Genervt rollte Regina mit den Augen. „Ja, ja, was auch immer.“, gab sie schnippisch zurück und war erstaunt, dass er sie tatsächlich hinein gehen ließ.

      Allerdings folgte er ihr in sehr geringem Abstand.

      Es war zum aus der Haut fahren.

      Die gesamte Zeit, in der sie verlobt waren, hatte er sich kein einziges Mal so benommen. Und jetzt, da sie sich von ihm getrennt hatte, erhob er Besitzansprüche?

      Das war einfach nur verrückt.

      Die nächste halbe Stunde verbrachte Regina umsonst damit, den Raum zwischen ihnen so groß wie möglich zu halten. Schließlich gab sie auf. Missgelaunt trottete sie zu der Nische, in der sie Erik vermutete. Dort verabschiedete sie sich von ihm und Leroy. An der Garderobe ließ sie sich ihre Jacke sowie die Handtasche geben und verließ das Lokal. Zähneknirschend stellte sie fest, dass Ryan ihr immer noch folgte. Angespannt mit dem Fuß wippend, wartete Regina darauf, dass endlich ein Taxi in Sichtweite kam. „Ich kann dich mitnehmen.“ Männer, die derart gurren, führen etwas im Schilde. Todsicher! „Danke, kein Bedarf.“

      „Oho,


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