Creature (Master Trooper - Next Generation) Band 15. Alexa Kim
Mit der Hand wische ich mir über die Augen. Ich muss Kontakt zu Terra Alpha aufnehmen. Aber das geht nur über den Sender in der Krankenstation; und damit niemand Verdacht schöpft, muss ich mich ernsthaft verletzen. Nur wenn ich auf der Krankenstation liege, kann ich unbemerkt an den Sender kommen.
Creature darf keinen Verdacht schöpfen. Wenn ich mich jetzt sofort verletze, würde er vielleicht darauf kommen, dass ich an den Sender will. Nein! Es muss echt aussehen … wie ein Unfall.
Da ich morgen bei den Zäunen im Süden eingeteilt bin, sollte sich eine Möglichkeit finden, einen Unfall zu initiieren. Wichtig dabei ist, dass ich mich stark genug verletze, um über Nacht auf der Krankenstation zu bleiben, aber nicht so stark, dass ich das Bett nicht verlassen kann. Ich überlege fieberhaft. Ich könnte mir ein Bein brechen … aber das würde meine Bewegungsfreiheit zu sehr einschränken. Vielleicht lieber einen Arm? Oder etwas anderes … etwas das nicht so drastisch ist, aber schlimm genug, dass man mich für ein oder zwei Tage zur Beobachtung in der Krankenstation behält. Vielleicht ein Schnitt an einem schmutzigen Stachel des Zauns. Da wir noch nicht wissen, welche unbekannten Bakterien dieser Planet beheimatet, gegen die unser Immunsystem keine Abwehrkräfte besitzt, lande ich für wenigstens eine Nacht auf der Krankenstation. Das müsste ausreichen, um an den Sender zu kommen und Terra Alpha zu kontaktieren. Es ist riskant, aber die Sache wert!
Ich spüre, dass ich innerlich ruhiger werde, weil der Plan für mich beschlossene Sache ist. Noch habe ich eine Chance, mein Schicksal selbst zu bestimmen. Und ich werde diese Chance nutzen!
Damit es nicht zu auffällig wirkt, benehme ich mich genau wie immer, arbeite langsam und lustlos, während ich mit den anderen die Stahlrollen mit den messerscharfen Dornen entwirre. Ich könnte mir gleich hier einen tiefen Schnitt zufügen, aber es sollte einer der älteren Zäune sein. Wir haben Antibiotika auf der Krankenstation, sodass ich mir nicht allzu große Sorgen mache. Man wird mich aber mindestens eine Nacht auf der Krankenstation behalten, falls ich Fieber bekomme. Die Nachtschicht kommt alle zwei Stunden, um nach mir zu sehen – und in diesen zwei Stunden bleibt mir mehr als genug Zeit. Außerdem ist im Augenblick niemand auf der Krankenstation. Das heißt, dass ich die einzige Patientin dort sein werde. Perfekt!
Ich warte bis zur Mittagspause und gehe danach zu einem der Zäune, um zu überprüfen, ob er irgendwo Lücken aufweost. Das müssen wir alle zwei Wochen tun, denn manchmal versuchen wilde Tiere, durch den Zaun zu schlüpfen.
In einem unbeobachteten Moment ziehe ich meinen rechten Unterarm über einen der Dornen. Es tut höllisch weh, als meine Haut aufreißt und eine Wunde zurückbleibt. Deshalb fällt es mir auch nicht schwer, zu schreien. Der Anblick des Blutes, das über meinen Arm läuft und auf die Erde tropft, bereitet mir Übelkeit. Vielleicht habe ich doch ein wenig übertrieben. Die Wunde ist tief und blutet stark.
„Oh, mein Gott, Morgan!“, ruft Josie und winkt einen der Trooper herbei, der sich meinen Arm anschaut.
„Du musst sofort in die Krankenstation und Antibiotika bekommen.“
„Ist doch nur ein kleiner Schnitt ...“, entgegne ich, wobei mir klar ist, dass er mich trotzdem umgehend zur Krankenstation bringen wird.
Genau dort finde ich mich knapp zwanzig Minuten später wieder – mit verbundenem Arm, einer Tetanus Spritze und Mia an meiner Seite. Sie hat etwas Lockeres mit Storm laufen und ist Krakenschwester. Fachgerecht erklärt sie mir, dass ich dreimal am Tag Antibiotika nehmen muss, und sie mich über Nacht hier behält, falls ich Fieber bekomme.
„Das ist wirklich nicht nötig ...“, antworte ich, innerlich erleichtert, dass mein Plan aufgeht.
„Eine Nacht!“, beharrt sie und verlässt gemeinsam mit dem Trooper, der mich hierhergebracht hat, den Raum.
Ich bin allein. Bingo! Besser hätte es nicht laufen können. Jetzt muss ich nur noch darauf warten, dass es Nacht wird.
Als Mia um sechs Uhr Abends nach mir sieht, geht es mir noch gut. Das Fieber kommt etwa drei Stunden später von einer Minute auf die andere und zwar so heftig, dass ich nicht weiß, wie mir geschieht. Alles um mich herum dreht sich, und ich fühle mich so schwach, dass ich kaum den Arm heben kann.
Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass die nächste Visite erst um 11.00 Uhr abends sein wird – also in eineinhalb Stunden. Mein Blick ist verschwommen, als ich auf den Klingelknopf neben dem Bett starre. Das einzig Richtige wäre, Mia zu rufen. Aber dann vergebe ich meine einzige Chance, eine Nachricht nach Terra Alpha zu schicken.
Kraftlos schlage ich das Laken zurück und steige aus dem Bett. Sofort knicken meine Beine ein und ich falle hin.
Reiß dich zusammen, Morgan … es sind nur ein paar Schritte, ein paar Handgriffe und wenige Worte … das schaffst du!
Ich will aufstehen, bemerke aber schnell, dass ich es nicht schaffe, also krieche ich auf allen Vieren zum Sender, der etwa zehn Schritte von mir entfernt steht. Es kommt mir vor, als würde ich Ewigkeiten brauchen und dann noch einmal eine halbe Ewigkeit, um mich auf die Beine zu ziehen. Ich zittere, weil ich friere, mir fehlt jede Kraft und ich weiß, dass mein Körper gerade gegen irgendetwas kämpft, gegen das mein Immunsystem keine Waffe hat; in diesem Moment wird mir klar, dass ich tatsächlich sterben könnte.
Trotzdem legt sich meine Hand auf den Touchscreen, ich versuche den Code von Terra Alpha in den Kommunikator einzugeben … aber die Zahlen verschwimmen vor meinen Augen.
„Bitte ...“, sage ich leise. „Nicht jetzt … ich brauche nur ein paar Minuten ...“
Erneut tippe ich mit zitterndem Finger den Zahlencode ein und bekomme ein ERROR angezeigt. Ich habe mich vertippt. Wie war noch mal der Code? Die letzte Ziffer? Eine Drei? Ich kann mich nicht erinnern, ich weiß nicht einmal, was ich eigentlich genau tun wollte. Der Raum um mich herum beginnt sich zu drehen, und ich schaffe es nicht mehr, mich auf den Beinen zu halten … um mich herum wird alles Schwarz.
Creature
Es lässt mir keine Ruhe, vor allem, seit ich erfahren habe, dass Morgan sich verletzt hat und auf der Krankenstation ist. Wahrscheinlich wäre es besser, bis morgen zu warten, aber da sie allein ist, bietet sich hier eine gute Gelegenheit, mit ihr zu sprechen.
Schon als ich die Krankenstation betrete, ist mir klar, dass etwas nicht stimmt. Es liegt ein starker Geruch nach Krankheit in der Luft, und ich finde Morgan bewusstlos auf dem Boden liegend. Der Kommunikationsbildschirm des Senders ist eingeschaltet. Scheinbar hat Morgan versucht, Terra Alpha zu kontaktieren.
Was mich eigentlich wütend machen sollte, ist in diesem Augenblick erst einmal zweitrangig. Ich fühle Morgens Puls … er ist schwach … der Arm mit der Wunde ist geschwollen, und das sagt mir, dass sich die Wunde infiziert hat.
Vorsichtig hebe ich Morgan hoch und bringe sie zurück ins Bett. Danach rufe ich mit dem Notknopf nach Mia. Einen Arzt haben wir hier nicht – er soll erst mit dem nächsten Versorgungsshuttle kommen. Bei unserer Abreise war er krank und musste auf Terra Alpha bleiben. In diesem Augenblick wird mir klar, wie ernst die Situation ist. Wenn wir kein wirksames Medikament für Morgan haben, muss ihr Immunsystem allein mit der Infektion fertig werden.
Mia kommt in die Krankenstation gelaufen und bestätigt sofort meine Vermutung. „Sie hat eine Infektion, die schnell zur Sepsis führen kann. Es gibt auf diesem Planeten Bakterien, Viren und Erreger, die für das menschliche Immunsystem neu sind. Unser Immunsystem muss erst lernen, Abwehrkräfte gegen sie zu entwickeln.“
„Das nutzt Morgan in diesem Moment nichts ...“, knurre ich aufgebracht. „Sie muss überleben!“
Mia sieht mich ratlos an. „Es tut mir leid, Creature. Alles, was ich ihr geben konnte, habe ich ihr gegeben. Morgans Immunsystem muss jetzt kämpfen.“
„Dann gebe ich ihr mein Blut … in meinem Blut sind genügend Abwehrkräfte!“
Mia schüttelt den Kopf. „Das geht nur, wenn die Blutgruppe passt … und selbst dann ist nicht klar, ob das überhaupt irgendetwas hilft. So etwas wurde noch nie gemacht.“
Ich