Unmögliche Aufträge: Zwei Thriller. Alfred Bekker

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buschige Brauen hoben sich ein wenig. »Leitende Wissenschaftler und Ingenieure, die an wichtigen Objekten im Ausland arbeiten, werden von uns überprüft. Dieses Recht nehmen wir uns, wenn die Projekte vom Bund in irgendeiner Form gefördert werden.«

      »Deshalb schnüffeln Sie in meinem Privatleben herum?«

      »Routine, Herr Schaake. Von Schnüffeln kann keine Rede sein. Eine Sicherheitsüberprüfung besteht nur aus der Zusammenstellung und Betrachtung von Daten, die ohnehin verfügbar sind. Das geschieht im Interesse der Firmen, die im Ausland arbeiten, im Interesse der betreffenden Länder, und letztlich auch in Ihrem Interesse, Herr Schaake. Sie haben Kraftwerksanlagen in Afrika betreut. Dort unten wimmelt es von Agenten und Saboteuren. Ein Mann mit einer Mutter oder einem Bruder in der DDR wäre für die ein fetter Braten. Mann, Herr Schaake, Sie wissen doch, was in der Welt los ist! Der Wettkampf der Systeme hat sich verlagert. Er findet jetzt auf wirtschaftlicher Ebene statt. Was nicht heißen soll, dass es die klassische Spionage nicht mehr gäbe, im Gegenteil. Wir können doch davon ausgehen, dass Sie fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen?«

      Das darf doch nicht wahr sein, dachte Schaake, der nicht die Absicht hatte, sich auf seine Gesinnung hin prüfen zu lassen. Er empfand plötzlich eine heftige Abneigung gegen den Mann, der sich Mehrländer nannte. Mehrländer machte nicht den Eindruck, als ob ihm die freiheitlich-demokratische Grundordnung mehr bedeutete als die Marke seiner Zigarre. Schaake kannte Geheimdienstler bisher nur aus Romanen oder Filmen. Figuren wie Mehrländer, der ihm jetzt wie eine fette Kröte erschien, kamen darin nicht vor.

      Urbach schien Schaakes Abneigung gegenüber Mehrländer genau zu registrieren, und er versuchte, Schaakes Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

      »Im Jahre neunzehn-neunundfünfzig waren Sie Universitätsmeister im modernen Fünfkampf...«

      »Warum haben Sie eigentlich nicht an den Olympischen Spielen in Rom teilgenommen?«, schaltete sich Mehrländer erneut ein.

      »Ich wollte mit dem Studium fertig werden. Wahrscheinlich wäre ich nicht über die Vorrunden hinausgekommen.« Schaake ärgerte sich, weil er glaubte, sich verteidigen zu müssen. Er hätte eine Medaillenchance gehabt, aber er hatte sich zu wenig zugetraut.

      Mehrländer fixierte ihn unentwegt. »Sind Sie noch in Form?«

      »Fürs Sportabzeichen müsste es reichen.«

      Er hatte lange ausgesetzt. Er hatte geraucht und getrunken, weil er das Gefühl gehabt hatte, einiges nachholen zu müssen, als er endlich Geld verdiente. Aber seit einigen Jahren lebte er bewusster. Er teilte seine Kräfte ein, und er hatte auch wieder zu trainieren begonnen. Er lief regelmäßig, und er schwamm viel. Ja, er war fit.

      »Also«, sagte Mehrländer forsch, »wie ich schon sagte, wir brauchen Ihre Hilfe.«

      »Weil ich Ingenieur bin? Oder weil ich Fünfkämpfer war?«

      Mehrländers Krötengesicht verzog sich zu einer Grimasse, die keinerlei Ähnlichkeit mit einem Lachen oder nur Lächeln aufwies. Immerhin schwang so etwas wie Anerkennung in seiner Stimme, als er sagte: »Schlagfertig sind Sie, das ist gar nicht so schlecht. Schlagfertigkeit könnte Ihre Aufgabe erleichtern.«

      Schaake lachte zum ersten Mal. »Wer sagt Ihnen denn, dass ich bei Ihrem schleimigen Vorhaben mitmache?«

      Die Falten in Mehrländers Gesicht vertieften sich, und die Augen strahlten plötzlich Kälte aus. »Warten Sie ab, Herr Schaake, Sie werden mitmachen«, sagte er kühl. »Ich glaube, wir sollten erst mal weitermachen. – Herr Urbach.«

      Urbach verbarg den höhnischen Ausdruck in seinen Augen, indem er die Lider senkte. »Waren Sie jemals in der DDR oder im Ostblock?«

      »Fragen Sie doch Ihre Computer! Vom Datenschutzgesetz scheinen Sie ja ohnehin nichts zu halten.«

      »Bitte!«, mahnte Mehrländer.

      »Nein«, sagte Schaake. »Ich war nie in der DDR, nicht einmal in Berlin.«

      »Haben Sie Bekannte in der DDR? Oder Verwandte, von denen wir nichts wissen?«

      »Nein.«

      Nein. Das hatte er so schnell dahingesagt. Zu schnell? Er runzelte die Stirn, aber kam nicht dazu, einer Erinnerung nachzujagen, die noch zu vage war, um fassbar zu sein. Urbach kam offenbar zur Sache. Schaake merkte es an einem kurzen Zögern, dann gab sich Urbach einen Ruck.

      »Wir suchen einen Mann«, sagte er. »Seit sieben Jahren wissen wir von ihm. Bisher kannten wir nur seinen Decknamen – Gabriel. Im Lauf der Zeit haben wir eine Menge Informationen über ihn zusammengetragen. Wir wissen, wie alt er ist, welchen Werdegang er genommen hat, wo er ausgebildet wurde, von welchem Referat im Ostberliner Ministerium für Staatssicherheit, MfS genannt, er geführt wird. Wir wissen außerdem, dass er hier im Bonner Raum einen höchst effektiven Agentenring leitet, der außerordentlichen Schaden anrichtet, vor allem im Bereich der politischen Spionage. Anfang des Jahres ist ein Mann aus dem MfS zu den Amerikanern übergelaufen, Dahlberg heißt er, ein Hauptmann. Dahlberg hatte mit unserem Freund Gabriel nichts zu tun, er gehörte einem ganz anderen Referat an, aber die Vernehmungen dieses Dahlberg haben uns überraschenderweise, wie wir zugeben müssen, auf Gabriels Klarnamen gebracht. Dahlberg war vor zwanzig Jahren mit Gabriel zusammen auf einem Lehrgang in Uhlenkrug, der Kaderschule für den Agentennachwuchs der DDR. Natürlich trugen sie damals weder ihre Klarnamen noch ihre heutigen Decknamen. Aber einer der Dozenten dort war der Onkel dieses Gabriel, der uns jetzt so viel Kopfzerbrechen macht. Der Onkel leitete später ein eigenes Referat im Ministerium für Staatssicherheit, das wusste Dahlberg, und das wissen wir. Gabriels Onkel war ein ehemaliger Nazi, er hatte deshalb viele Feinde. Es gab Klatsch im Ministerium. Unter anderem hieß es, er protegiere seinen Neffen, eben jenen Gabriel.«

      Urbach schwieg. Schaakes Herz klopfte. Sein Verstand weigerte sich, eine Erinnerung an die Oberfläche gelangen zu lassen. Er spürte Urbachs und Mehrländers forschende Blicke.

      Urbach fuhr fort: »Es war also nur Klatsch, Gabriel brauchte nicht damit zu rechnen, dass Dahlberg, der Überläufer, ihm gefährlich werden könnte, weil es keine Verbindung zwischen ihnen gab, außer jener gemeinsamen Zeit in Uhlenkrug vor nahezu zwanzig Jahren. Die Verbindung hat unser Computer hergestellt, indem er das Rasterbild, das wir von Gabriel angelegt hatten, füllte. Gabriels Onkel war ein gewisser Dr. Reinhold Güttner, Jahrgang neunzehnhundertvierzehn, von neunzehn-neununddreißig bis vierundvierzig Referent im Reichssicherheitshauptamt. Er geriet in russische Gefangenschaft. Ihm drohte ein Todesurteil, aber dann tauchte er wie ein Phoenix aus der Asche in der DDR auf, die damals noch SBZ hieß. Er wurde zu einem der Männer der ersten Stunde im SD der DDR. Er war ein Spezialist, ein Technokrat, kein Spion im klassischen Sinn. Wir wussten einfach alles über ihn. Wir wussten zum Beispiel, dass er eine Schwester hatte, Erika Güttner, die im Jahre neunzehn-siebenunddreißig einen gewissen Joachim Werner Heller heiratete. Am vierzehnten April neununddreißig wurde ihnen ein Sohn geboren. Sie nannten ihn Jochen. Joachim Werner Heller, Jochens Vater, fiel Anfang dreiundvierzig bei Stalingrad. Erika Heller starb im Frühjahr siebenundfünfzig in Minden...« Urbach blickte Schaake starr an. »Sie werden sich doch noch an Ihren Freund Jochen Heller erinnern!«

      Jochen, mein Gott, Jochen! Warum hatte er nicht gleich an ihn gedacht? Es war so lange her. Dreiundzwanzig Jahre...

      Sie waren Freunde gewesen. Mehr als zehn Jahre lang. Jochen hatte nach dem Tod seiner Mutter, sie waren damals in der Oberprima gewesen, sogar einige Wochen bei ihm gewohnt. Nicht lange, nein. Jochen war stolz und ehrgeizig gewesen. Mitleid und Almosen hatte er zurückgewiesen. Sie hatten sich entfremdet, wo sie sich eigentlich hätten näherkommen müssen. Jochen hatte seine Mutter um so mehr geliebt, weil er seinen Vater kaum gekannt hatte. Ihr Tod hatte ihn wie ein Schock getroffen. Er hatte verbissen gelernt, das Abitur mit Auszeichnung gemacht, und war zu seinem Onkel in die DDR gezogen. Ostzone sagte man damals noch.

      »Und er soll hier leben? Unter falschem Namen?«

      »Irgendwo im Bonner Raum, vielleicht in Köln, ja.«

      »Das kann ich nicht glauben. Warum benutzt er nicht seinen eigenen Namen?«

      »Er


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