Koppelgeschichten - von und mit Pferd. Gabi Lohmann

Koppelgeschichten - von und mit Pferd - Gabi Lohmann


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Leckerbissen.

      In der Nacht schlief ich schlecht. Mir taten alle Knochen weh und ich verstand meinen Wohnungsnachbar nicht, der so begeistert von der Arbeit mit den Menschen und den Rindern erzählte.

      In den nächsten Tagen wiederholte sich das miese Spiel. Zuerst das Ungetüm von Sattel, dann das Herumscheuchen im Roundpen. Das Leben machte nicht mehr wirklich Spaß! Sehnsüchtig dachte ich an meine Kumpel Lassdas und Fresssack. Die hatten nette Menschen. So einen musste es doch auch für mich geben!

      Dann kam der Tag, an dem mir mein Menschen-Mann eine Eisenstange in das Maul schob. Das Teil war groß und drückte mindestens genauso wie der Sattel. Jede Bewegung dieser Stange im Maul war unangenehm. Ich hasste es!

      Mit dem Sattel auf dem Rücken und der Stange im Maul musste ich meinen Menschen-Mann folgen. Er setzte sich auf ein anderes Pferd und zog mich hinter sich her.

      Das Pferd war schon älter und nicht sehr gesprächig. Es schimpfte nur immer, wenn ich nicht schnell genug hinterher kam. Es gab doch so viel zu sehen! Aber fürs Umherschauen blieb keine Zeit. Sofort gab es einen hässlichen Ruck im Maul.

      Unser Ziel war eine Weide mit bunt gescheckten Tieren. Ich hatte solche Tiere noch nie gesehen und erstarrte – worauf leider wieder ein schmerzhafter Ruck im Maul folgte. Das ältere Pferd verstand meine Aufregung gar nicht. ‚Rinder‘ wären das und unsere Aufgabe wäre es, sie zusammenzutreiben.

      Ich verstand kein Wort. Aber ich sollte noch sehen, was damit gemeint war. Der Mensch stieg ab und band mich mit den Zügeln an dem Weidezaun fest. Dann stieg er wieder auf sein Pferd und ritt zu diesen merkwürdigen Tieren.

      Ich schaute mit großen Augen zu und bewunderte das andere Pferd. Wie es da so ohne Furcht durch die Herde dieser merkwürdigen Tiere schritt! Ich zitterte am ganzen Körper. Mir machten diese Tiere Angst.

      Der Mensch galoppierte mit dem Pferd quer durch die Herde, sonderte mal ein Tier ab, dann trieb er sie wieder zusammen. Ich verstand den Sinn des Ganzen nicht, aber der Mensch schrie immer wieder begeistert. Ihm schien es Spaß zu machen!

      Und dann passierte das Ungeheuerliche! Die ganze Tiermasse bewegte sich plötzlich auf mich zu!!!

      Ich tat das einzig Sinnvolle. Mit einem riesigen Ruck riss ich mich vom Zaun los und ergriff die Flucht nachhause. Dass dabei das Teil mit der Eisenstange am Zaun zurückblieb, war mir nur recht.

      Der Mensch war über meine Flucht nicht so glücklich. Er lobte mich gar nicht, als er mich brav wartend vor meiner Wohnung fand. Er murmelte etwas von ‚Mistvieh‘ und das klang nicht sehr nett. Ich hoffte nur, dass dies nicht mein Name sein sollte!

      Am nächsten Tag schmerzte mein Genick. Beim Losreißen vom Zaun musste ich mich dort verletzt haben. Leider bemerkte es mein Mensch nicht. Er brachte eine neue Stange für mein Maul und wieder den Sattel.

      Hörte das denn nie auf?

      Diesmal hatte er sich etwas Neues ausgedacht. Er führte mich in den Roundpen und scheuchte mich wieder im Kreis. Dieses Spiel wurde durch dauernde Wiederholungen auch nicht eben interessanter, aber wenn der Mensch unbedingt wollte, spielte ich halt mit. Vielleicht kam ich auf diesem Weg auch irgendwann zu einem eigenen (freundlichen) Menschen.

      Diesmal war das Spiel nicht damit beendet, dass ich zu dem Menschen in den Kreis kam. Ein anderer Mensch trat noch in den Roundpen. Es wurde an dem Sattel herumgezerrt und der Gurt noch etwas enger gezogen. Und dann setzte der Mensch sich auf meinen Rücken.

      Okay, den Sattel durch die Gegend tragen war das eine, aber mit einem zusätzlichen Gewicht, der das Teil noch fester auf meine Nieren drückte – das ging gar nicht.

      Ich bockte, was das Zeug hielt und es war eine Wohltat, als der Mensch endlich meinen Rücken verließ. Sofort stellte ich das Bocken ein und schaute, was aus dem Menschen geworden war. Er hockte fluchend im schönen weichen Sand und ich fürchte, zu dieser Zeit war ‚Mistvieh‘ wirklich mein Name!

      Der Menschen-Mann – ich weigere mich, ihn ‚meinen‘ Menschen zu nennen – gab nicht auf. Er versuchte es noch ein paar Mal. Aber meine Ausdauer war größer! Dieser Mensch auf meinem Rücken tat weh, also musste er wieder da runter.

      Als der Mensch das letzte Mal meinen Rücken verließ, blieb er im Sand liegen.

      Ich habe ihn nie wieder gesehen – und das auch nie bereut! Am nächsten Tag schon kam die Box auf Rädern und brachte mich zurück zu meinen Kumpels Lassdas und Fresssack.

      „Wie ist es gelaufen?“, fragte Lassdas interessiert.

      Doch ich war nicht in der Stimmung, darüber zu berichten. War es vielleicht ein Fehler gewesen, meine Ausbildung abzubrechen? Dort hatte ich einen eigenen Menschen gehabt. Doch ‚mein‘ Mensch war es nicht gewesen. Und irgendwo musste der noch auf mich warten. Außerdem - Rinder zu jagen war nun echt nicht mein Ding!

      Also hing ich weiter mit Lassdas und Fresssack herum.

      Eines vermisste ich immer noch schmerzlich: einen eigenen Menschen.

      Lassdas versuchte mich aufzumuntern. „Eines Tages wirst Du auch einen eigenen Menschen haben. Vielleicht sogar einen ganz jungen, den Du Dir selbst ausbilden kannst!“

      „Ja“, mischte sich Fresssack ein. „Die ganz Jungen sind die besten, die haben noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Mit ganz viel Glück bekommst Du sogar ein Weibchen. Die sollen besonders einfach im Umgang sein, habe ich gehört.“

      Fresssacks Menschen-Frau war auch wirklich nett. Sie erkannte, dass ich mich auf der Weide langweilte. Eines Tages kam sie mit einem Tuch und ließ es fallen. Ich schnupperte daran und wurde daraufhin gelobt und mit Leckerlis überschüttet. Ich stutzte. Für bloßes neugieriges Schnuppern so eine Belohnung? Da musste noch mehr zu holen sein. Prüfend nahm ich das Teil zwischen die Zähne – Fresssacks Menschen-Frau kriegte sich vor Begeisterung schier nicht mehr ein. Sie lief zum Weidezaun, um noch mehr Möhren zu holen. Ich folgte ihr mit dem Tuch zwischen den Zähnen. Wie gern tauschte ich das Teil gegen eine Schüssel voller Möhren!

      Und das war dann unser neues Spiel: Fresssacks Menschen-Frau lief über die Weide und ‚verlor‘ irgendwo ihr Tuch. Ich lief es suchen und tauschte es dann bei ihr gegen Möhren. Mit der Zeit wurden ihre Verstecke immer raffinierter, aber ich habe das Tuch IMMER gefunden!

      Schade, dass dies schon Fresssacks Menschen-Frau war. Ich mochte sie sehr gern!

      Dann kam Fresssacks Menschen-Frau eines Nachmittags und holte mich. Sie brachte mich zu dem Platz, an dem Fresssack und Lassdas immer gesattelt wurden.

      Dort stand ein Mensch und wartete auf uns. Seiner Größe und der kurzen Mähne nach zu urteilen, ein männliches Exemplar.

      Wir musterten und gegenseitig. Mein erster Eindruck war sehr positiv: korrektes Gebäude, klare Beine und wacher Blick.

      Möglichst unauffällig schnüffelte ich an ihm. Er roch nach anderen Kollegen, nach gutem Futter und frischem Heu. Doch vor allem roch er nach DRINNEN. Da fehlte völlig der Geruch von regennassem Pferdefell oder Morast.

      Stattdessen roch ich frisches Stroh!

      Ich versuchte, mich von meiner besten Seite zu zeigen. Was gar nicht so einfach war. Bei der Unterbringung in einem offenen Stall ist es schwierig, ein gepflegtes Äußeres zu behalten. Ich tat zwar, was ich konnte - ich trug sogar jeden Tag sorgfältig eine neue Sandschicht auf - aber meine Mähne wollte einfach nicht so stehen, wie sie sollte.

      Der Menschen-Mann brachte mich auf den Platz, wo Lassdas und Fresssack immer ihre Menschen dressierten.

      Ich hoffte inständig, dass nicht wieder so ein riesiges Leder-Dings auf meinen Rücken geschnallt wurde!

      Doch was war das? Der Menschen-Mann bog mit ein paar Holzstangen um die Ecke.

      Wozu die wohl gut sein sollten? Interessiert beobachtete ich, wie die Holzstangen aufeinandergestapelt wurden.

      Der Menschen-Mann machte einige aufmunternde Laute und brav begann ich, auf dem Platz herumzutraben.

      Ich


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