Die Rache der Zarentochter. Tatana Fedorovna

Die Rache der Zarentochter - Tatana Fedorovna


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Flaschen Sekt und goss daraus sechs Gläser voll.

      Nervös sah sich der Anführer um.

      „Soll ich Ihnen helfen, verehrte …“ Der flotte Bursche stotterte etwas, da er nicht wusste, auf welche Weise ein Offiziersanwärter meine Schwester anreden sollte.

      „Nennen Sie mich einfach Tatjana! Wir sind ganz unter uns.“

      Sie trat an den Burschen heran und reichte ihm ein Glas. Ungläubig sah dieser auf das prickelnde Getränk. „Nur zu!“, ermunterte sie die anderen und wies auf die Gläser. „Oder soll ich euch alle bedienen.“

      Maria und ich prusteten wegen der Doppeldeutigkeit des Satzes. Tatjana wurde feuerrot und ihr Mund öffnete sich, da er kurzzeitig ihrer Kontrolle entglitt.

      Doch die jungen Männer bekamen das vor Aufregung nicht mir. Die beiden jüngeren Offiziere trauten sich nicht ihren sicheren Stehplatz zu verlassen.

      Maria brachte ihnen darum ihre Gläser.

      „Nicht so hölzern, meine Herren! Wir wollten heute einmal alle Neuankömmlinge begrüßen!“, stellte ich fest. „Zudem kommt ihr aus Petrograd. Da viel gemunkelt wird, wollten wir aus erster Hand erfahren, wie es da im Moment so ist.“

      Die verdutzten Kerle machten große Fischaugen und waren vor Schock ganz stumm. Man musste ihnen die Angst nehmen. Verdammt, waren die verkrampft.

      „Auf Russland!“, rief ich patriotisch, trank das Glas aus und warf es in bäuerlicher Sitte in weitem Bogen über meinen Rücken. Es zerbrach klirrend auf dem Boden. Das sollte Glück bringen.

      „Na los“, befahl ich, „jetzt ihr!“

      Etwas verlegen grinsend tranken sie endlich. Jedoch trauten sie sich nicht, die wertvollen Gläser zu zerschmettern.

      Tatjana holte eine neue Flasche als Nachschub für alle und drückte diese dem Schönsten von ihnen in die Hand. Er war wohl der Mittlere vom Alter und tat etwas unbeholfen seinen Hilfsdienst.

      „Zieht doch erst einmal eure Mäntel aus!“, regte ich an, da die Drei trotz der Kälte hier zu schwitzen begannen. Man sah es deutlich. Seit Tagen funktionierte im Palast weder Heizung noch Wasser. Die Wasserwerke streikten und scheinbar auch die Heizer.

      Die Kadetten folgten der Aufforderung. Ich sah, wie sie sich fragende Blicke zuwarfen und auch ein erstes verschmitztes Lächeln in ihren jungen Gesichtern. Nur der vom Alter Mittlere behielt eine eisige Mine bei. Er war anscheinend besonders schüchtern und brauchte noch mehr Sekt.

      „Auf den Sieg!“, befahl ich das nächste Glas.

      „Auf Zarskoje Selo!“, regte Tatjana an.

      „Auf den Zaren!“, schloss sich Maria an.

      Tatjana lief etwas watschelnd zum Grammofon. Die Schuhe waren für ihre Spreizfüße etwas zu eng. Sie ging darum am liebsten barfuß. Doch das passte hier natürlich nicht.

      „Könnt ihr tanzen?“ Sie winkte jovial mit der Hand ab. „Ach was! Das ist ein Befehl, ihr müsst tanzen!“

      Die Übermütige legte Walzer auf. Beschwingte Klänge erfüllten den kleinen Saal.

      Der Älteste der drei Galane ließ sich nicht lange lumpen und machte vor mir eine galante Verbeugung. „Darf ich bitten Majestät Prinzessin!“

      Was für eine dumme Anrede. Wie konnte eine Prinzessin Majestät sein? Ihm mangelte es an Bildung. Egal, er war zumindest bäurisch galant.

      „Ja gern!“ Wie lustig war das. Und er konnte tatsächlich recht gut tanzen und gefiel mir vom Typ her ausgesprochen gut. Irgendetwas an ihm war witzig und ich mochte einfach Spaßvögel. Zudem war er sportlich und durchaus auch hübsch anzusehen. Er gehörte zwar zu denen, die einem Mädchen nicht auf den ersten, aber dann auf den zweiten Blick auffallen und die durch ihre offene Art durchaus am Ende das Herz erobern. Ein echter russischer Prachtkerl eben. Gäbe es nur mehr davon. Das Leben war ernst genug, da war ich für jede Ablenkung dankbar.

      Die anderen folgten uns, bildeten aber bei weitem nicht so gute Tanzpaare.

      Maria beschwerte sich sogar über ihren tollpatschigen Partner. „Du tanzt wie ein Bär!“, murrte sie.

      Tatjana lachte. „So etwas sagt eine Prinzessin nicht.“

      Maria grummelte und war unzufrieden. Etwas neidvoll beobachtete sie, wie ich mit meinem Begleiter schwungvoll durch den Saal glitt. Die Welt drehte sich um uns, ich schwebte fast. Das war das wahre Leben.

      „Woher kommst du?“, fragte ich beschwingt.

      „Aus Minsk!“

      „Gefällt dir die Stadt?“

      „Oh ja! Sie ist nicht so groß wie Petrograd, aber schon bedeutsam. Nun ist sogar das Oberkommando dort. Man sieht viele hohe Offiziere.“

      Die anderen beiden Paare hatten nach zwei Walzern das Tanzen eingestellt und sahen uns neugierig zu. Tatjana schenkte weiter Sekt nach. Sie schien unzufrieden mit ihrer Wahl. Ihr Partner schien stumm wie ein Fisch und wirkte dabei fast grimmig. Obwohl er der Hübscheste von unseren Besuchern war, erschienen mir seine Blicke, mit denen er uns heimlich musterte, verlogen.

      Mein Begleiter war dagegen ein typischer Russe. Der aufsteigende Alkohol machte ihn immer mutiger. Ich spürte, wie er sogar kess mit seinen Fingern zärtlichen Druck auf meine Hand und Taille ausübte und sie rein zufällig mal da, mal dorthin verrückte. Er war genau der Richtige für einen solchen Tag.

      Wir setzten uns nach zwei weiteren ausgelassenen Tänzen zu den anderen. Natürlich gab mir Petja, so hieß mein Kadett, einen galanten Handkuss zum Dank. Seine Lippen verweilten etwas zu lang. Nun ja, das gefiel mir sogar. Tatjana nahm es etwas neidvoll zur Kenntnis. Sie hatte leider den Stockfisch abbekommen. Maria kicherte und hielt ihrem Tanzpartner symbolisch auch die ihre Hand hin, der sie eifrig mit einem kleinen Küsschen bedachte. Seine Ohren glühten dabei wie Schmiedeeisen. Er hieß Oleg. Die nächste Flasche wurde geöffnet. Die ungewohnte Menge des Getränks stieg uns zu Kopf.

      „Wie ist es so als Soldat“, fragte Maria recht naiv in die Runde.

      Die drei sahen sich an.

      „Es geht so“, hörte ich Oleg zum ersten Mal sprechen. „Ich bin froh hier zu sein!“, schüttete er sein junges unschuldiges Herz aus. Der Alkohol lockerte ihm die Stimme.

      „In Petrograd weiß man nicht, wo man steht.“

      Die beiden anderen warfen ihm bedeutungsvolle Blicke zu. Er sollte schweigen.

      „Was heißt das?“, hakte ich gerade deswegen nach.

      „Ach nichts!“, lenkte mein Tanzpartner ab. Ihm war das Thema unangenehm. „Wozu muss man sich an einem so schönen Tag Sorgen machen? Wollen die Damen vielleicht abermals tanzen?“

      Schon war er aufgesprungen und machte uns zur Belustigung einen wilden russischen Kosakentanz vor. Seine Beine wirbelten, während er kniend hoch und runter sprang.

      Ich mochte ihn.

      „Ihr tanzt zu schlecht“, wehrte Tatjana ab. „Nein, lasst uns lieber würfeln!“, schlug sie schnippisch vor.

      „Was ist der Einsatz?“, fragte Petja frech.

      „Na, was wohl?“ Tatjana ließ eine Pause vergehen. „Ein Kuss! Die Gewinner dürfen sich küssen.“

      Erstaunt sahen wir uns an. Petjas Gesicht leuchtete auf. Die Wendung war ganz nach seinem Geschmack. Er träumte sich wohl schon in den Armen einer echten Prinzessin.

      „Ist das denn erlaubt?“, fragte er zur Sicherheit dumm nach.

      Ich hatte nichts dagegen. Ein Kuss mit ihm könnte mir gefallen. Ein merkwürdig warmes Summen erfasste nicht nur mein Gesicht vor Aufregung. Meine Brust erweiterte sich auf wunderbare Weise. Seit langer Zeit war mir im Innersten nicht so wohl gewesen als unter diesen einfachen Menschen.

      „Erlaubt?“, spottete ich. „Das ist ein Befehl! Ihr


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