Thuazar. Anders Aaronson

Thuazar - Anders Aaronson


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jaulend auf. Es strampelte und zappelte, rief immer und immer wieder schrill nach ihrer Mama, ihrem Papa und den Brüdern. Andras war erstarrt vor Schreck. Er hatte keine Pfeile mehr.

      Die Menge fing an, vehement gegen die Wachen vorzugehen. Nicht mehr lange und der Mob würde auf den Henker und seine Knechte losgehen.

      Andras sah das alles im Schock. Er hatte versagt. Gerade bei dem kleinen Mädchen hatte er versagt. Er schaute voller Scham weg und sah nicht, dass der Henker mit seinem Beil die Arme des Mädchens durchschlug. Klatschend fiel sie in das siedende Öl und starb.

      Von unten rief Jamon herauf: »Beile dich. Ich glaube, wir sind entdeckt worden! Schnell!«

      Andras schaute aus dem Fenster und sah mehrere Soldaten, die in seine Richtung liefen und ihn entdeckt hatten. Skrupellos brachen sie durch die Gaffer und rannten auf die Gaststätte zu.

      »Hau ab Andras. Ich halte sie auf. Hau ab!!«

      Sein Kamerad polterte die Treppe mit einem Kampfschrei herunter. Schwerter klirrten aufeinander. Jamon tat sein Bestes.

      Andras schaute durchs Fenster zur Rinne hoch und zog sich daran auf das Dach. Die Häuser waren so nah aneinander gebaut, dass er von Dach zu Dach springen konnte. Er entfernte sich vom Marktplatz, bis er an der Stadtmauer ankam. Dort hangelte er sich in einen Hinterhof hinab, trat in eine schmale Gasse und steuerte von dort aus in Richtung Hauptstraße.

      Nach einigen Schritten erreichte er diese und ging auf das Haupttor zu. Die beiden mürrisch drein blickenden Wächter musterten ihn nur kurz und vertieften sich wieder in ihr Würfelspiel.

      Andras verließ Argan Tai mit einem unguten Gefühl. Die Schreie der kleinen Dita hallten noch in seinem Kopf nach. Und was war mit Jamon?

      Hatte er es geschafft?

      Er ging in Richtung Wald, der eine Wegstunde entfernt war. Dort hatten er und seine Gefährten ihr Lager in einer Höhle aufgeschlagen. Erstmal ausruhen und warten. Schlimmer konnte der Tag nicht mehr werden.

       4. Drei Hügel Manapa

      »Im Haus wird nicht geraucht!«

      Diesen Satz seiner Mutter hatte Manapa Opum immer noch in den Ohren. Denn jeden Tag hatte sie es ihrem Mann sagen müssen. Deswegen war das Haus der Opums auch das einzige in Drei Hügeln gewesen, das eine Veranda hatte, wo man immer wieder den armen Mampo bei Wind und Wetter rauchen sehen konnte. Aber, dieser Satz veranlasste auch heute noch Manapa, seine Pfeife draußen vor der Tür zu rauchen. Nach seinem Lieblingsfrühstück, Brombeerpfannkuchen mit einem großen Becher frischer Milch wusch er sich, versuchte seine braunen halblangen Locken mit einem Kamm zu bändigen und zog sich an. Dann stopfte er seine Pfeife und entzündete sie mit einem Kienspan. Er ging nach draußen in den frühen klaren Morgen. Die Sonne stieg gerade im Osten über dem Nebelwald auf. Manapa atmete tief die frische Luft ein, die nach Wald und Fluss roch. Er zog seine Stiefel an, die vor der Tür standen, und ging um das Haus herum. Es war nicht groß, aber er hatte es mit seinen eigenen Händen erbaut. Es war auch nicht aus Stein, sondern aus Holz, aber genau das liebte er daran.

      Das Haus seiner Eltern stand nicht mehr. Als er zehn war, hatte ein Blitzschlag das Heim seiner Familie zerstört. Bei dem Unglück waren auch seine Eltern ums Leben gekommen.

      Daraufhin wuchs er bei seiner Tante Hilgo und seinem Onkel Jeper auf. Beide kümmerten sich um ihn, wie um einen eigenen Sohn, den sie nie gehabt hatten. Vor kurzen hatte er seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert, leider nur mit Tante Hilgo, denn auch sein Onkel Jeper war schon tot. Oft saß er so da, hinter dem Haus auf seiner Holzbank und hing seinen Gedanken nach, während er auf den Aerenyr schaute.

      Er lebte gerne hier zwischen dem Fluss und dem großen Wald. Und er war gerne Holzfäller, ein angesehener Beruf bei den

      Gromlums, aber leider auch sehr einsam. Es war hart, aber er liebte es, hier inmitten der Natur zu leben.

      Sorgfältig klopfte er seine aufgerauchte Pfeife aus , säuberte sie und ging zurück ins Haus. Dort stellte er sie in den Pfeifenständer. Danach spülte er sein Geschirr weg und machte ein bisschen sauber. Nachdem er sein Bett gemacht hatte, zog er sich seine Weste an und ging hinunter zum Fluss. Dort hatte er sich einen Steg gebaut, an dem sein Boot lag. Er stieg in das schwankende Gefährt und ruderte los.

      Manapa wollte nach Drei Hügeln um Geschäfte zu machen, mit seiner Ware: Brennholz, Räucherholz, Holz für die Schreiner und Tischler, für die Wagenbauer und so weiter und sofort. Das Handeln und Feilschen lag ihm nicht aber es gehörte leider dazu. Zwei Mil flussaufwärts wäre ganz schön anstrengend für einen Ungeübten gewesen. Aber nicht für Manapa. Er strotzte vor Kraft und Vitalität und schaffte die Distanz in Windeseile.

      Er legte in drei Hügeln an und sah vor sich eine fast glatte Graslandschaft, die nach tausend Schritt in den Nebelwald überging. Auf der Fläche vor ihm erhoben sich drei große Hügel, um und auf denen die Wohnstätten der Gromlums standen, kleine weiße Häuser, mit klobigen Türen, die sich den Besuchern öffneten. Runde Fenster ließen Licht und Luft in die Stuben, und die Dächer aus Rietgras boten Schutz vor Wind und Regen. Jedes Haus hatte einen blühenden Vorgarten mit wilden Blumen und Kräutern und ordentlich angelegte Kieswege führten durch das Dorf von Haus zu Haus.

      Eine wunderbare Idylle ... zum angucken. Gromlums waren von Natur aus ein sehr friedliches Volk, aber die Fehden unter den Großfamilien gehörten schon zum guten Ton. Irgendwelche Streitereien gab es immer. Wurden die einen beigelegt, so brachen Neue oder auch Alte wieder auf.

      Einer der Gründe für Manapa, nicht nach Drei Hügeln zu ziehen.

      Heute hatte er einen vollen Plan. Er musste zu den Rutinrags, den Flatoks, den Agaps, den Rimizers, den Kradagrugs, zu Bulbo dem Schmied, einer seiner besten Freunde und zu Serm den Fassbauer. Er überlegte, wer gerade, mit wem in Fehde lag. Hmmmm ... kam aber nicht drauf. Egal.

      Er ging vom Steg zum Marktplatz, wo die Fischer ihre Ware feilboten. Er grüßte alle recht freundlich und öffnete das Gatter zum Vorgarten seines ersten Kunden, den Kradagrugs. Manapa klopfte dreimal feste gegen die Tür.

      Eine kleine, fette Frau mit einer schmierigen Schürze öffnete die Tür. Ihr strohiges braunes Haar stand zu allen Seiten ab. Ein Tropfen Rotz hing an ihrer roten Nasenspitze, den sie geräuschvoll hochzog.

      »Häh?«, fragte sie. Das rechte Auge schaute ihn an, das linke blickte auf ihre Nasenspitze.

      ›Bei allen Göttern, nein‹, dachte Manapa. Ganz deutlich fing er an zu sprechen.

      »Hallo Alma. Wie geht es dir ?«

      »Häh?« Sie schaute ihn an wie eine Kuh.

      »Wie geht es dir ?«

      »Häh?«

      »Ähem. Ist Serde da?«

      »Gagi igi gageee. Nyani gigi hä dä dä fönö. Sek.«

      Dabei gestikulierte sie heftig mit einem großen hölzernen Löffel vor seinem Gesicht herum und schaute Manapa zornig an.

      »Na gut Alma, ich komme dann morgen wieder.«

      »Gageeee. Hage gage! Ohhhh ...«, abrupt hörte sie mitten im Satz auf zu sprechen und sah mit leuchtenden Augen etwas hinter Manapa an.

      »Schmattalingse!«, rief sie, tänzelte auf Zehenspitzen an Manapa vorbei und hüpfte einem bunt schillernden Schmetterling hinterher.

      Manapa drehte sich kopfschüttelnd um. »Meine Herren. Warum macht eigentlich immer Alma bei mir die Tür auf? Die ist so nach und nach ja komplett durchgeknallt.«

      Trotzdem konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen.

      Er wandte sich wieder der Tür zu und rief ins Haus: »Serde, bist du da?«

      Keine Antwort. Also nochmal. Lauter.

      »Serde! Ich bin es Manapa.«

      Nichts. Komisch. Da ließen sie doch wirklich


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