Alpha & Omega. R. R. Alval

Alpha & Omega - R. R. Alval


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kennengelernt? Einen, der sich um sie kümmert?“ Leroys Schadenfreude war nicht zu überhören. „Ich muss sie zurückhaben.“ Ryans Aussage klang todernst. „Wozu? Du willst nur ihr Geld. Meinst du nicht, dass es noch andere Frauen mit genug finanziellen Mitteln gibt, die du – wenn ich dich erinnern darf – gar nicht nötig hast? Frauen, die nach etwas ausschauen? Nicht so ein kleines, pummeliges, unscheinbares Weibchen.“

      „Diese Worte aus deinem Mund, Leroy?“ Ryan schaute seinen großen Bruder entsetzt an. „Ich zitiere dich.“, entgegnete dieser gelassen und zuckte mit den Schultern. „Sie hat heute übrigens richtig süß ausgesehen.“, setzte er zu einem weiteren Seitenhieb an. „Die Haare anders, keine Brille, schicke Klamotten. Wirklich sexy.“

      Süffisant lächelnd betrachtete er Ryan, der dasaß wie ein Häufchen Elend. „Sonst verlässt immer du die Frauen. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet eine, die dich ihrer Meinung nach am wenigsten verdient hat und der du dir sicher sein konntest, dich verlässt? Sonst wirst du die Frauen doch gar nicht los.“

      „Ja, mach nur. Nur zu, Bruderherz, bohr weiter in meiner Wunde. Ich habe es verdient.“ Leroy riss die Augenbrauen hoch. „Du willst mir doch nicht sagen, dass du ernsthaft leidest?!“

      „Doch, genau das tue ich!“

      „Du armer, armer Mann. Jetzt ist dein zukünftiges Geld weg.“, pfiff er durch die Zähne und verschränkte die Arme vor der Brust. „Scheiß auf das bisschen Geld, Leroy. Wenn sie nicht in meiner Nähe ist, kann ich mich kaum beherrschen. Mein Hunger wird größer. Ich weiß nicht, ob ich mich das nächste Mal noch rechtzeitig stoppen kann.“ Ryan schlug die Hand vors Gesicht und schloss die Augen. „Willst du mir sagen, dass sie möglicherweise deine Auserwählte ist? Die Eine?“ Ryan verzog gequält den Mund zu einem falschen Grinsen. „Schaut ganz so aus Leroy.“ Na prima!, dachte dieser augenverdrehend, das hast du ja ganz toll hinbekommen. „Ich kann dich hören.“, schnaubte Ryan. „Das ist mir durchaus bewusst, Kleiner.“, sagte Leroy und leistete seinem Trübsal blasenden Bruder schweigend Gesellschaft.

      ---

      Regina kam lachend und erleichtert bei Erik an, nachdem sie ihr Hab und Gut in ihrer eigenen Wohnung abgeladen hatte. Sie fühlte sich gute zehn Kilo leichter. Um genau zu sein: 87 Kilo – sofern Ryan bei seinem Gewicht nicht geschummelt hatte.

      Leroys anerkennender Blick geisterte in ihrem Kopf herum. Das erste Mal seit langem fühlte sie sich begehrenswert.

      Und sexy.

      Und frei.

      Ohne Umschweife lud sie Erik zum Essen ein. Als kleines Dankeschön, wie sie ihm versicherte. Das Restaurant war etwas gehobener, aber dennoch gemütlich. Wie schon so oft gingen sie als Paar durch – störte keinen der beiden. Nachdem sie geplaudert, gegessen und gezahlt hatten, fuhren sie noch einmal zu Eriks Wohnung, um sich für den Abend ausgehfertig zu machen. Lobend pfiff Erik durch die Zähne und raunte ihr zu, dass er sich seine Neigung zu Männern vielleicht noch einmal überdenken müsse. Prompt lief Regina knallrot an.

      Durch diese Bemerkung war sie aufgekratzter und aufgeregter denn je, als sie endlich das Tanzlokal betraten. Nicht, dass sich Regina irgendwelche Hoffnung in Bezug auf ihren besten Freund machte. Das ganz sicher nicht. Aber wenn selbst er mit solchen Komplimenten um sich warf, dann musste daran etwas Wahres sein. Er sagte ihr immer die Wahrheit ins Gesicht. Ob die ihr passte, war was anderes. Besonders, wenn sie sich in Kleidungsstücken vertan hatte oder auf die falschen Männer hereinfiel. Genauso, wie es bei Ryan der Fall gewesen war. Jetzt stand sie mit Erik im „Le Nuit“ und ließ ihren Blick über die Anwesenden schweifen. Noch war es recht übersichtlich. Das würde sich bald ändern.

      Erik nahm ihre Hand und lief mit ihr bis zu einer kleinen Nische, in der eine runde Couch und ein gekachelter Tisch standen. Von da aus konnten sie den gesamten Raum gut überschauen. „Was trinkst du zur Feier des Tages? Rotwein?“ Erik legte den Kopf schief und lächelte sie fragend an. „Uh, Rotwein? Lieber noch nicht.“, grinste Regina, „Ich nehme ein Bier.“ Erik nickte und winkte eine Bedienung an den Tisch, die sofort die Bestellung entgegennahm. Später würden sie sich ihre Getränke wohl selbst holen müssen. Dann wäre kein Durchkommen mehr. Entspannt lehnte er sich zurück, schlug die Beine übereinander und legte seinen Arm um Reginas Schulter. „Die werden uns alle für ein Paar halten.“

      „Sollen sie doch. Damit steigen deine Chancen. Es ist viel aufregender einem anderen die Freundin auszuspannen. Du weißt schon, das Jagdfieber.“ Amüsiert zuckten seine Augenbrauen nach oben. „Und deine Chancen schwinden…“

      „Och Liebes, du kennst das doch. Wo ein Wille ist…“ Sie nickte zustimmend. Um anwesende Frauen musste sie sich keine Gedanken machen. Die ließen ihn sowieso kalt. Wenn ihm jedoch ein Mann gefiel, würde Erik schon irgendwie die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken wissen.

      Im Gegensatz zu ihr war Erik diplomierter Flirtkönig.

      ---

      Der Abend war ausgelassen; Regina fühlte sich pudel… ach was – sauwohl. Sie wurde mehrmals vom Erik zum Tanzen aufgefordert, und immer wieder gelang es ein paar anwesenden Männern, sie ihm auszuspannen. Das steigerte ihr Selbstwertgefühl erheblich. Nach einem aufregenden Mambo mit einem muskelbepackten Latino, kehrte sie ausgepowert an den Tisch zurück. Schluckend musste sie feststellen, dass Leroy sich zu ihnen gesellt hatte. Er unterhielt sich angeregt mit Erik.

      In ihrem Kopf versuchte sie, sich zu erinnern, ob die zwei sich kannten. Doch sie konnte sich beim besten Willen nicht entsinnen, sie einander vorgestellt zu haben. Was für ein makabrer Zufall. „Schatzilein!“, rief Erik aufgeregt und winkte sie zu sich. „Das ist Leroy. Wir haben uns gerade kennengelernt. Er ist sehr nett… und genau mein Typ.“ Kopfnickend strahlte er in dessen Richtung. Regina schluckte. Erstens, weil sie Durst hatte und zweitens, weil ihr kurz die Sprache abhandenkam.

      Erik war viel zu sehr im Trallalaland mit den rosaroten Herzen oder gedanklich bereits in der Horizontalen, als das zu bemerken. Schmunzelnd reichte Leroy Regina die Hand. „Hallo Regina. Wir sehen uns gleich zweimal an einem Tag. Das muss etwas bedeuten, meinst du nicht?“ Sie ergriff seine Hand. „Das bedeutet, die Stadt ist zu klein.“ Erik sah seine Freundin verwundert an. „Ihr kennt euch?“ Verächtlich schnaubend nahm Regina Platz. „Oh ja, wir kennen uns. Das ist der Bruder des geldgierigen Idioten, der mich um die Ecke bringen wollte.“ Entgeistert starrten die beiden Männer sie an. Erik, weil er ausgerechnet mit Leroy angebandelt hatte und Leroy, weil er glaubte, sich verhört zu haben. Dieser fand als erster seine Stimme wieder. „Ryan wollte was?“

      Ungläubig schnellte seine Stimme ebenso nach oben wie seine Augenbrauen. „Jetzt tu doch bitte nicht so!“ Regina lehnte sich zurück und versuchte seinen fragenden Blick zu ignorieren. Ein sinnloses Unterfangen. „Regina, das war eine ernst gemeinte Frage.“ Er lehnte sich über den Tisch, als wolle er sie hypnotisieren. „Ich meinte das ebenso ernst. Er hat schon zusammen mit einer seiner Geliebten geplant, mich durch einen Unfall ins Jenseits zu befördern.“

      „Woher…“

      „Ich das weiß?“, vollendete Regina mit rollenden Augen seinen Satz. „Die Tür zu seinem Arbeitszimmer ist nicht halb so schalldicht, wie er vermutlich glaubt.“ Leroy schluckte und schüttelte den Kopf. Erik ebenfalls. Beide aus unterschiedlichen Gründen. „Hey, keine Panik. Nur weil ich mit deinem Bruder mehr oder weniger fertig bin, heißt das nicht, dass ich was dagegen habe, wenn ihr zwei… na, ihr wisst schon.“ Abwehrend hob sie die Hände. Erik entspannte sich und sah Leroy mit einem verklärten Blick an. Dass Leroy ebenfalls Männer bevorzugte, hatte Regina vermutet. Jetzt bekam sie es bestätigt. „Da bin ich aber froh.“, sagte Leroy sehr leise. Er hatte seinen Arm besitzergreifend um Eriks Schulter gelegt und verschlang ihren Freund mit gierigen Augen. Regina konnte schon fast die Funken sehen, die zwischen den beiden flogen. Obwohl ihr dieser seltsame Zufall nicht geheuer war, wollte sie Erik keinesfalls im Weg stehen. Sie würde die Sache beobachten; ihm notfalls einen Wink mit dem Zaunpfahl geben.

      Oder mit dem gesamten verflixten Zaun, wenn es nötig sein sollte.

      Schmunzelnd – aber auch nachdenklich –


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