Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller. Alfred Bekker

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bitte.«

      Schaake fühlte sich ausgelaugt wie nach einer langen Konferenz, bei der er sich viele Stunden lang hatte konzentrieren müssen. Jetzt hätte er nur Fragen beantworten müssen, aber er hatte mehr zurückgehalten, als er von sich gegeben hatte. Er hatte jede Antwort genau abgewogen. Urbach hatte das geprüft und das Gespräch – oder war es ein Verhör gewesen? – abgebrochen.

      Georg kam mit dem Kaffee herein. Er lächelte offen, als er Schaakes Tasse füllte. »Milch und Zucker?«, fragte er.

      »Nur etwas Milch. Danke.«

      Georg setzte sich auf Urbachs Platz, drehte den Stuhl etwas zur Seite, und legte die Füße auf den Tisch. Er rührte in seiner Tasse.

      »Er ist nicht immer so scharf«, sagte er nach einiger Zeit.

      Schaake schwieg. Er fühlte sich träge. Das Tonband lief. Georg sollte ihn vermutlich einlullen, einen auf freundlich und verständlich machen.

      »Es ist eine ziemlich wichtige Sache«, sagte Georg.

      »Sie heißen nicht wirklich Georg?«

      Georg lächelte unbestimmt. »Für Sie bin ich Georg. Das genügt.«

      »Und Urbach und Mehrländer? Sind das richtige Namen?«

      »Ich weiß es nicht. Ich glaube nicht.«

      »Welche Chancen haben wir, ihn zu finden? Heller, meine ich.« Wenn er selbst fragte, lief er weniger Gefahr, ungewollt etwas preiszugeben. Aber was hatte er schon preiszugeben?

      Georg deutete auf die Kunststoffkästen im Regal. »Wenn wir ihn auf einem Foto oder Film haben, stehen die Aussichten gut. Es hängt davon ab, wie hoch er wirklich steht, und wie groß das Netz ist, das er unterhält. Mit anderen Worten – tritt er direkt mit seinen Agenten in Verbindung, oder hat er andere Leute oder tote Briefkästen und was es sonst an Kinkerlitzchen gibt, zwischengeschaltet? – Ich schätze, dass er sich gut abgeschottet hat.« Georg zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch unter die Decke.

      »Was wissen Sie eigentlich über ihn? Außer, dass er ein Spion ist. Ich meine, Persönliches. Oder wissen Sie nichts?«

      »O doch, wir wissen sogar sehr viel. Wir wissen, dass er verheiratet ist, zum Beispiel, und sogar, wie lange.«

      »Das wissen Sie? Woher?«

      Georg lächelte. »Es sickert immer mal etwas durch. Wir haben schließlich auch Leute drüben. Und es kommen immer mal wieder Überläufer, die dann ausgequetscht werden. Alles, was sie wissen, kommt in den Computer. Auf diese Weise haben wir vor Jahren von einem Topmann erfahren, der hier arbeitet. Irgendwann kam der Deckname hinzu – Gabriel. Ein Agent ist ein verdammt einsamer Mann, das wissen unsere Kollegen drüben. Deshalb versuchen sie, den menschlichen Faktor zu berücksichtigen. Dazu gehört, dass schon mal Glückwünsche über Funk kommen. Es ist ein Puzzle-Spiel. Irgendwann fängt sich einer. Spätestens dann, wenn das Raster voll ist.«

      »Was ist Ihre Funktion in diesem Fall?«

      »Ich bin der Fallführer. Das ist der kleinste Mann. Nicht, dass ich den Fall bearbeite. Ich bin der Kaffeeholer und Aufpasser, mehr nicht.«

      »Urbach ist Ihr Chef?«

      »Für diese Aktion, ja. Normalerweise ist noch jemand zwischengeschaltet, ein Referent. Urbach ist Referatsleiter. Weil diese Sache so wichtig ist, wird sie von einem Referatsleiter bearbeitet.«

      »Mehrländer ist Urbachs Chef?«

      »Ich darf eigentlich nicht darüber reden, aber es liegt ja auf der Hand.«

      »Mehrländer leitet also die Ermittlungen.«

      »Bitte, Herr Schaake, ich darf doch nicht mit einem Außenstehenden über Interna reden!«

      »Ich bin also ein Außenstehender. Ich bin nichts. Oder?«

      »Sie sind ein GM, ein Geheimer Mitarbeiter«, antwortete Georg ernsthaft. »Das ist die offizielle Bezeichnung.«

      »Ich bin also ein offizieller geheimer Mitarbeiter. Aber ich weiß nicht, an wen ich mich wenden kann, wenn ich ein Problem habe. Oder eine Beschwerde, oder was weiß ich. Kommen Sie mir nicht mit Urbach. Wie erreiche ich Mehrländer?«

      »Über Urbach.«

      Schaake trank seinen Kaffee. Dann fragte er: »Was würden Sie an meiner Stelle tun? Würden Sie sich an der Jagd auf einen ehemaligen Freund beteiligen?«

      Georg sah Schaake eine Weile verständnislos an, dann nickte er überzeugt. »Aber selbstverständlich!«, versicherte er.

      Schaake seufzte. Er stand auf. »Bis morgen früh. Halb neun, nicht wahr?«

      »Herr Urbach kommt um neun. Früher brauchen Sie nicht hier zu sein.« Georg sprang auf und angelte nach seiner Jacke.

      »Wo wollen Sie denn hin?«, fragte Schaake.

      »Wir können doch einen gemeinsamen Bummel machen. Ich zeige Ihnen die Stadt.«

      Schaake schüttelte den Kopf. »Wenn ich Sie in meiner Nähe sehe, steige ich in ein Taxi, lasse mich zum Flughafen fahren, und nehme die nächste Maschine nach München. Ist das klar?«

      Georgs Miene verriet Skepsis, aber er hängte seine Jacke wieder über die Stuhllehne. Schaake deutete auf das Tonbandgerät.

      »Ich denke, Sie können das Ding jetzt abschalten«, sagte er. Dann verließ er die Wohnung.

      Über Euskirchen und Zülpich fuhr er nach Düren. Er hätte auch die Autobahn nehmen können, aber er bevorzugte die zügige Fahrt durch die Dörfer und kleinen Städte. Es war kurz nach halb acht, als er an dem kleinen zementverputzten Haus seiner Tante schellte, in dem seine Mutter wohnte. Er, Volker Schaake, hatte dieselben beiden, winzigen Mansardenzimmer bewohnt, als er in Aachen studierte. Als sein Vater vor acht Jahren starb, war seine Mutter von Minden nach Düren zu ihrer Schwester und deren Mann gezogen.

      Seine Mutter öffnete, und als sie ihn erkannte, umarmte sie ihn und wollte ihn nicht mehr loslassen.

      »Ja, Volker! Ich hatte gehofft, dass du gestern noch gekommen wärst, aber dann habe ich nichts mehr von dir gehört... Das ist aber eine Überraschung! Schade, dass Heike und die Kinder nicht dabei sind. Komm rein, komm. Du hast doch sicher noch nichts gegessen. Komm, komm. – Gerda, Otto! Volker ist da!«

      Schaake begrüßte seine Tante mit einem herzlichen Kuss auf die Wange. Sie sah seiner Mutter sehr ähnlich. Sie war vier oder fünf Jahre jünger, eine gemütliche, bescheidene Frau. Otto Esser war Postbeamter, ein ruhiger, geduldiger Typ. Schaake mochte ihn. Otto Esser drückte Volker fest die Hand, und sie unterhielten sich ein paar Minuten, bis seine Mutter ihn rief und er nach oben ging.

      Sie kochte Tee und richtete einige Butterbrote für ihn. Sie hatte schon gegessen, und sie sah ihm beim Essen zu und freute sich einfach, weil er da war.

      Er erzählte auch ihr von der Reise nach Namur, und sie meinte, dann könnte er doch bei ihr übernachten. Er lachte.

      »Das geht nicht, Mutter. Ich treffe heute Abend noch ein paar Kollegen.« Er streichelte ihre Hand, »ich wollte dir nur mal guten Tag sagen, wo ich schon in der Nähe war. Zu mehr reicht es einfach nicht.«

      »Ach, ich freue mich ja auch so.«

      Er erzählte von Udo und Gerd, weniger von Heike. Sie war mit zum Flughafen gefahren, weil er nicht wusste, wann er zurückkommen würde, und den Wagen nicht so lange stehen lassen wollte. Es war eine schweigsame Fahrt gewesen, nachdem sie Gerd an seiner Schule abgesetzt hatten. Als er gestern Abend zu ihr ins Bett kommen wollte, hatte sie sich geziert, und als sie dann wollte, war er stur geblieben. So war es oft in der letzten Zeit. Scheiße, dachte er. Na ja...

      »Weißt du«, sagte er dann zu seiner Mutter, »als ich jetzt zu dir fuhr, musste ich an Minden denken. Komisch, ich habe lange nicht mehr an Minden gedacht.«

      Seine Mutter wurde lebhaft. »Ach, das habe ich dir ja gar nicht erzählt! Im Juli habe ich die Jungs in Köln getroffen!«


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