Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller. Alfred Bekker

Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller - Alfred Bekker


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Mädchen damals schon so wichtig für sie gewesen? Für sie alle hatte doch der Sport ganz oben gestanden. Jochen trainierte Leichtathletik, doch nach dem Tod seiner Mutter stellte er das Training ein. Von heute auf morgen.

      Rainer war Turner gewesen. Bei den Schulmeisterschaften und den Wittekindsbergfesten holte er regelmäßig die meisten Punkte. Er, Volker, gehörte der Fechtriege an, aber auch in den Langlaufdisziplinen und im Schwimmen brachte er es zu sehr guten Leistungen. Weil er als Kind schon geritten war, rieten ihm später Sportlehrer und Trainer, doch systematisch auf modernen Fünfkampf zu trainieren. So hatte er, als er sein Studium in Aachen aufnahm, mit der Schnellfeuerpistole zu schießen begonnen.

      Ihre Tage damals waren ausgefüllt gewesen, aber Hektik hatten sie deshalb nicht gekannt. Schaake erinnerte sich, dass er und Jochen eine große Leidenschaft geteilt hatten – sie waren Kinonarren gewesen. Besonders Western hatten es ihnen angetan. Sie hatten keinen ausgelassen. Als sie noch jünger waren, hatten sie sich sogar hin und wieder in das englische Soldatenkino am Markt geschmuggelt.

      Schaake lächelte. Als seine Augen zu brennen begannen, verstaute er die Fotos in seiner Brieftasche. Er sollte sie eigentlich verstecken, überlegte er, aber ihm fiel kein geeigneter Ort ein. Deshalb zog er es vor, sie bei sich zu tragen.

      Als er den Schlafanzug aus seinem Koffer holte, fiel ihm der Trainingsanzug in die Hände, und er schüttelte amüsiert den Kopf, weil Heike daran gedacht hatte, ihn einzupacken. Auch seine Laufschuhe steckten in der Tüte im Koffer.

      Er nahm sich vor, morgen Abend zehn Kilometer zu laufen. Beim Laufen konnte er am besten Spannungen abbauen. Er hatte das Gefühl, dass sich einiges aufgestaut hatte.

      VII

      Georg sah an ihm vorbei, als er die Wohnung betrat.

      »Guten Morgen, Georg«, sagte Schaake laut. »Schlecht gelaunt? Oder dicke Luft?«

      Georg wandte sich wortlos um und öffnete die Tür zum Büro. Dort saßen Mehrländer und Urbach. Beide machten ernste, beinahe ärgerliche, Gesichter.

      »Morgen«, grüßte Schaake.

      »Haben Sie meine Nachricht nicht erhalten?«, fragte Mehrländer.

      »Es war zu spät, als ich zurückkam. Und außerdem kannte ich die Telefonnummer nicht.«

      Mehrländer gab Georg einen Wink. Der schrieb die Nummer auf einen Zettel, den er Schaake gab. Schaake wollte das Blatt einstecken, aber Urbach sagte scharf: »Stopp!«

      Mehrländer sagte: »Lernen Sie die Nummer auswendig. In unserem Geschäft trägt man nichts Geschriebenes mit sich herum, jedenfalls nicht ohne triftigen Grund.«

      »Weshalb wollten Sie mich sprechen?«

      »Ich wollte mit Ihnen zu Abend essen. – Wo waren Sie?«

      Schaake wurde wütend. Er wollte irgendetwas Kerniges sagen, aber er konnte die berechnenden, misstrauischen, abwägenden Blicke nicht mehr ertragen, und plötzlich hasste er auch Mehrländers Gesicht mit den hängenden Wangen und der wächsernen Haut. Sie waren alle kalt und gefühllos. Er betrachtete Mehrländers Hände, die groß und klumpig auf dem Tisch lagen. Unter der fleckigen Haut traten die Venen dick und blau hervor.

      Er wollte lügen, irgendetwas erfinden. Er sei spazieren gegangen, habe einen Kneipenbummel unternommen, sei im Kino gewesen. Oder einfach sagen: Das geht Sie nichts an.

      Er spürte die feindselige Haltung der Männer, und er wollte sie nicht unnötig reizen.

      »Ich habe meine Mutter besucht«, sagte er.

      In den Augenpaaren veränderte sich nichts. Unverwandt starrten sie ihn an, als hätten sie eins ihrer Opfer vor sich.

      »Verdammt, ich sehe nicht ein, weshalb ich mir meine Freizeit nicht einteilen kann, wie ich will!« Er konnte nicht verhindern, dass seine Stimme laut wurde.

      »Was wollten Sie bei Ihrer Mutter?«, fragte Mehrländer.

      »Sie besuchen, nichts sonst. Ich habe sie seit Mai nicht mehr gesehen. Ich war nur drei Stunden bei ihr. Ich wurde weder verfolgt, noch habe ich Geheimnisse ausgeplaudert.« Er kniff die Lider zusammen. Wurde er etwa beobachtet? Observiert, beschattet? Hatte man einen Peilsender in den BMW gebaut und ihn trotzdem verloren? Er sah Gespenster. Das Misstrauen steckte an.

      »Von jetzt an teilen Sie uns mit, was Sie unternehmen wollen, und wo Sie Ihre Zeit zu verbringen gedenken.«

      Schaake sah Mehrländer ungläubig an. »Ich verstehe wohl nicht recht. Ich soll so etwas wie einen Plan machen? Oder Sie jedes Mal anrufen, wenn ich aufs Klo oder ins Kaufhaus gehe oder eine Zeitung hole?»

      »Nicht gerade, wenn Sie aufs Klo gehen. Aber wenn Sie die Wohnung verlassen, hinterlassen Sie, wo Sie den Abend zu verbringen gedenken, und wenn Sie Ihre Pläne ändern, rufen Sie uns an. Wenn Ihnen das nicht passt, bekommt Ihr Wagen einen Peilsender, und ich lasse drei Teams aus Köln kommen, die Sie überwachen. Die Männer sind wie Schatten, denen entkommen Sie nicht.«

      Die Kälte und die Autorität in Mehrländers Stimmer ließen Schaake frösteln. Mehrländers Augen waren fade Flecken hinter der Brille, die schweren Lider hatten sich halb gesenkt.

      Als er weitersprach, klang sein Tonfall etwas verbindlicher. Aber nur etwas. »Wir müssen wissen, wo Sie sich aufhalten.«

      »Wo Sie mich suchen können? Oder Heller?«

      »Wir wissen eben gern, wo Sie sind«, sagte Mehrländer ausweichend. »Haben Sie schon mal daran gedacht, was passiert, wenn Heller Sie zuerst erkennt, aber Sie ihn nicht? Er ist ein Profi, vergessen Sie das lieber nicht.«

      »Was wird er tun?«

      »Schwer zu sagen. Wenn er kann, wird er Ihnen ausweichen, aber er wird gewarnt sein und wahrscheinlich in der Versenkung verschwinden.«

      »Warum?«

      »Er wird nicht an einen Zufall glauben. In unserer Branche gibt es keine Zufälle, Herr Schaake.«

      »Was wird er tun? Oder was würde geschehen?«

      »Wir wissen es nicht«, antwortete Mehrländer nach einiger Zeit.

      Schaake beugte sich vor. »Sie haben mir gestern erzählt, dass für Heller keine physische Gefahr bestünde...«

      »Richtig. Nicht von unserer Seite.«

      »Aber was ist mit mir? Besteht für mich eine physische Gefahr?«

      »Nach menschlichem Ermessen – nein. Aber wir wissen auch, dass die Gegenseite gelegentlich nicht vor drastischen Maßnahmen zurückschreckt.«

      »Warum haben Sie mir das nicht vorgestern gesagt?«

      »Hätten Sie dann gepasst, Herr Schaake?«

      Schaake lehnte sich zurück. Er wusste es nicht, jetzt nicht mehr.

      Georg hatte den Projektor und die Leinwand schon vorbereitet, und nachdem Mehrländer gegangen war, verdunkelte er das Zimmer. Neben Urbachs Platz brannte eine Stehlampe, die er mit einem Fußschalter bedienen konnte. In ihrem Schein öffnete er einen der Kunststoffkästen. Er enthielt Dias in vorführbereiten Rundmagazinen. Sie waren nach Nummern geordnet. Urbach verglich die Zahlen mit den Angaben auf einem Verzeichnis, das vor ihm lag, dann nahm er das erste Magazin aus dem Kasten und setzte es in den Projektor ein. Das Licht erlosch. Das Gebläse des Vorführgerätes summte leise, und Streulicht fiel über Urbachs Gesicht. Schaake hatte registriert, dass Urbach das Tonbandgerät wieder angeschaltet hatte.

      »Versuchen Sie, sich zu entspannen, Herr Schaake. Wir können alle Bilder mehrmals durchlaufen lassen, oder bestimmte Dias noch einmal zeigen. Sie brauchen es nur zu sagen. Rechnen Sie nicht damit, Ihren Freund gleich auf den ersten Bildern zu erkennen. Achten Sie besonders auf Personen in der Umgebung der Zentralfigur.«

      Das erste Bild leuchtete auf. Eine Straßenszene, irgendwo, ohne etwas Typisches. Ein Mann in einem Regenmantel verließ ein Geschäft. Am Straßenrand


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