Anja und das Reitinternat - Auf gut Glück. Feli Fritsch

Anja und das Reitinternat - Auf gut Glück - Feli Fritsch


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Amelie platzte fast vor Neugier, als ich aus dem Pferde-LKW kletterte. Es war ein später Freitagabend, der Schulalltag auf dem Internat war bereits schlafen gegangen, während sich die älteren Schüler ins Dorf oder in den Partykeller auf dem Internat verzogen.

      „Was und?“, spannte ich meine beste Freundin grinsend auf die Folter, als ich die Rampe des LKW öffnete und mir die kalten Finger rieb.

      „Wie ist das Turnier gelaufen? War Sky brav? Und hat es dein Bruder in den Kader geschafft?“ Amelie hibbelte strahlend über den dunklen Hof, im Scheinwerferlicht konnte ich ihre Atemwolken sehen.

      „Sky hat mit 8,5 gewonnen“, begann ich und kam auch nicht weiter, weil mir Amelie um den Hals fiel.

      „Ich wusste es! Ihr seid einfach die Besten. Herzlichen Glückwunsch, Anja!“ Sie grinste mich an. Ihre treuen blauen Augen strahlten.

      „Danke“, erwiderte und führte Sky vom LKW. „Und Cedric hat es auch geschafft. Er ist zweiter in der Sichtung geworden und hat im Gelände echt noch mal alles gegeben. Du hättest seinen Ritt sehen müssen. Die besten zehn der fünfzig Starter sind auf jeden Fall in den Kader berufen worden und er gehört auch dazu. Und als vollwertiges Mitglied des C-Kaders der U18-Reiter darf er bei den Deutschen Jugendvielseitigkeitsmeisterschaften teilnehmen.“ Ich grinste Amelie stolz an und übergab ihr Sky, damit ich Spirit vom Hänger holen konnte. Cedric war nämlich auf der Rückfahrt bereits eingeschlafen und bis jetzt auch nicht wieder aufgewacht. Ich hatte Mama und Papa vorgeschlagen, mich auch um Spirit zu kümmern.

      „Wow. Dann muss ich ihm ja gratulieren … sobald er wieder wach ist“, sagte Amelie bei einem Blick ins Führerhaus unseres LKW.

      „Ja, solange solltest du warten“, ich lachte, dann machte ich ihr klar, mir in den Stall zu folgen. Wir brachten Sky und Spirit in ihre Boxen und nahmen ihnen Decken und Transportgamaschen ab. Wir deckten sie um und gaben ihnen ein verspätetes Abendessen. Boreo protestierte in seiner Box.

      „Dein Dickerchen will auch was haben“, bemerkte Amelie und strich Boreo kurz über die weiche Nase. Der Wallach hoffte schon auf eine Möhre.

      „Der kriegt aber nichts, sonst wird er mir zu dick. Und ich habe keine Lust, das im Frühjahr alles wieder abzutrainieren und mich dann am Ende total zu blamieren“, ich drückte Boreo einen Kuss zwischen die Nüstern, dann verließen wir den Stall.

      „Blamieren? Vor Maya? Ich dachte, das sei vorbei“, stellte Amelie erstaunt fest. Damit meinte sie die dämlichen Sabotage-Attacken, die die Fünftklässlerin Maya nach den Sommerferien auf mich und teilweise auch auf meine Freunde ausgeübt hatte. Und das alles nur, weil sie Boreo vor zig Jahren mal hatte reiten wollen, als er noch bei seiner Vorbesitzerin gewesen war. Als sie beim Willkommensturnier selbst sabotiert worden war, hatten Olli und Celina endlich alles aufdecken können.

      „Quatsch, das mit Maya ist abgehakt. Ich … ich habe mir ein großes Ziel für Boreo und mich gesetzt: Wir wollen zu den Pony-Jugendmeisterschaften der deutschen Springreiter“, erklärte ich ihr und hielt Amelie eine Hand auf den Mund, bevor sie loskreischen konnte.

      „Wirklich?“, murmelte sie deshalb an meiner Hand.

      „Ja. Als Abschluss sozusagen“, nickte ich.

      „Also steht seine Internatsrente fest?“ Amelie wirkte ein wenig traurig.

      „Für mich ja. Und für meine Eltern eigentlich auch. Ist doch logisch, dass Boreo ab nächstem Schuljahr Schwierigkeiten bekommen wird und der Jüngste ist er auch nicht mehr“, ich seufzte. „Meinen Eltern muss damals schon bei seinem Kauf klargewesen sein, dass sich irgendwann etwas ändern muss.“

      „Und haben sie auch schon gesagt, wie es dann weitergeht? Du brauchst ein neues Pferd“, fragte Amelie neugierig nach. Mittlerweile hatten wir das Privathaus erreicht, blieben aber noch im schwachen Licht der Lampe an der Hauswand stehen, an der sich die letzten müden Motten des Herbstes im Licht sammelten.

      „Nein, haben sie nicht. Ich weiß überhaupt nicht, ob sie überhaupt schon eine Idee haben. Wenn du mich fragst, kam das jetzt alles schneller, als sie dachten, und jetzt sind sie ein kleinwenig überfordert mit der Situation“ erwiderte ich Schulter zuckend und gähnte in die Dunkelheit hinein.

      „Mmm, das ist natürlich nicht gut. Aber weißt du was? Wir gehen jetzt schlafen. Morgen ist auch noch ein Tag“, Amelie nahm mich in den Arm.

      „Das ist eine gute Idee“, fand ich. „Gute Nacht, Amelie!“

      „Gute Nacht, Anja. Schlaf gut!“ Damit war sie in der Dunkelheit verschwunden.

      So gut wie Amelie es für uns prophezeit hatte, wurde es dann doch nicht. Ich kämpfte mit meiner Ungewissheit und damit, dass ich Phil vermisste, und meine beste Freundin bekam am Dienstag nach der Schule einen Besuch von meiner Mutter, die ihr die Hiobsbotschaft überbringen musste. Ich selbst hatte von nichts gewusst und fiel ebenfalls aus allen Wolken, als Mama das sagte, womit keiner gerechnet hatte:

      „Amelie, setz dich besser“, sagte Mama und ich starrte sie erstaunt an. Amelie hatte darauf bestanden, dass ich bei ihr blieb, sodass ich mich auf Celinas Schreibtischstuhl setzte. Celina war mit ihrem Reitpartner Timo auf dem Reitplatz.

      „Was ist denn los?“ Unsicher blickte Amelie von Mama zu mir und zurück, als ich ratlos die Schultern gezuckt hatte.

      Mama antwortete seufzend. „Ich komme am besten gleich auf den Punkt: Wir haben eine Kaufanfrage für Starbux bekommen. Das Ehepaar hat dich und ihn beim Willkommensturnier gesehen und war begeistert davon, wie er läuft. Sie wollen ihn für ihre Tochter kaufen.“ Damit war es raus. Starbux sollte verkauft werden?

      „Aber … er ist doch schon seit der fünften Klasse Amelies Reitbeteiligung“, mischte ich mich entsetzt ein.

      „Es kommt eher selten vor, dass wir Anfragen auf den Kauf eines unserer Schulpferde bekommen, aber Starbux ist tatsächlich gut und wir sind uns sicher, dass er es bei seiner neuen Besitzerin sehr gut hätte.“ Sagte Mama das gerade allen Ernstes? Konnte sie sich denn nicht vorstellen, wie sehr es Amelie verletzten würde.

      Diese nickte nur und unterdrückte die Tränen mit einem Schniefen. „Ist okay. Es geht eben ums Geschäft“, sagte sie bitter. Dass sie damit auch meine Eltern kritisierte, schien nur ich zu bemerken. Aber ich musste ihr rechtgeben. Wieso verkauften meine Eltern diesem Ehepaar denn nicht ein anderes Pferd? Eines, das genauso gut passte, aber eben niemandem ans Herz gewachsen war. Das Leben war unfair!

      „Amelie, alles wird sich regeln. Ganz sicher“, sagte Mama und strich ihr über die Schulter. Amelie zuckte zusammen und rückte ein Stückchen weg.

      „Ab wann wird er denn dann weg sein? Kann Amelie denn noch das Schuljahr zu Ende machen oder ist er bereits zum Halbjahr weg?“, fragte ich nach, weil ich wusste, dass Amelie später viele Fragen quälen würden und ich dann für sie da sein wollte.

      „Das steht noch nicht fest. Wir müssen jetzt erst mal abklären, wie das genau läuft, einen Kaufpreis aushandeln und einen Vertrag aufsetzen. Und dann wird sich auch herausstellen, wann Starbux in den Besitz der Familie übergeht“, erklärte Mama uns, aber ich merkte, dass Amelie mit ihren Gedanken bereits ganz woanders war.

      „Okay“, sagte ich deshalb und stand auf. „Am besten gehst du jetzt“, zischte ich Mama mit einem Nicken in Amelies Richtung zu und sie nickte.

      „Es tut mir leid“, flüsterte sie mir zu, dann zog sie hinter sich die Tür zu. Amelie brach in Tränen aus und ich stürzte auf meine beste Freundin zu, die laut nach Luft schnappte.

      „Was soll denn das?“, heulte sie. „Wieso bin ich mit ihm bloß bei der blöden Prüfung geritten?“

      „Weil du das kannst und weil keiner von uns ahnen konnte, dass potenzielle Käufer zuschauen. Gib dir keine Schuld, Amelie. Du kannst rein gar nichts dafür“, versuchte ich, sie wieder aufzumuntern, damit sie nicht in ihren Tränen ertrank.

      „Ich bin einfach zu schlecht. Wäre ich besser, hätten deine Eltern zugesehen, dass ich auf meinem Pferd weiterreiten kann. Stattdessen


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