Wolf Breed - Vincent (Band 1). Alexa Kim

Wolf Breed - Vincent (Band 1) - Alexa Kim


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"Ah ... Sie sind Französin?"

      "Meine Großeltern kamen aus Frankreich."

      Er nahm einen Schlüssel mit einem geschnitzten Wolfsanhänger vom Schlüsselbrett und legte ihn vor mir auf den Tresen. "Also ... Sie fahren einfach den Weg, den Sie gekommen sind, weiter. Nach etwa fünfzehn Minuten biegen sie links ab. Die Abzweigung ist leicht zu übersehen, es ist nur ein kleiner Weg, der zu den Blockhütten hinauf führt. Also passen Sie gut auf. Wenn Sie die Abzweigung verpassen, landen Sie im Nirgendwo, irgendwo im Wald. Da gibt es nur eine Familie. Die Leute machen keinen Ärger, kommen manchmal runter in den Ort und bestellen Lebensmittel. Sie haben während der Urlaubssaison ein Auge darauf, dass hier alles friedlich abläuft, keine Feuer im Wald gemacht werden, nach Jagdtrophäen gewildert wird und solche Dinge. Es gibt ein Abkommen mit dem Besitzer des Feriencamps. Er hat ihnen eines der nicht genutzten Ranchhäuser überlassen. Also die sind eigentlich harmlos, aber bleiben lieber unter sich und mögen es nicht, wenn Fremde in ihre Nähe kommen. Achten Sie also auf die Abzweigung."

      Ich nickte und nahm den Schlüssel vom Tresen. Ich wollte wirklich schnell zu meiner Hütte. Draußen wurde es dunkel. "Danke schön, Hank. Wir sehen uns dann ..."

      "Ich schaue jede Woche vorbei, sofern mich nicht der Schnee davon abhält." Er legte seinen Finger an die Stirn wie ein Revolverheld in einem Western. "Wünsche einen schönen Aufenthalt im Wolfstann."

      Zwanzig Minuten später kniff ich nervös die Augen zusammen, während die Scheibenwischer des SUV auf höchster Stufe Schneeflocken von der Windschutzscheibe wischten. Ich konnte im dichten Schneegestöber kaum etwas sehen und ich war mir ziemlich sicher, dass ich die Abzweigung verpasst hatte. Shit! Ich musste wenden – aber wo? Der Weg war zu schmal, mir blieb nur, weiterzufahren und nach einer geeigneten Stelle Ausschau zu halten. Das Knirschen unter den Reifen sagte mir, dass der Schnee liegen blieb. An Schneeketten hatte ich natürlich auch nicht gedacht.

      Plötzlich erkannte ich vor mir auf dem Weg einen dunklen Fleck im Schneegestöber. Panisch trat ich auf die Bremse, das ABS reagierte und brachte den SUV zum Stehen.

      "Verdammt ...", rief ich aus purer Verzweiflung. Einen Ast auf der Straße konnte ich nun wirklich nicht gebrauchen. Fluchend öffnete ich die Tür und stapfte durch den Schnee auf das Hindernis zu ... bis es sich bewegte.

      Erschrocken blieb ich stehen und blinzelte in den Lichtkegel der Scheinwerfer. Das war kein Ast, sondern ein Tier! Na gut ... Zumindest würde sich ein Reh im Gegensatz zu einem fünfzig Kilo schweren Ast von der Straße verscheuchen lassen – . "Hey ... kusch ... weg ...", rief ich laut und wedelte mit den Armen über meinem Kopf. Es bewegte sich nicht. Langsam wurde mir mulmig. Stattdessen setzte es sich in Bewegung und kam auf mich zu.

      "Oh ... Gott ...", rief ich, als es durch den Lichtkegel der Scheinwerfer trottete. Was da keine zehn Schritte von mir entfernt stand, war ein großer brauner Wolf. Unvermittelt wollte ich weglaufen, erinnerte mich dann aber an eine Doku über Wölfe, die ich erst vor ein paar Wochen im Fernsehen gesehen hatte. Wenn ich weglief, könnte der Wolf mich für Beute halten. Also blieb ich stehen – zitternd und abwartend ... genau wie der Wolf. Keiner von uns beiden bewegte sich – der Wolf schien glücklicherweise nicht besonders angriffslustig zu sein ... vielleicht hatte er heute schon gefressen – aber konnte man ein wildes Tier wirklich einschätzen?

      "Hey ... alles gut ... braves Hundchen ... ich wollte dich nicht stören ...", sagte ich leise und versuchte meine Stimme ruhig klingen zu lassen, was mir nicht besonders gut gelang. Ich hatte zu große Angst. Meine Stimme zitterte mindestens so sehr wie mein Körper. Der Wolf schien meinen Worten zu lauschen, senkte den Kopf und trat zwei Schritte zurück - als wolle er mir klarmachen, dass er meine Worte verstanden hatte und mir nichts tun wollte. Lächerlich ... das war ein Wolf, Himmel nochmal!

      Vorsichtig ging ich rückwärts, einen Schritt nach dem anderen, darauf bedacht, nicht zu stolpern oder hinzufallen. Als ich die offene Tür meines SUV erreichte, sprang ich auf den Fahrersitz, zog die Tür zu und drückte den Knopf der Automatikverriegelung, als wäre der Wolf in der Lage, eine Autotür zu öffnen. Egal! Ich fühlte mich sicherer mit verschlossenen Türen.

      "Oh Gott ... der Verwalter sagte doch, dass es hier keine Wölfe gibt!", flüsterte ich vor mich hin, während ich die Augen schloss und versuchte, ruhig zu atmen. Ich hatte noch nie etwas von Wölfen im Teutoburger Wald gehört ...

      Als ich die Augen öffnete und durch die stark verschneite Frontscheibe starrte, war der Wolf verschwunden. Ich schaltete die Scheibenwischer ein, um besser sehen zu können – aber er war fort!

      Ein paar Minuten wartete ich, bis ich mich soweit beruhigt hatte, dass ich den Motor starten konnte. Obwohl ich noch immer zitterte, fand ich einen leeren Holzablageplatz neben dem Weg, auf dem ich den SUV wenden konnte. Dieses Mal achtete ich genau auf die Abzweigung und fand sie schließlich. Doch noch, bevor ich mein Blockhaus erreichte, wurde das Gefühl immer stärker, dass ich mich auf ein sehr gefährliches Abenteuer eingelassen hatte.

       Vincent

      Ich hatte noch immer ihren Duft in der Nase, während ich mich langsam aufrichtete und dabei spürte, wie die winterliche Kälte meinen Körper zittern ließ. In meiner Wolfsgestalt spürte ich die Kälte nicht, aber sobald ich in meine menschliche Gestalt wechselte, brauchte ich warme Kleidung. Ich zog meine Sachen aus dem ausgehöhlten Baumstamm, in dem ich sie verstaute, wenn ich mich auf die Jagd oder einfach auf eine Streiftour durch den Wald machte.

      Während ich in meine Jeans stieg und den schwarzen Pullover über den Kopf zog, dachte ich an ihr Gesicht – wie erschrocken sie ausgesehen hatte, obwohl ich mich bemüht hatte, ihr zu zeigen, dass ich ihr nichts tun würde. Sie hatte mich für einen Hund gehalten ... was mich ärgerte. Normalerweise kümmerte mich nicht, was die Menschen sagten, dachten oder taten, doch bei ihr war das anders. Sie hatte etwas in mir berührt, weil sie unglücklich war ... genau wie ich. Auch wenn ich nicht wusste weshalb, sprach die Bitterkeit, die unter dem scharfen Geruch ihrer Angst wahrzunehmen gewesen war, Bände.

      Als ich die Trekkingschuhe zugebunden hatte, machte ich mich auf den Weg zum Haus.

      Schon von Weitem nahm ich den elektrisierenden Geruch von Sex wahr – Oliver paarte sich mit Mona, ich kannte den Geruch meiner Familienmitglieder in- und auswendig ... auch den scharfen Geruch der Abneigung meiner Schwester Fiona. Mona gefiel es, sich mit Oliver zu paaren, Fiona aber verabscheute Oliver und seine Übergriffe. Meine jüngere Schwester tat mir leid, aber ich konnte nichts dagegen tun. Oliver war unser Bruder und der Alpha des Rudels. Er hatte das Recht, die Paarung mit den Frauen des Rudels zu verlangen, auch wenn sie seine Schwestern waren. Inzest war unter meiner Art nicht unüblich. Es gab nicht mehr viele von uns, sodass den Familien oft nichts anderes übrig blieb, als sich untereinander zu paaren. Die Paarungszeit hatte gerade begonnen, und es war das dritte Jahr, in dem Oliver versuchte, im Rudel Nachwuchs zu zeugen.

      Ein bitterer Schmerz lag auf meinem Herzen. Ich hatte Glück gehabt mit meiner Gefährtin Valerie. Sie war aus einem anderen Rudel zu uns gekommen ... und sie war schwanger von mir gewesen. Wir hätten in diesem Winter ein neues Familienmitglied haben können ... wenn es das Unglück nicht gegeben hätte. Valerie ... Meine Gedanken kehrten zurück zum letzten Winter ... wie ich sie gefunden hatte ... nackt im Schnee etwa hundert Meter von unserem Haus entfernt ... in ihrem Bauch eine hässliche blutende Wunde. Valerie war tot gewesen, als ich sie gefunden hatte - erschossen von einem Jäger, der sie für einen streunenden Wolf gehalten haben musste. Sie war ihm schwer verletzt entkommen, wovon die blutigen Spuren im Schnee gezeugt hatten. Es wäre ihr fast gelungen, sich nach Hause zu schleppen. Meine Art war zäh, aber Valeries Verletzungen waren zu schwer gewesen. Sie und unser ungeborenes Kind waren dort draußen allein im Schnee gestorben ... und mit ihnen der Grund, aus dem ich lebte! Ich war nicht da gewesen, um ihnen zu helfen ...

      Mit Selbstbeherrschung widerstand dem Drang, ein schmerzerfülltes Heulen auszustoßen. Fast ein ganzes Jahr hatte ich um meine Gefährtin getrauert, und meine Familie hatte Rücksicht genommen. Dem Verwalter des Feriencamps hatten wir erzählt, dass Valerie in die USA gegangen war, um zu studieren. Die Lüge kam mir glatt über die Lippen, ich funktionierte ... doch immer ungeduldiger erwartete das Rudel nach einem Jahr, dass ich meine


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