Einsatz unter dem Eis: Military Action Thriller. Alfred Bekker
der Truppe berüchtigt war, entschieden gegen den Strich, dass er so weit im Felde war.
Ina Van Karres, Militärärztin und Psychologin des Teams, stand nur zwei Meter von ihm entfernt. Die blonde Niederländerin legte gerade Kältemaske und Schneebrille an. Von ihrem Gesicht war jetzt so gut wie gar nichts mehr zu sehen. Aber bei längerem Aufenthalt im Freien war es unbedingt erforderlich, sich gegen die schneidende Kälte zu schützen. Vor allem dann, wenn Wind aufkam. Andernfalls riskierte man Erfrierungen im Gesicht, wie Ridge ihnen immer wieder eingeschärft hatte.
„Soll ich dir helfen Mark?“, fragte Ina.
„Danke!“, knurrte Haller ärgerlich. „Ich komme schon zurecht!“
Schließlich war auch Haller fertig.
Ridge begutachtete kritisch die Ausrüstung seiner Teammitglieder.
Haller hasste die ultramodernen Kampfanzüge für den Einsatz in arktischen Gebieten. Außer den verschiedenen Schichten zur Wärmeisolierung, die möglichst keine Körperwärme oder gar Feuchtigkeit nach außen dringen lassen durften, enthielten diese Anzüge auch noch eine Kevlar-Schicht, die zumindest gegen leichte Projektile einen gewissen Schutz bot.
Haller fühlte sich damit noch deutlich unbeweglicher als mit einer normalen Splitterweste. Aber angesichts der Temperaturen war das wohl nicht zu ändern.
„Merde!“, durchdrang plötzlich ein Fluch auf Französisch die eiskalte, klare Luft.
Pierre Laroche, der Kommunikationsexperte des Teams, saß zusammen mit dem russischen Techniker Miroslav „Miro“ Chrobak vor einer Ausrüstungskiste, auf der sich ein Laptop befand.
„Was ist los?“, wollte Ridge mit zusammengekniffenen Augen wissen. Sein Atem wurde zu einer Wolke.
„Abgestürzt“, kommentierte Chrobak gewohnt lakonisch.
Pierre Laroche hatte versucht, sein Speziallaptop mit ein paar Finessen so auszustatten, dass es auch bei extrem niedrigen Temperaturen betriebsbereit blieb. Auf allen Expeditionen in Polargebiete war dies heut zu Tage eines der gravierendsten Probleme.
„Tja, sieht so aus, als kämst du doch nicht darum herum, jedes Mal das Biwak aufzuschlagen und gut zu heizen, bevor du dein Wunderding aufklappst“, meine Marisa „Mara“ Gomez spöttisch. Die argentinische Elitekämpferin hatte den Bemühungen von Laroche und Chrobak von Anfang an skeptisch gegenübergestanden.
„Ich bekomme das noch hin“, versprach Laroche hartnäckig. Der Franzose war einfach nicht bereit aufzugeben.
„Wenn mehr Kriege in arktischen Gebieten geführt würden, wäre das Problem sicher längst gelöst worden“, meldete sich nun Alberto Russo, der Italiener im Alpha-Team der Omega Force One zu Wort. „Offenbar will aber partout niemand ein paar Eisbrocken erobern!“
Marisa Gomez wandte ihm den Kopf zu.
Auf Grund ihrer Maskierung war von ihrem Gesicht nicht mehr als die Augen zu sehen. Aber Russo konnte sich den verächtlichen Ausdruck durchaus vorstellen. Sie stand in einem permanenten Wettbewerb mit Russo und schien ihm ständig zeigen zu wollen, dass sie besser war als er. Russo wiederum dachte im Hinblick auf Gomez an ganz andere Dinge. Auch wenn ihm die Argentinierin in schöner Regelmäßigkeit abblitzen ließ, so konnte der Italiener es doch nicht lassen, ihr immer wieder Avancen zu machen.
Ein Umstand, der Gomez schon deswegen völlig kalt ließ, weil Russo so ziemlich jeder weiblichen Person in seiner Reichweite dieselbe Aufmerksamkeit schenkte.
„Gib dir besser keine Mühe, besonders klug daherzureden, Alberto“, raunte sie ihm unter ihrer Maske zu. „Wenn man nicht viel drauf hat, wirkt es am besten, wenn man schweigt!“
„Scusi, aber die Kälte muss dich wohl endgültig zu einem Eisklotz verwandelt haben“, bedauerte Russo.
Ridge wandte sich jetzt an Laroche.
„Notfalls müssen wir uns im Einsatz auch ohne Ihre Cybertricks durchschlagen, Laroche! Auch wenn Ihnen der Gedanke schwer fallen mag!“
Haller überprüfte seine Ausrüstung.
Es war ein routinemäßiger Ablauf.
Das Schlimmste an dieser Übung ist, dass wir nicht wissen, für was für eine Art von Ernstfall wir trainieren!, ging es ihm durch den Kopf.
Er stieß aus Versehen mit dem Ellbogen gegen eine der Schweinehälften, die an Fleischerhaken von der Ecke des Kühlhauses hingen.
Es war Ridges Idee gewesen, hier für den nächsten Einsatz zu trainieren, über den der Colonel offenbar mehr wusste als seine Soldaten.
Selbst Haller als sein Stellvertreter war mit keinem Wort eingeweiht worden.
Reinold Messner hatte vor seiner Antarktisdurchquerung zusammen mit Arved Fuchs in Kühlhäusern das Übernachten bei zweistelligen Minusgraden ausprobiert.
Einerseits, um den Körper an die eisigen Temperaturen zu gewöhnen, andererseits um Schwachpunkte der Ausrüstung im Vorfeld aufspüren zu können.
Ridges Handy klingelte.
Es war nur ganz leise zu hören, da er es dicht am Körper trug.
Andernfalls hätte es ebenso den Dienst eingestellt wie Laroches Laptop.
Ridge fluchte, weil er zunächst seine verschiedenen Schichten an Kleidung öffnen musste, um an das Gerät zu gelangen.
„Ja? Hier Ridge!“, knurrte er anschließend in das Mikro, als er das Handy endlich am Ohr hatte.
Ridge sagte dreimal kurz und knapp: „Jawohl, Sir!“
Dann war das Gespräch beendet.
Der Colonel steckte das Handy wieder ein und wandte sich an seine Leute. „Die Übung ist zu Ende“, ordnete er an. „Jetzt wird es ernst!“
*
Die Männer und Frauen des Alpha-Teams der Omega Force One schwitzten erbärmlich, als sie einen der Briefing-Räume in den Verwaltungsgebäuden von Fort Hennessy betraten. Es war keine Zeit mehr zum umziehen gewesen. Worum auch immer es bei dieser Sache gehen mochte - die Situation musste sich innerhalb kürzester Zeit auf eine Weise zugespitzt haben, die einen schnellen Einsatz wahrscheinlich machte.
Ridge und seine Leute waren es gewöhnt, unter diesen Bedingungen ihr Bestes zu geben.
Die OFO-Kämpfer nahmen Platz.
Sie entledigen sich zumindest der obersten Schichten ihrer Polarausrüstung.
„Nach diesen kalten Nächten kommt einem die Luft hier wie ein Backofen vor“, meinte Alberto Russo etwas missmutig.
Mara Gomez verzog das Gesicht und meinte spitz: „Wenigstens ist dir mal heiß genug!“
„Warum gehen wir nicht mal zusammen in eine richtige Sauna“, versuchte Russo sein ewiges Spiel mit dem Feuer wieder aufzunehmen.
In Mara Gomez' Augen blitzte es.
Es war General Outani persönlich, der Russo vor einer geharnischten Erwiderung der Argentinierin bewahrte, in dem er das Briefing eröffnete. Gomez war Profi genug, um einen persönlichen Streit nicht wichtiger zu nehmen als die Mission.
Und die Mission begann jetzt.
In dem Augenblick, da General Outani sich räusperte. Der südafrikanische Gründer der Spezialeinheit im Dienst der Vereinten Nationen stellte die direkte Verbindung zum UN-Generalsekretariat dar.
Outani ließ den Blick im Raum umherschweifen und musterte die Männer. Er konnte sich ein leichtes Schmunzeln nicht verkneifen, als er den Aufzug sah, in dem sie erschienen waren.
„Wie ich sehe, haben Sie sich bereits intensiv auf die klimatischen Bedingungen in ihrem nächsten Einsatzgebiet vorbereitet“, meinte er.
„Aus Geheimhaltungsgründen war es bisher nicht möglich, Ihnen Einzelheiten mitzuteilen und wir haben bis jetzt gehofft, dass Ihr Einsatz nicht nötig sein würde. Aber