Fremd- oder Selbstbestimmung?. Frank Föder

Fremd- oder Selbstbestimmung? - Frank Föder


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      Das Wissen und Können des Menschen hat eine neue Zeit anbrechen lassen. Die Spaltung des Atoms und der Flug zum Mond beenden augenfällig jene Zeitalter, in denen der Mensch eingebunden war in die Natur. Er hat die Fesseln der biologischen Gesetzmäßigkeiten gesprengt, die allem übrigen Leben einen begrenzten Platz und eine Aufgabe in der Biosphäre der Erde zuweisen. Der Mensch ist ausgebrochen aus dem Regelkreis des Lebens. Er hat sich zum Herrn über die Natur gemacht.

      Der blaue Planet mit allem, was auf ihm wächst und lebt, ist dem Menschen ausgeliefert. Was stellt er mit ihm an? Das ist die Frage.

      Bisher überwiegt die Freude an den erlangten Möglichkeiten. Daseinsfroh kostet der Zeitmensch aus, was das neue Können hergibt.

      Bedenken sind nicht im Schwang. Die Politik sieht ihre Aufgabe darin, das Glück der Gegenwärtigen zu mehren. Die Zukunft bleibt den Technikern überantwortet. Diese aber streben nach Erweiterung ihrer Erkenntnisse und Vermehrung ihres Könnens. Ein Innehalten kommt ihnen nicht in den Sinn.

      Was nötig ist. liegt auf der Hand. Der Mensch muß sich neu begreifen. Er kann nicht mehr tun und lassen, was ihm beliebt. Wem die Schöpfung anvertraut ist, muß Weit- und Rücksicht üben. Er muß der Unschuld, der Sorglosigkeit entwachsen, kann nicht mehr ungehemmt seinem Eigensinn frönen. Vor allem darf er sich nicht auf Kosten der Natur und der Nachwelt wohl sein lassen.

      In erster Linie ist gefordert, die Bedingungen zu erhalten, die das höhere Leben auf diesem Planeten ermöglichen. Dazu ist Mäßigung nötig. Die Vernichtung der Arten ist zu beenden, desgleichen die Vergiftung der Böden und Gewässer, die Verschmutzung der Luft sowie die Vergeudung der Rohstoffe. Sodann ist die Zwietracht aus der Welt zu schaffen. Die Konflikte müssen behoben werden, die großen, angesichts der vorhandenen Tötungsmacht, für immer.

      Doch diesen Erfordernissen entgegen vermehrt sich die Menschheit und schraubt ihre Ansprüche in die Höhe. Die Natur erhält keine Rücksicht, die Ressourcen werden weiter vergeudet. Und für Streit bleibt reichlich Anlaß. Es wächst die Wut der Benachteiligten auf die Bevorteilten, die der Gläubigen auf die Ungläubigen, die der Besorgten auf die Unbesorgten.

      Nun gibt es, um ein Problem zu lösen, eine bewährte Methode. Sie erheischt zuvorderst, sich über die gegebene Lage ins Bild zu setzen. Nur eine unverfälschte Betrachtung dessen, was ist und was sich tut, kann deutlich werden lassen, welche Gefahren drohen. Und sind die Bedrängnisse erkannt, sind deren Ursachen zu ergründen. Weiß man sodann, was die Mißstände hervorruft, sind diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die das Verderbenbringende dauerhaft abstellen.

      Den ersten Schritt haben einige Umwelt-Organisationen vollzogen. Sie machen fortgesetzt deutlich, was die Menschheit mit und in ihrem Lebensraum anstellt.

      Was stattfindet demnach sind überschäumende Population und Zivilisation. Der Mensch setzt an, seinen Planeten zu überfüllen und zu überfordern. Das Unheil heißt Wachstum. Es wächst die Zahl der Menschen und der Umfang der Industrialisierung. Als dessen Folge wächst die Fläche der Wüsten und die Verschmutzung der Umwelt.

      Jede dieser Erscheinungen wäre, für sich allein genommen, wahrscheinlich nur von regionaler Bedeutung und mit herkömmlichen Mitteln zu meistern. Indes, sie stehen in komplizierter Abhängigkeit zueinander und verhelfen sich gegenseitig zu immer schnellerer Ausbreitung und Steigerung.

      Da ist die rapide Vermehrung just jener Bewohner des Planeten, die seine Biosphäre in Bedrängnis bringen. Deren Gesamtzahl hat im letzten Jahrzehnt um eine Milliarde auf jetzt über sieben Milliarden zugenommen. Die UNO rechnet mit einem weiteren Anstieg um etwa 80 Millionen Menschen pro Jahr.

      Einige Bevölkerungswissenschaftler veranschlagen in den nächsten Jahren ein Ende der Vermehrung. Dafür sollen Aufklärung und die Anwendung von Verhütungsmitteln sorgen. Viele Experten gehen davon aus, daß das Wachstum der Menschheit in drei bis vier Jahrzehnten bei einem Stand zwischen neun und zehn Milliarden zum Stillstand kommt.

      Aus Versuchen mit Tieren weiß man, daß Bevölkerungswachstum in begrenztem Lebensraum sich nicht durchgehend fortsetzt. Es findet ein jähes Ende, selbst wenn ein Versorgungsengpaß nicht auftritt. Maßgebend ist die Unerträglichkeit der Enge. Wenn die Population im Hort überhand nimmt, beißen auch sonst recht friedlich veranlagte Tiere sich gegenseitig tot.

      Ein weiteres folgenschweres Übel ist das wilde Auswuchern der Zivilisation. Die heute handelnde Menschengeneration macht sich bedenkenlos, jedenfalls nicht ausreichend sorgsam, über die Bodenschätze und Nutzflächen der Erde her.

      Von dem wichtigsten Grundstoff für Leben, dem Wasser, gibt es zwar genug auf der Erde, aber das meiste davon ist als Lebensmittel oder für die Nahrungsmittelproduktion ungeeignet. Doch mit dem Süßwasser geht die gegenwärtige Generation alles andere als pfleglich um. Der Kampf um sauberes Grund- und Flußwasser zwischen den Gebietskörperschaften ist unausbleiblich und zeichnet sich vielerorts bereits ab.

      Die Staaten ringen um die Besitz- und Nutzungsrechte an dem einen noch verbliebenen großen Rohstoff- und Nahrungsreservoir, dem Weltmeer. Der Streit um die Pole, um Mond und Mars ist abzusehen.

      Industrie, Handel und private Haushalte, durch die gesellschaftlichen Gegebenheiten eher stimuliert als behindert, überantworten den Unrat, den sie erzeugen, unbearbeitet oder doch nur mangelhaft gefiltert und geklärt, zumindest nicht überall und in jedem Fall vollkommen neutralisiert, dem Wind, den Wellen und den Wäldern.

      Um nur ein Beispiel zu nennen: Den Berichten des UN-Programms für Umwelt (Unep) zufolge sind die Küstengewässer von der Überdüngung der Äcker besonders betroffen. Es gebe bereits mehr als 170 tote Zonen im Ozean. Und 415 weiteren Meeresgebieten drohe der Erstickungstod.

      Hinzu kommt ein Machbarkeitswahn. Die Technik ist so weit gediehen, daß ihre Huldiger glauben, die Natur überlisten oder gar verbessern zu können Das führt zur Ausbringung von Giften, teils als Medikamente, teils als Pflanzenschutz- oder -vernichtungsmittel. Jedes Jahr dadurch verschwinden bis zu 58.000 Tierarten. In Finnland sind 61, in der Slowakei 77 Prozent der Farn- und Blütenpflanzen ausgestorben. Die Bienen gehören zu den am meisten gefährdeten Arten.

      Zur Zeit wird heftig gestritten, ob überhaupt und in wie weit das Klima der Erde durch das, was die gegenwärtige Menschengeneration vollzieht, beeinflußt wird. Die Mehrheit der Experten vertritt die Auffassung, daß momentan eine Erwärmung der Erdoberfläche stattfinde. Überdies sind sie überzeugt, daß diese Erscheinung anthropogen, also von Menschenhand verursacht sei. Von anderen Fachleuten wird beides, sowohl der Temperaturanstieg, als auch die humane Verantwortung dafür, nicht nur angezweifelt, sondern vehement bestritten.

      Dabei sind Erscheinungen der Erderwärmung nicht mehr zu übersehen. Permafrostböden tauen auf – und setzen in großen Mengen Methan frei, ein Gas, das zwanzigmal schädlicher für das Klima ist als CO2. Das Kontinentaleis und die Gletscher schmelzen, der Meeresspiegel steigt und die von dessen höherer Temperatur geweckten Winde werden heftiger. Da obendrein die Regenwälder abgeholzt werden, die CO2 speicherten, droht demnächst das Klima zu kippen.

      Erwärmung, Raubbau und Umweltverschmutzung rufen hervor, daß die sich vermehrende Menschheit auf schrumpfende land- und forstwirtschaftlich nutzbare Flächen trifft, auf immer weniger fischführende Flüsse und Binnenmeere, auf das knapper werdende Grundwasser und einige bald völlig aufgebrauchte Rohstoffe. Die Menschheit überzieht das ihr gegebene Ressourcenangebot Jahr für Jahr um rund 150 Prozent (dem WWF zufolge).

      Das beunruhigt nur wenige Zeitgenossen. Die Mehrheit setzt auf des Menschen Geist und die ihm mittlerweile zu Diensten stehende Kunstfertigkeit.

      Wo die Natur versagt, schafft die Technik vermeintlich eine bessere. In der Tat haben Experten die Fähigkeit entwickelt, das Erbgut von Pflanzen und Tieren genetisch zu verändern, ja selbst neue Substanzen und neue Lebewesen zu erzeugen.

      108 Nobelpreisträgerinnen und -träger bedrängten im Juni 2016 in einem offenen Brief die Umweltschutzorganisation Greenpeace, ihren Widerstand gegen die „Grüne Gentechnik“ (GMO) aufzugeben. Die Klügsten der göttergleichen Gattung verlangen, ihre Fähigkeiten voll ausschöpfen zu dürfen.

      Wahrscheinlich befanden sich die Ökosysteme


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