John K. Rickert. Gabriele Steininger

John K. Rickert - Gabriele Steininger


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immer so warmherzig, wenn er ihm begegnete. Es fehlte ihm nach O'Connells Meinung die Härte. Verbrecher zu verteidigen war kein Geschäft für sanfte Männer.

      Bernard bekam den Besuch über die Sprechanlage angekündigt. O'Connell war da. Er atmete tief durch und versuchte, der aufkeimenden Aufregung Herr zu werden. Ein Unterfangen wie dieses erforderte einen klaren Kopf. Nachdem er den Inspektor fünf Minuten hatte warten lassen, stand er auf. Dann wollen wir die Hunde mal von der Leine lassen, dachte er und ging durch die Tür in Richtung Wartebereich.

      "O'Connell." Die Stimme riss den Kriminalisten aus seinen Gedanken und löste seinen Blick, von einem der modernen Kunstdrucke, die an den Wänden hingen. "Bernard Burgauer. Wir haben uns seit Monaten nicht mehr gesehen. Das lässt auf eine Veränderung in ihrem Klientel hoffen."

      "Ja, doch. Seit letztem Jahr spezialisiere ich mich auf Erbrecht und Scheidungen. Das Risiko, einen Verbrecher zu vertreten, sinkt dadurch enorm."

      "Dann dürfen Sie aber nur die Männer vertreten", scherzte O'Connell.

      "Gehen wir in mein Büro." schlug Bernard vor und wies dem Beamten den Weg. O'Connell folgte dem Anwalt und nahm in dem geradlinig eingerichteten Raum Platz. Bernard bot ihm Wasser an, was der Inspektor dankend ablehnte.

      "Nun, was gibt es so Dringendes zu besprechen?"

      Bernard setzte sich ihm gegenüber. Er konnte sich nicht erinnern, je in den eigenen Räumen auf einen Beamten der Polizei getroffen zu sein. Viele Male war er jedoch ihm in Verhörräumen begegnet, wenn er seine Klienten vertreten oder abgeholt hatte. Seine Anfangszeit als Anwalt war kein Vergnügen gewesen.

      Er befand sich nicht in der finanziellen Lage, seine Mandanten aussuchen zu können. Etliche Fälle hatte er nur angenommen, um die Mindesteinnahmen zu sichern. John, der das Haus vor 3 Jahren gekauft hatte, war eine großartige Stütze bei der Gründung seiner Existenz gewesen. Immer wieder steckte er ihm während des ersten Jahres die Miete für die kleine Kanzlei wieder zu, wenn sie auf seinem Konto verrechnet war. Seine Detektei hingegen, die sich auf der anderen Seite des Hauses befand und zum Hinterhof hinausging, lief von Anfang an gut. Dublin schien mehr Detektive, als Anwälte zu benötigen.

      "Der Fall Mac Fleed", antwortete Bernard knapp.

      "Was ist mit dem Fall Mac Fleed?" O'Connell zog skeptisch eine Augenbraue hoch.

      "Wie stehen die Ermittlungen im Moment?", fragte Bernard direkt.

      "Sie wissen doch, dass ich darüber nicht sprechen darf." Ein väterlicher Gesichtsausdruck erschien auf O’Connells Antlitz.

      "O'Connell, ich will mit Ihnen kein Katz und Maus- Spiel veranstalten. Ich sage es Ihnen gerade heraus, persönlich und vertraulich. Der Kreis der Erben hat sich um ein, vielleicht auch zwei Personen erweitert."

      O'Connell wurde blass.

      "Wie meinen Sie das?" Wenn es stimmte, was Burgauer da von sich gab, konnten seine Ermittlungen umsonst gewesen sein.

      "Bei mir hat sich gestern ein Mandant gemeldet, der mir glaubhaft versichern konnte, ein Sohn von Mac Fleed zu sein." Bernard Burgauer schob dem Inspektor die Briefe von Daniel Mac Fleed an seine Geliebte über den Tisch.

      Der Kriminalinspektor zögerte kurz, auf ein Nicken des Anwaltes hin, fing er an sie zu lesen. Seine Gesichtszüge sprachen Bände.

      "Ein weiterer Erbe?" Jetzt war O'Connell aufgebracht.

      "Wo kommt der jetzt her?"

      "Aus Yale." Bernard hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt. Die Murmel rollte. Er musste nur noch dasitzen und zusehen, in welches Loch sie fallen würde.

      "Aber, das würde ja bedeuten, wir hätten nicht alle Mordverdächtigen in die Ermittlungen mit einbezogen? Nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft? Am Ende ist Jack Mac Fleed nicht der Mörder?" O'Connells Gesichtsfarbe wechselte von weiß zu rot, um dann erneut an Blässe zu gewinnen. Bernard hingegen, zog die Erkenntnis aus dem Gespräch, auf die er es abgesehen hatte. Mac Fleeds Sohn war der Hauptverdächtige. Der einzige Grund, warum er noch nicht hinter Gittern saß, waren fehlende Beweise. Diese hatte sich der Inspektor bis spätestens Montag erhofft.

      "Und dieser eventuelle weitere Erbe, von dem Sie vorher gesprochen haben?"

      "Leider konnte mir mein Mandant keine Angaben machen." Der Anwalt beobachtete O'Connell, der seine normale Gesichtsfarbe wieder erlangt hatte. Man konnte sehen, wie das Räderwerk hinter seiner Stirn in Schwung kam.

      "Das ist aber noch nicht alles", setzte Bernard fort.

      "Nicht? Was gibt es denn noch?"

      Bernard holte einen Brief aus der Schublade, den er bis jetzt zurückgehalten hatte. Er reichte ihn O'Connell über den Tisch.

      Mein lieber Sohn,

      ich weiß, Deine Mutter hat nicht sehr viel von mir erzählt und es war bestimmt nicht leicht für Dich, ohne Vater aufzuwachsen. Dennoch habe ich Dich geliebt, an Dich gedacht und mich gesorgt.

      Nun, da Du diesen Brief in Deinen Händen hältst, muss ich eines gewaltsamen Todes gestorben sein und mein letzter Wille wurde nicht geachtet.

      Ich will Dich hiermit wissen lassen, dass es ein Testament gibt, in dem Du bedacht bist. Es ist mir bewusst, was Du meinetwegen erlitten hast, wird dadurch nicht wieder ungeschehen.

      Es wurde am 16.03.2013 unterschrieben und trägt den Stempel der Brennerei.

      Ich werde es immer im Geheimsten verwahren, so wie ich Dich und Deine Mutter immer in meinem Herzen verwahrt habe.

      Da ich jetzt nicht mehr bin, kann ich mich nicht darum kümmern, euch zu eurem Recht zu verhelfen. Ihr müsst das Testament finden.

      In Liebe,

      Daniel Mac Fleed.

      O’Connell hatte den Brief zweimal gelesen.

      "Gut, das ist ein Indiz. Ein schriftlicher Hinweis auf ein weiteres Testament. Ich verstehe nicht ganz, worauf sich der Verdacht eines weiteren Erben begründen sollte?"

      "Die letzte Zeile." Bernard deutete auf die Stelle im Brief, den der Inspektor auf den Tisch gelegt hatte.

      "Olivia Doyles Tod war dem Verfasser nicht unbekannt. Er hat den Brief Jahre nach ihrer Beerdigung geschrieben. Da Patrick der einzige Sohn von Fleeds Geliebter ist, muss er bei den Formulierungen >>EUCH<< und >>IHR<<, ein weiteres Kind angesprochen haben.

      "Gibt es einen Umschlag zu diesem ominösen Nachtodesbrief?"

      "Natürlich." Bernard reichte ihm den Umschlag, zusammen mit einem Fax des Notariats. Das Wasserzeichen von Conner & Mac Gail prangte auf dem edelschweren Papier des Kuvertes.

      "Die Notare bestätigen, den Brief auf Anweisung geschickt

      zu haben. Die Bedingungen dafür waren der gewaltsame Tod von Daniel Mac Fleed und die Nichteinreichung des Zweiten Testaments. Diese beiden

      Faktoren mussten zutreffen."

      O'Connell überlegte kurz und kratzte sich die gerunzelte Stirn mit dem Daumen. Die Kanzlei Conner & Mac Gail hatte ihm wichtige Informationen vorenthalten. Ein anderer Störfaktor drängte sich in den Vordergrund.

      "Hätte der alte Mac Fleed einen Herzinfarkt gehabt, wäre Patrick Doyle leer ausgegangen. Wenn das Testament in diesem Fall nicht aufgetaucht wäre. Das passt nicht zu der Aussage in dem Brief."

      "Für diesen speziellen Fall hätte es eine Barauszahlung gegeben, die bei den Notaren hinterlegt ist. Und zwar in Höhe von zwanzigtausend Euro", klärte ihn der Anwalt auf.

      "Das bedeutet, Patrick Doyle hätte in jedem Fall geerbt. Dann hat er doch kein Motiv? Es sei denn, er wusste nichts von diesen Zwanzigtausend." Die Sache wurde langsam kompliziert. Der Inspektor machte einen leicht überforderten Eindruck.

      "Auf jeden Fall muss ich bei Conner & Mac Gail den Termin für die Verlesung des Testaments canceln. Die Notare hatten mich informiert, dass eine Verlesung erst in Frage käme, wenn der Mord aufgeklärt sei. So wie ich das jetzt


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