SCHULD-LOS. Dorothée Linden

SCHULD-LOS - Dorothée Linden


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es ist. Mit allem was drin ist, möbliert sozusagen. Ist doch ein schickes Ding.“

      „O.k. Du bist also auch für verkaufen. Dann machen wir das so. Da sind wir drei uns einig. Jetzt mal was Anderes, Konrad. Das Projekt in China ist abgeblasen, da kommt nichts mehr, da wird auch nichts mehr abgeworfen.“

      „Hey Frank, willst Du mich linken oder so? Ich bin da persönlich aufgelaufen, habe denen gesagt, wie es funktioniert, da habe ich ja wohl meinen Anteil verdient.“

      „Mach mal halblang“, sagte Frank. „Du hast denen mein Konzept überreicht, das war im Grunde alles. Ich hoffe jedenfalls, dass Du da nicht noch irgendwelche Albernheiten veranstaltet hast. Von linken kann keine Rede sein. Es hat dort einen ziemlich schlimmen Gasunfall gegeben. Mit Todesopfern. Toten Jugendlichen.“

      „O.k. Ja. Das ist wirklich bedauerlich. Nur, was haben wir damit zu tun?“

      „Stell Dich nicht auf stur. Wir haben denen die Vorschläge gemacht. Die auf die Idee gebracht. Wir waren vor Ort, alle beide. Wenn auch zu unterschiedlichen Zeiten. Die Sache ist ganz übel ausgegangen und jetzt ist Schluss damit, klar? Keine Provisionen, nada. Und: Ich hoffe inständig, dass Du da drüben nicht strahlend durchs Land gezogen bist und mit Deinen Wohltaten angegeben hast, Arbeitsplätze, Reichtum undsoweiter?“

      „Ach, hör auf damit. Scheiße, ich will meinen Anteil. Ich brauche meinen Anteil. Ich habe schließlich meine Leistung längst erbracht.“

      „Brüderchen, es kommt eben manchmal anders im Leben als man denkt. Da muss man sportlich bleiben und seine Pläne auch mal über den Haufen werfen können. Vielleicht geht das mit der Abwicklung von Mutters Konten ja auch zügiger, als es mir der Notar in Aussicht gestellt hat.“

      „Ich schicke Dir die Mail. Und halte mich auf dem Laufenden.“

      Frank seufzte. Er blieb am Telefon stehen und hörte den Anrufbeantworter ab. Die Solliers wollten mit ihm am Abend im „Digue“ dinieren. Er rief zurück und hatte Céline am Apparat. Sie verabredeten sich für acht Uhr am Abend. Frank ging zum Fenster und betätigte den Jalousieschalter. Es surrte, bis die Fenster frei waren. Er öffnete sie, hakte die Hebel der Blendläden aus und öffnete auch sie. Das Meer lag weit und endlos vor ihm. Es war Ebbe. Der Strand war mit einer zuckrigen Schicht überzogen. Die Pfützen, angefroren, spiegelten leicht das kalte Licht des Winternachmittages.

      Er dachte an Katja. Es war ein verdammt schönes Wochenende geworden. Als sie sich am Mittag voneinander verabschiedet hatten, hatte sie ihm ganz freiwillig die CD geben wollen. Er hatte abgewiegelt, er wolle ihr keine Unannehmlichkeiten bereiten. Sie fühle sich ja doch nicht wohl dabei. Sie war sehr sehr einverstanden damit gewesen. Er hatte sie gefragt, ob er jetzt wenigstens einen gut habe bei ihr. Sie hatte das bejaht und war auch damit einverstanden, sogar Oh-mäßig. Am Strand lief ein einzelner Hundebesitzer auf und ab. Die Möwen pickten im frostigen Sandboden nach Würmern. Frank löste sich aus der Betrachtung und ging in die Küche. Er wartete, bis der Kaffeeautomat sich aufgeheizt hatte und drückte auf die Espressotaste. Mit der Tasse und den Zeitungen, die er in Paris gekauft hatte, machte er es sich bequem auf dem Liegestuhl vor dem Fenster zur See hinaus. Er schlief über der Lektüre ein und träumte von Katja und toten Arbeiterkindern.

      Als er aufschreckte, lag die hereinbrechende Nacht dunkel und undurchdringlich vor ihm. Eine Möwe war gegen die Scheibe geflogen. „Versteht doch endlich, dass es hier nicht weiter geht“, ermahnte er sie zum x-ten Mal. Es war Zeit aufzubrechen. Er freute sich auf die Solliers. Céline und Daniel waren ein unkompliziertes Paar, und sie fühlten sich Frank noch immer zu Dank verpflichtet. Er hatte ihnen vor einigen Jahren ihr Traumhaus vermittelt. Den Vorbesitzer kannte er, mit ihm hatte er diverse Elternabende in der Schule von Honfleur abgesessen. Sie waren nachher öfter noch auf ein Glas ins „Bijou“ eingekehrt. Marc irgendwie hatte er geheißen und ihn eines Abends gefragt, ob er nicht einen Käufer für seine Immobilie auftreiben könne. Er würde die Courtage zahlen, ganz normal, eine Provision wie für einen Makler, das sei ja klar. Ihm sei das angenehmer, die Sache auf dem kurzen Wege zu erledigen, als offiziell ein Maklerbüro einzuschalten. Außerdem sei es eilig. Er war beruflich versetzt worden und wollte nun an seinem neuen Wohnort was kaufen.

      Für Frank kein Problem. Noch für denselben Abend hatte er die Solliers zu Käse und Wein eingeladen. Die Standuhr hatte gerade elf geschlagen, als Céline und Daniel ihn beinahe anflehten, er möge das realisieren. Er hatte sie angefixt und ihnen die vage Möglichkeit in Aussicht gestellt, ihnen vielleicht ihren Traum von der Villa an der Promenade des vornehmen Seebades Duville zu erfüllen. Sie waren völlig heiß auf das Objekt und hatten ihm die handelsübliche Courtage versprochen, falls es klappen sollte. Innerhalb nur einer Woche hatte die prachtvolle Villa ihren Besitzer gewechselt. Frank hatte sich nach der Herstellung des Kontakts aus den weiteren Verhandlungen ausgeklinkt und auf das Wort und die Diskretion beider Vertragspartner gesetzt. Bei einem Preis von drei Millionen waren die sieben Prozent Rendite, die er einstrich, ganz nach seinen Vorstellungen von Aufwand und Ertrag gewesen.

      Es wurde ein vergnüglicher Abend. Die Solliers erzählten von ihrer Kreuzfahrt im Mittelmeer.

      „Wie gut, dass es unterschiedlichen Geschmack bei der Freizeitgestaltung gibt“, sagte Frank, „für mich wäre es eine Strafe, zwei Wochen tatenlos an Deck zu hocken.“

      Die Solliers verteidigten ihre Reise und berichteten von Abenden in den Häfen, vom Sportangebot an Deck und dergleichen. Sie nahmen ihm seinen Einwand nicht übel. Das Essen war herrlich wie immer im „Digue“. Die Meeresfrüchte, Austern und Bigorneau-Schnecken frisch und fein. Als Céline sich kurz entschuldigte, beugte Daniel sich zu ihm vor und fragte:

      „Meinst Du, du könntest Zugang zu Gerhard Richter bekommen, dem großen deutschen Künstler?“

      „Ich weiß schon, wen Du meinst“, sagte Frank.

      „Ich möchte Céline zu unserem zehnten Hochzeitstag eins oder zwei von seinen Bildern schenken. Sie ist eine große Verehrerin seiner Kunst.“

      „Du weißt, dass die ihren Wert am Markt haben?“, gab Frank zu bedenken.

      „Ich betrachte es als Vermögensanlage. Was sollen wir in diesen Tagen die Aktien bei den Banken horten.“

      „Ich kann mich mal umhören. Sicher bin ich aber nicht.“

      Céline kehrte zurück. Marc gab ihm schnell ein Zeichen, wie viel

      er auszugeben bereit war. Frank verstand. Da lohnte es, sich mal ein wenig umzuhören. Frank erinnerte sich an Heiner, einen verrückten Typen in Frankfurt. Der hatte in den siebziger Jahren alles kreuz und quer aufgekauft und gesammelt. Bei ihm war sowieso mal wieder ein Besuch fällig. Den würde er fragen.

      „Alles klar“, sagte er nur und zwinkerte Daniel verstohlen zu.

      Die Solliers ließen ihr Auto stehen, sie wollten es am nächsten Tag mit Célines Wagen abholen. Frank fuhr sie nach Duville und setzte sie vor ihrer Villa ab. Sein Flug von Charles-de Gaulle Paris ging am nächsten Vormittag um halb zwölf. Frank hatte kurz überlegt, den Wagen zu nehmen, falls er noch was aus Mutters Haus mitzunehmen hätte. Er verwarf das aber. Er war bislang sehr gut ohne das alles ausgekommen. Außerdem kaufte er auch zu gern selbst was ein, was Eigenes, Ausgewähltes, wenn ihm danach war.

      Der Flieger landete pünktlich in Düsseldorf, und Frank war schon gegen zwei Uhr in der Mercatorstraße am Rhein, als ihm einfiel, dass er vergessen hatte, in seine Mails zu schauen. Das Smartphone lag zu Hause in der Küche, er hatte nur sein Deutschland-Handy in der Tasche. Wenn die Vorlage einer Vollmacht tatsächlich notwendig würde, könnte er die Nachricht immer noch im Notariat öffnen und vorzeigen. Obwohl – wenn die Außenansicht dieses 50er Jahre-Bauwerks einen Vorgeschmack auf das Innenleben zuließ, gab es dort wohl eher keinen Zugang zu Mails oder zur Moderne im Allgemeinen. Er hatte schon häufiger bei Notaren zu tun gehabt und festgestellt, dass bei diesem Berufsstand inzwischen deutlich frischerer Wind wehte als zu den Zeiten, da der Mief in dunklen Eichenmöbeln hing. Hier aber – konstatierte er von seinem Auto aus - schien das dem Anschein nach eher nicht der Fall zu sein. Hinter den Butzenscheiben brannte ein gelbliches Licht. Er konnte dunkle Vorhänge erkennen. O.k., aber es ließe sich eine Vollmacht nachreichen, falls der Laden


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