Die Kinder des Drachen. Ava Minatti
davon bin ich auch heute noch gerade in dem spirituellen Kontext, in dem ich mich bewege, überzeugt. Bei vielen Menschen ist die Spiritualität nur ein theoretischer Überbau. Sie versuchen, ihn zu erfüllen; versuchen eine bestimmte Rolle zu spielen, von der sie glauben, dass sie von ihnen als Lichtarbeiter erwartet wird; versuchen, ein „Heiliger“ zu sein. Doch für mich ist das eigentliche Geheimnis des Glaubens das Leben selbst, mit all seinen Facetten, mit all seinen Höhen und Tiefen. Das ist es, was die geistige Welt uns versucht, nahe zu bringen. Mein Weg hat mich zu der essenitischen Lehre geführt, bei der mir zum Beispiel gefällt, dass man von einem Vater-Mutter-Gott ausgeht, in dem die rezeptiven und dynamischen Kräfte in absoluter Harmonie sind. Die Kraft der Shekaina ist gleich wichtig und wertig, wie die von El Shaddai (=Vatergott). Beide in sich zu vereinen ist ein wesentlicher Aspekt im Essenertum. Der essenitische Weg brachte mich verstärkt in die Liebe und die Freude am materiellen Sein und in das Spiel mit diesen Kräften. Ein Essener liebt das Leben mit all seinen Genüssen. So war auch Jesus, der ein essenitischer Meister ist, kein Kind von Traurigkeit. Nach essenitischer Auffassung starb er nicht am Kreuz, sondern lebte danach gemeinsam mit seiner Frau Maria Magdalena und seinen Kindern weiter. Und hier schließt sich für mich der Kreis. In meinem Verständnis ist es nämlich wichtig, Spiritualität mit dem Alltag und mit all meinen Sinnen und mit all meinen Nuancen, die ich bin, zu verbinden. Und das wird, wie gesagt, durch die Energien und die Weisheit der Drachenwesen unterstützt.
Meine (Drachen)Wurzeln
Während meiner Ausbildung zur Sozialarbeiterin beschäftigte ich mich viel mit Mondmagie, Mystik, Märchen und matriarchalen Kulturen. Dabei konnte ich sehr viel über mich selbst, über weibliche Energie und über die Einheit zwischen Mikro- und Makrokosmos erkennen und lernen. In diesem Zusammenhang traten auch das erste Mal bewusst die Schlangen- und Drachenwesen in mein Leben, das von diesem Zeitpunkt an immer wieder von ihnen geprägt wurde.
Damals las ich viele Bücher von Luisa Francia, einer interessanten Frau, die jetzt in München lebt und sich mit Magie, Frausein, Ritualarbeit etc. beschäftigt.
Eines ihrer Werke handelt vom Umgang mit der Menstruation, und Luisa Francia nannte die Zeit der Blutung „Drachenzeit“. Ein wunderbarer Vergleich, wie ich finde, und ein sehr gutes Buch, das den gleichen Namen trägt. Es ist für alle Frauen empfehlenswert, die Schwierigkeiten bei der Annahme ihres weiblichen Körpers haben und ihren Zyklus als lästig oder schmerzhaft erfahren. Ich finde es auch gut, dieses oder ähnliche Bücher zu lesen, wenn Menschen das Gefühl haben, zu dick oder zu dünn, zu klein, zu groß, zu blond oder zu unattraktiv zu sein, oder sie anderen etwas Derartiges immer wieder einreden möchten. Ich persönlich empfinde den Menstruationszyklus nach wie vor als sehr kraft- und machtvoll und voller Magie, wenngleich ich gestehen muss, dass der Zyklus der Frau wohl auch erst durch die Matrix (siehe Seite 15-16) entstanden ist. Ich hänge noch ein bisschen an meinen matriarchalen Wurzeln, der Blutmagie und dem Mondzyklus, und so habe ich mir vorgenommen, meine „Drachenzeit“ noch etwas zu genießen, denn in der fünften Dimension wird es diesen Zyklus wahrscheinlich nicht mehr geben. Der Kosmische Mensch, der wir dann alle sind, braucht keine Rhythmen im Außen mehr, er selbst ist der Rhythmus. Er braucht keinen Zyklus, um etwas zu beginnen und abzuschließen, er ist selbst Anfang und Ende. So nehme ich einmal an, dass es auch keinen Eisprung, keine Menstruation, keine Wechseljahre mehr geben wird, genauso wenig wie einen weiblichen oder männlichen Körper in der Form, wie wir ihn jetzt noch bewohnen und an dem ich, wie ich gestehen kann, noch liebevoll hänge.
Als ich mich also früher schon mit Drachen beschäftigt hatte, kam immer wieder der Hinweis, man solle sich einen eigenen Drachen malen oder ein Bild von einem aufhängen, um die eigene Kraft darin zu erkennen, um sich geborgen und behütet zu fühlen, und auch, um die Drachen zu bitten, einen zu dem Schatz, den sie bewachten, zu führen. Nicht umsonst werden Frauen oft auch Hausdrachen genannt. Wenngleich es meist nicht liebevoll gemeint ist, ist die Essenz dahinter als äußerst positiv zu verstehen, und so kann jeder Mensch diese Bemerkung getrost als Kompliment betrachten. Denn gemeint damit ist eine kraftvolle Frau, die sich nicht unterordnen lässt.
In der Zeit, als die Drachenenergien das erste Mal so richtig bewusst in mein Leben traten, kaufte ich mir meinen ersten Telefonanrufbeantworter. Die erste Ansage darauf lautete: Die Drachenfrau (damit war natürlich ich gemeint) ist gerade ausgeflogen, usw. Nachdem ich bei dieser Ansage auch noch die passende Stimme gewählt hatte, musste einer meiner Freunde, als er diesen Text zum ersten Mal live am Telefon hörte, so lachen, dass ich ihn schnell wieder änderte, um Missverständnissen vorzubeugen.
Damals ließ ich mir auch meinen ersten chinesischen Drachen tätowieren. Ich liebe diesen Drachen, und er war mir stets ein treuer Begleiter. Des weiteren genoss ich jede Reise nach England, wusste ich doch, dass ich dort meine Drachensammlung erweitern konnte. Und so haben mich viele Jahre Drachenbilder, Drachenfiguren etc. in meinen Wohnungen begleitet, auch wenn unsere Freundschaft im Laufe der letzten Jahre ruhiger geworden ist - bis zu dem Tag oder, besser gesagt, bis zu jener Nacht, in der ich einen Traum hatte, der mich zutiefst berührte und schließlich in meinem Leben eine besondere Veränderung einleitete. Wobei Traum nicht immer das richtige Wort ist, weil Träumen im engeren Sinne für mich die Aufarbeitung von Ereignissen bedeutet.
In einem weiter gefassten Verständnis dieses Begriffs bekomme ich viele Botschaften und Visionen während meiner „Nachtarbeit“ und reise dort auch in Ebenen und Dimensionen, um etwas Neues zu erfahren. Dieser „Traum“ also war ein tiefes Erfahren: Ich war in Atlantis, in seiner lichten Phase, und es waren sehr viele mir aus meinem jetzigen Leben vertraute Wesen anwesend. Wir trugen lange fließende Kleider. Und obwohl ich mich noch genau an die Farben und die Umgebung erinnern kann, fehlen mir die Worte, es hier zu beschreiben. Jedenfalls traf ich dort einen Mann wieder, den ich bis dato nur einmal flüchtig gesehen hatte. So war ich sehr erstaunt, ihn mit solch einer Nähe und Vertrautheit in meinem „Traum“ wiederzutreffen. Wir unterhielten uns, und es stellte sich heraus, dass er eigentlich ein Drachenwesen ist, das nur eine menschenähnliche Form angenommen hatte, damit wir uns nicht vor ihm fürchten und leichter mit ihm kommunizieren können. Er meinte auch, dass jetzt wohl wieder die Zeit gekommen sei, um seine wahre Gestalt anzunehmen, und es sei eine besondere Ehre für die Wesen, die dabei sein dürften. Und er begann, sich vor meinen Augen zu verwandeln und wurde zu einem riesigen, mächtigen Drachen. Ich war tief berührt, dieses miterleben zu dürfen, und fragte ihn, ob ich seine Drachenhaut angreifen dürfte, und er erlaubte es mir. Es war für mich ein unbeschreibliches Gefühl, diese raue, schuppige und doch weiche Haut zu streicheln. Diese Berührung ging mir durch und durch. Durch diesen Traum war so viel Vertrautheit zu dieser Wesenheit entstanden, dass ich mich prompt über beide Ohren in ihn verliebte, als ich ihn das nächste Mal, ein paar Wochen später, dreidimensional wiedersah.
Danach häuften sich die Seminare, an denen ich teilnahm und in denen vermehrt Drachenbotschaften an uns gerichtet wurden. Und so nahmen die Drachenwesen in meinen Träumen und Visionen wieder ihre alte Bedeutung und Wichtigkeit ein.
Der Wunsch, dieser erneuten Vereinigung auch in der Materie ein Zeichen zu setzen, brachte mich zu der Entscheidung, mir einen weiteren Drachen tätowieren zu lassen. Dazu möchte ich anmerken, dass mich Tätowierungen seit meiner Kindheit fasziniert haben und ich sie liebe. Es ist für mich wie eine Initiation und die Energie von dem, was in die Haut geprägt wird, wirkt fortan durch dich und in dir. In alten Kulturen war es üblich, dass Schamanen in rituellen Einweihungen Tätowierungen erhielten.
Ich bekam ein Buch über tätowierte Menschen in Tahiti geschenkt. Dort stehen diese Symbole für Kraft, Mut und Stärke, und die Menschen, die diese tragen, sind archaische Geschöpfe so voller Schönheit, dass ich jedes Mal zutiefst begeistert bin, wenn ich die Bilder sehe. Die Tätowierungen selbst werden dort nur von Priestern ausgeführt, und das Ganze wird wie in einem heiligen Akt vollzogen.
Doch nun zurück zur Wiederbelebung der Drachenfreundschaft in meinem Leben. Dazu möchte ich noch ein bisschen weiter ausholen in meinen Erzählungen und lade dich daher im nächsten Kapitel zu einem kleinen „Ausflug“ ein.
Ein Ausflug in schamanische Erinnerungen
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