Obscura- Kompendium. Dennis Weis

Obscura- Kompendium - Dennis Weis


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waren nun mehrere Tage unterwegs seit dem Vorfall mit dem Dunkelwolf. Bisher gelang es ihnen nicht, aus dem Dunkelwald zu entkommen. Beide waren schwach, seit Wochen ernährten sie sich hauptsächlich von Früchten, oder Nüssen. Ihre Kleider waren zerrissen. Rubina schien zu erkranken.

      Da es Nacht wurde, mussten sie ein Lager aufschlagen. Amberius besorgte trockenes Geäst, um daraus ein Feuer zu machen. Während Rubina einen Schlafplatz herrichtete. Danach sammelte sie Früchte. Amberius entdeckte plötzlich einen Hasen.

      Langsam nahm er sich einen Ast und brach vorn ein Stück ab, um es zu spitzen. Er schlich sich mit äußerster Vorsicht an den Nager heran. Dieser wirkte, als nehme er Amberius gar nicht wahr. Kurz bevor Amberius den Hasen mittels Sprung erstechen wollte, sauste eine Wurfaxt an ihm vorbei und traf das Tier in den Kopf. Der Hase war sofort tot. Amberius schaute verwirrt in alle Richtungen, aber er konnte niemanden erblicken.

      „Hey!“ schrie auf einmal jemand. „Das ist meiner.“

      Abermals konnte er niemanden entdecken. Es war keine Person dort oder er konnte sie nicht sehen, dachte er sich.

      „Hier unten.“ machte die Stimme deutlich.

      Amberius blickte nach unten. Dort sah er ein kleines Wesen, etwa halb so groß wie er selbst. Es sah älter aus, mindestens drei Mal so alt wie Amberius und es hatte einen langen weißen Bart. Das Geschöpf sah grimmig drein.

      „Was glotzt du denn so?“ meckerte das Wesen und ging an Amberius vorbei, während dieser angewurzelt dort stand. Das Wesen zog die Axt aus dem Kopf und packte den toten Hasen am Ohr. Amberius räusperte sich, um auf sich aufmerksam zu machen. Das Wesen neigte seinen Kopf.

      „Was willst du.“ fauchte es.

      „Äh, … wir…“ stotterte Amberius.

      Er wusste einfach nicht, wie er dem Wesen erklären sollte, dass es ihnen etwas vom Hasen abgeben sollte. Amberius kam sich dumm vor.

      „Ok, hör‘ zu, ich merke schon, du möchtest etwas vom fetten Braten haben.“ fasste das Wesen zusammen.

      Es grinste. „Also, ich wäre einverstanden“, begann es, „wenn du mir Gold geben könntest.“

      Amberius schüttelte den Kopf: „Das habe ich nicht.“

      „Nicht eine Münze?“ fragte das Wesen neugierig.

      „Nicht eine einzige Münze.“ gab Amberius zu.

      „Silber- Juwelen- Diamanten oder irgendetwas Wertvolles?“ forschte es nach.

      „Ich habe etwas.“ unterbrach Rubina die beiden. „Ich werde dir etwas geben.“

      Das Wesen ging einen Schritt zurück. Es war missmutig.

      „Seid ihr nur zu zweit?“ fragte es leise.

      „Ja.“ antwortete Rubina.

      „Zeig‘ mir dein wertvolles Etwas.“ forderte das Wesen Rubina auf.

      Seine Augen fingen zu leuchten an. Rubina hob ihre Hand und zeigte ihren Ring. Er war goldglänzend. Amberius wollte protestieren, aber sie fuhr ihm dazwischen:

      „Ist schon gut, es ist nur ein Symbol.“

      „Ja“, stimmte das Wesen zu, „nur ein Symbol.“ Es war so vertieft in das Gold des Ringes, dass es nicht bemerkte wie Amberius langsam hinter sich nach einem Stein griff, ausholte und es genau an seinen Hinterkopf traf. Das Wesen fiel sofort um und blutete stark.

      Als das Wesen wieder erwachte, war es gefesselt. Es nahm den Geruch von gegrilltem Hasen in der Nase wahr. Sofort war ihm wieder bewusst, was geschehen sein musste. Der Versuch, sich zu befreien, sollte dem Wesen nicht gelingen.

      „Ahhh!“ brüllte es. „Bindet mich sofort los!“

      Amberius, der in diesem Moment einen Teil des Hasen genüsslich verschlang, stand gemächlich auf und bewegte sich auf das kleine Wesen zu.

      „Zuerst verrätst du uns deinen Namen.“ verlangte Amberius. Es zögerte und dachte nach. Es war sich unsicher, ob die beiden wissen, womit sie es zu tun hatten.

      „Ist der Name den von Belangen?“ fragte es argwöhnisch.

      „Ja.“ machte Amberius ihm klar. „Ist es.“

      „Wir wissen, was du bist.“ fügte Rubina hinzu. „Ein Kobold.“

      Das Wesen wandte sein Gesicht ab, denn sie waren im Recht. Das gefiel dem Kobold gar nicht. Erst kein Gold und dann haben sie das Wissen, was es war!

      „Mein Name lautet Avarit.“ verriet der Kobold.

      Kobolde mussten bei einer Aufforderung ihren Namen preisgeben. Wenn sie dies vollbracht hatten, durften sie diesen Personen nichts mehr antun. Gold dagegen blendet sie, sie verfallen in eine Art Hypnose. Nachdem er seinen Namen bekannt gegeben hatte, senkte er sein Haupt.

      Kein Kobold mochte dies. Rubina ging unverzüglich hinter dem Kobold und schnitt seine Fesseln durch. Amberius erschrak. Der Kobold schien verwundert und streckte seine Hände vor sich, um sich zu vergewissern, dass er frei war.

      „Ich habe dir die Freiheit geschenkt- das bedeutet, du schuldest mir 3 Gefallen.“ stellte Rubina klar. Avarit war erstaunt, dass jemand Kobolde zu kennen vermochte. Aber er war nicht allein- Amberius wirkte ebenfalls sehr verwundert. Der Kobold bemerkte das Erstaunen von Amberius.

      „Ich werde den Gefallen nachkommen, da es meine Verpflichtung ist.“ versprach Avarit.

      „Gut, dann führst du uns nach Sonnenglut.“ befahl Rubina.

      „Ja, das werde ich.“ bekundete der Kobold.

      Nachdem Amberius und Rubina ihr Mahl beendeten machten sich die drei auf den Weg.

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      Südlich von Matera, südlicher als die Teufelsenge lag die Stadt Kaltrand. In einer Schenke, die sich „Zum Eingang der Hölle“ schimpfte, saß an der Bar ein Mann namens Wargo. Er war ein Paladin und er gehörte dem Orden der Glacianer an. Es handelte sich bei ihnen um Einzelgänger, die nach der Ausbildung mehrere Prüfungen vollbringen mussten, um in den Orden als vollwertig aufgenommen zu werden.

      Diese Prüfungen sind individuell, aber sie haben stets mit Stärke, Mut, Intelligenz und Loyalität zu tun. Wargo hatte bisher die Prüfungen der Stärke, des Mutes und der Intelligenz bestanden.

      Bei der Prüfung der Stärke besiegte er ohne Waffen einen Reißer. Dieses Untier war eine Mischung aus Wolf und Löwe, wenn man es beschreiben müsste. Wargo war, wie alle Glacianer emotionslos, sie waren kalt, wie ihr Glaube. So fiel es ihm nicht schwer, dem Reißer das Genick mit seinen Händen zu brechen. Der Kampf dauerte gerade einmal drei Minuten.

      In der Prüfung des Muts musste Wargo ein Ei einer Venenumspinne erbeuten. Der Stich dieser Spinnenart war zwar nicht tödlich, dafür blieb ein Opfer gelähmt und bekam bei lebendigem Leib mit, wie die Spinne einem das Leben aussaugte. Diese Prozedur dauerte Tage, wenn nicht gar Wochen und quälte das Opfer. Der Tod war wie eine Erlösung dagegen.

      Bei der Prüfung der Intelligenz musste Wargo einen Weg aus dem Labyrinth Mortem finden. Die Schwierigkeit bestand darin, dass jeder beschrittene Weg der letzte sein konnte, denn zum einen verschwanden Wege einfach und zum anderen verbargen sich einige Ungestalten hinter bestimmten Hecken.

      Mortem war verflucht. Manch ein Glacianer und auch andere ungeübte und naive Wesen verirrten sich hier. Wenn sie verstarben, so hieß es, wanderten ihre Seelen ruhelos umher, um sich an den Lebenden zu laben oder sie zu töten, da die Untoten sie um das Leben beneideten, welches ihnen von Mortem genommen wurde.

      Wargo benötigte einige Zeit und musste sich gegen einen Werwolf, ein paar Untoten und einem Arachnoiden durchsetzen. Arachnoiden waren Wesen, die halb Spinnen und halb Menschen waren.

      Wargo trug Spuren davon. Eine Narbe verzierte sein Gesicht, als wolle ihn das Leben daran erinnern, dass es eng war und die Pranke des Werwolfs ihn knapp verfehlte.


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