Alpha & Omega. R. R. Alval

Alpha & Omega - R. R. Alval


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ich dir. Weißt du noch, als ich fünf Monate daheim war? Ich hätte die Wände hochgehen können; und keine Arbeit in Sicht. Wenn ich dich nicht gehabt hätte, wäre ich immer noch daheim. Ohne dein Geld hätte ich mich nie selbstständig machen können.“

      „Und nun bist du ein eingetragener Zahlenfreak, der für andere die Steuererklärung und die Buchhaltung macht. Hätte nicht eins davon gereicht?“

      „Wieso? Ich beherrsche beides. Es wäre, als dürftest du zwar schreiben, aber nie lesen.“ Regina schluckte. Das wäre eine Strafe für sie. „Irgendwer hat da oben sämtliche Schleusen geöffnet.“ Beide verzogen – mit einem besorgten Blick aus dem Fenster – das Gesicht. „Ja… und alle vorhandenen Duschköpfe und Wasserhähne.“, fügte Erik hinzu. „Und da wir beide Irish trinken, nehme ich an, du bist ebenfalls ohne Auto da?“

      „Gut erkannt, mein Hübscher. Aber der Irish ist es wert.“ Genüsslich nahm sie einen großen Schluck von ihrer bereits dritten Tasse. „Selbst wenn ich mit dem Auto hier wäre, könnte ich jetzt nicht mehr fahren. Ich hab einen Schwips.“ Erik lachte. „Dabei habe ich keine Absicht, dich betrunken zu machen.“

      „Wozu auch?“ Erik zuckte mit den Schultern. Auch er hatte schon fast den dritten Kaffee mit Schuss geleert. „Nicht, dass wir in betrunkenem Zustand auf dumme Ideen kommen? Außerdem bist du noch lustiger und richtig tollpatschig, wenn du betrunken bist.“, murmelte er grinsend in seine Tasse. „Ich wüsste nicht, auf welche Ideen ich kommen sollte… Und ich bin kein bisschen tollpatschig! Ich könnte höchstens auf die Idee kommen meinen Namen zu ändern. Warum mussten mich meine Eltern ausgerechnet Regina nennen? Ich bin 25. Ich hasse diesen Namen.“

      „Sei stolz auf deinen Namen! Er bedeutet Königin. Um wie viel besser sollte dein Name werden?“

      „Ach, das ist mir doch wurscht, was er bedeutet. Frauen, die um die 50 sind, haben so einen, aber niemand in meinem Alter – abgesehen von mir. Woher weißt du das überhaupt?“

      „Was, die Bedeutung?“ Regina nickte stumm und sah ihn streng an. „Meine Mutter heißt Regina. Schon vergessen?“

      „Siehst du!“ Missmutig schob sie ihre Unterlippe vor und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich will einen schönen, anmutig klingenden Namen. Wie Celeste. Oder Michelle.“

      „Ach komm schon. Regina ist doch gar nicht so übel. Schlimmer wäre, wenn deine Eltern dich Martha oder Agnes genannt hätten.“

      „Du hast gut reden. Dein Name ist auch normal.“

      „Und das ist gut so. Stell dir vor, du brauchst irgendetwas und musst deinen Namen immer erst buchstabieren. Das kann auf die Dauer ganz schön nerven.“ Regina lachte. „Auch wieder wahr. Ich werde wohl mit diesem Vornamen leben müssen. Schon allein, wenn ich daran denke, wie viel Papierkram ich wegen eines neuen Namens erledigen müsste.“

      „Braves Mädchen.“ Erik bestellte gleich darauf einen weiteren Kaffee. Sie unterhielten sich angeregt, bevor sie kurz vor Schließung des Lokals noch einmal über das leidige Thema sprachen. Regina hatte eigentlich vorgehabt, in ihre eigene Wohnung zu gehen. Vielleicht war es ein Wink des Schicksals, dass sie es bis jetzt nicht geschafft hatte, diese aufzulösen. Gleich nachdem sie ihre Klamotten von Ryan abgeholt, den Ring zurückgegeben und sich somit offiziell von ihm getrennt hätte, wäre sie dementsprechend nicht ohne Bleibe gewesen. Doch Erik machte ihr einen Vorschlag, den sie nicht abschlagen konnte.

      Oder wollte.

      2

      Die gesamte Woche blieb sie tapfer und ließ sich nicht bei Ryan blicken. Auch die darauf folgende setzte sie keinen Fuß in sein Haus. Falls er sich Sorgen machte… Sie besaß ein Handy. Wie fast jeder Normalsterbliche auf diesem Planeten, der älter war als fünf. Na gut, sieben. Doch es klingelte kein einziges Mal. Allein diese Tatsache brach ihr fast das Herz. Fast! Denn nachdem, was sie nur durch diesen blöden Zufall gehört hatte, war es schon ein einziger Scherbenhaufen. Mehr konnte da nicht kaputt gehen.

      Abends – nach ihrem Gespräch mit Erik – war sie endlich in Tränen ausgebrochen. Sie hatte Rotz und Wasser geheult. In Etappen.

      Mehrere Tage lang.

      Erik, bei dem sie untergekommen war, tröstete sie; er sprach ihr Mut zu. Es war tatsächlich besser gewesen, vorübergehend bei ihm zu wohnen, als allein in ihren eigenen vier Wänden zu hocken. Oder noch schlimmer: wieder zu Ryan zurückzugehen. Ein Freund tat ihr gut. Erik war ein verdammt guter Freund. Wenn er nicht ebenso wie sie das männliche Geschlecht bevorzugen würde, hätte sie ihn für sich allein beansprucht. „Wir wären ein fantastisches Team.“, murmelte sie, während sie in der Wohnstube gedankenverloren durch eins der Magazine blätterte.

      „Schatzilein?“, rief Erik aus dem Schlafzimmer, „Kannst du mal eben kurz herkommen?“ Regina stand von der Couch auf und folgte seiner Bitte. Als sie ins Schlafzimmer trat, fielen ihr fast die Augen aus dem Kopf. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Mit zitternden Lippen versuchte sie, ihr Lachen zu unterdrücken. „Doch, das ist mein Ernst. Ich habe beschlossen, dass wir heute Abend ausgehen. Und solltest du dich nicht von mir überreden lassen dich aufzubrezeln, gehe – ich – genau – so.“

      „Du würdest dich lächerlich machen? Für mich? Lasse ich mich wirklich derartig gehen?“ Erik nickte. Er sah ernsthaft verrückt aus. Verrückt mit vier R und mindestens drei Ü. Seine Haare hatte er streng nach hinten gegelt, seine schicke Brille gegen ein etwas älteres Modell der Marke Panzerglas ausgetauscht. Er trug enganliegende, quietsch-gelbe Jeans, dazu eine pinkfarbene Rüschenbluse, die wohl irgendwann zu Halloween einmal weiß gewesen war. Um das Ganze noch zu toppen, trug er mehrere Ketten mit bunten Glasperlen, ein Magnetarmband aus den 80-ern und weiße Slipper, aus denen grüne Socken hervorlugten. „Ah, ich gebe auf. Was immer du vorhast, ich bin zu allen Schandtaten bereit. Nur bitte, zieh dich an wie ein Mensch; nicht wie ein Papagei.“ Erik lachte schallend und riss Regina in seine Arme. „Ich liebe dich, weißt du das?“

      „Klar weiß ich das, du verrückte Nudel.“, Regina schmiegte ihr Gesicht in die pinkfarbenen Rüschen. „Sobald ich umgezogen bin, gehen wir zum Friseur. Einen Termin hab ich schon ausgemacht. Anschließend kaufen wir neue Klamotten für dich und schauen beim Optiker, ob sich was Besseres findet als dieses seltsam anmutende Brillengestell.“

      „Warum, das ist doch schön?“

      „Weil es rot ist?“ Regina nickte. Sie hatte einen Rottick, der sich absolut nicht abstreiten ließ. Nur leider passte Rot von allen Farben am wenigsten zu ihr.

      ---

      Gute vier Stunden später betrachtete sich Regina mit offenem Mund im Spiegel. „Das bin wirklich ich? Keine Halluzination?“ Erik schmunzelte Reginas Spiegelbild an, wobei er seine Hände und seinen Kopf auf ihren Schultern legte. „Das bist du.“ Sie konnte kaum glauben, was sie sah. Zugegeben: Sie war immer noch klein und – wie sie fand – pummelig. Doch zum ersten Mal kam sie sich umwerfend schön vor. Dabei trug sie so gut wie kein Make-up. Ihre Haare waren ein wenig kürzer als vorher; etwas anders geschnitten. Sie fielen nun locker in ihr Gesicht. Außerdem waren sie aufgehellt worden, so dass sie durchaus als Blondine durchgehen konnte. Die Brille trug sie nicht. Die Jeans waren ersetzt durch gerade geschnittene dunkelgrüne Stoffhosen. Dazu eine cremefarbene, legere Bluse mit einem großzügigen Ausschnitt. Sie kaschierte ihre klitzekleinen Problemzonen und machte ihr Dekolleté zu einem Hingucker. Regina hatte außerdem ein anderes Ensemble anprobiert, das ebenfalls ihre – wer weiß wie vielen – vermeintlichen Problemzonen verbarg und ihre ungewöhnliche Augenfarbe betonte. Der Friseur, den Erik offensichtlich näher kannte und mit dem er ungeniert flirtete, verriet ihr ein paar Tricks, wie sie mit wenigen Handgriffen ihre Frisur veränderte. Ob wild, romantisch oder ladylike… es schien so einfach, sich zu verändern. „So! Und jetzt noch ein paar Klamotten für den Alltag. So gestylt gehst du zu Ryan, trennst dich von ihm – falls er das bis jetzt noch nicht geschnallt hat – und dann bist du frei für einen Abend mit mir.“

      „Du hast mich doch schon zwei Wochen am Hals.“ Ihr schwacher Protest


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