Plötzlich ist alles anders. Heidi Oehlmann

Plötzlich ist alles anders - Heidi Oehlmann


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abends, sobald ich im Bett lag, hielten mich die Gedanken wach. Ich fragte mich immer wieder, ob ich der Heilpraktikerin vertrauen konnte und es mir wegen der Geldrollenbildung so schlecht ging oder doch etwas anderes dahinter steckte.

      4. Kapitel

      Die Woche, bis ich mich in der Praxis wieder fand, verging relativ schnell. Max begleitete mich auch dieses Mal.

      Ich war inzwischen total unsicher, ob ich die Therapie machen sollte. Nachdem Frau Hof mir am Rücken herumgewerkelt hatte, bekam ich heftige Rückenschmerzen. Vorher hatte ich noch nie Probleme mit meiner Rückseite gehabt. In der letzten Woche wusste ich manche Nacht nicht, wie ich liegen sollte vor Schmerzen. Nun hatte ich Angst, dass sie mich verbogen haben könnte. Ich stellte mir die Frage, ob es eine Masche war, erst den Patienten Beschwerden zu bereiten und gleichzeitig eine Therapie dagegen anzubieten. Ich wusste überhaupt nicht, was ich glauben sollte. Dennoch beschloss ich, die Dorntherapie wenigstens einmal auszuprobieren, in der Hoffnung, es linderte meine Schmerzen. Wenn es mies laufen würde, könnte ich die Behandlung schließlich jederzeit abbrechen.

      Als wir in der Praxis ankamen, war der Wartebereich erneut leer. So langsam wurde ich stutzig. Wenn ein Wartezimmer ständig leer war, musste das doch ein Zeichen für mangelnde Kompetenz der Heilpraktikerin sein. Es konnte natürlich auch an der Jahreszeit liegen. Immerhin war es Mitte Juli und die meisten Menschen befanden sich im Urlaub. Oder war Frau Hof besser organisiert als Ärzte? Ich war mir unsicher, was ich von dem leeren Wartebereich halten sollte. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, kam ein älterer Herr ins Wartezimmer. Er reichte mir die Hand und stellte sich als der Dorntherapeut Herr Meier vor. Ich folgte ihm in ein Behandlungszimmer und war gespannt, was mich erwartete.

      Max blieb im Wartezimmer. Er tat mir leid. Frau Hof erwähnte, die Behandlung würde ungefähr sechzig Minuten dauern. Da ich im Anschluss noch die Magnetfeldtherapie machen sollte, die wieder eine Dreiviertelstunde dauerte, musste Max also knapp zwei Stunden auf mich warten. Ich machte mir aber keine Sorgen um ihn. Er würde sich die Wartezeit schon vertreiben. Da war ich mir sicher.

      »Legen Sie sich bitte hin!«, sagte Herr Meier und deutete auf eine Liege mitten im Raum.

      Als ich mich darauf ausgebreitet hatte, nahm er meine Beine in die Hände und meinte: »Ihr linkes Bein ist einen Zentimeter kürzer als Ihr rechtes.«

      Ich war erschrocken. »Wie ist es möglich, dass meine Beine unterschiedlich lang sind?«

      Herr Meier meinte, durch die Behandlung würde es sich wieder normalisieren. Abweichende Beinlängen sollten ein Anzeichen für eine schiefe Wirbelsäule sein.

      Nach dieser Information dachte ich an meinen ersten Besuch in der Heilpraxis, daran, wie Frau Hof mir am Rücken herumfummelte. Sie musste mir die Knochen durcheinandergebracht haben. Anders konnte ich mir die Rückenschmerzen und meine unterschiedlich langen Beine nicht erklären.

      Bevor es losging, wies mich der Therapeut darauf hin, ich müsste in den nächsten Tagen mit starkem Muskelkater rechnen. Dann begann er mit der Behandlung. Wir machten erst ein paar Übungen im Liegen, im Sitzen und anschließend im Stehen. Das Ganze dauerte über eine Stunde und war sehr anstrengend. Ich fühlte mich, wie in einem Fitnessstudio, in dem ich unter Aufsicht trainieren musste. Für mich war es mit meinem Befinden alles andere als spaßig.

      Zum Schluss bekam ich Hausaufgaben auf. Jeden Tag sollte ich ein paar Übungen zu Hause machen. Wenn es hilft, würde ich es durchziehen, dachte ich mir.

      »Wie oft muss ich denn noch zu der Behandlung kommen?«, fragte ich vorsichtig.

      »Mit fünf bis sechs Mal können Sie schon rechnen.«

      Ich war baff, verabschiedete mich und wartete am Empfang, bis ich von der Sprechstundenhilfe zu der Magnetfeldmatte geführt wurde.

      Max konnte ich im Vorbeigehen im Wartebereich nicht sehen. Ich machte mir keine weiteren Gedanken. Denn ich wusste, er würde sich die Wartezeit durch einen Spaziergang in der Stadt verkürzen. Gleichzeitig hoffte ich, der Stadtbummel lenkte ihn von seinen Sorgen ab.

      Da lag ich wieder eine Dreiviertelstunde auf der Magnetfeldmatte herum. Mir war total langweilig. Die Schwester legte mir beruhigende Musik auf, damit ich mich entspannen konnte. Es gelang mir nicht. Ich wollte nur noch raus aus der Praxis. Die Dorntherapie dauerte bereits über eine Stunde. Das habe ich als kürzer empfunden. Als mir aber bewusst wurde, ich müsste ab sofort zwei Mal die Woche so viel Zeit in den Praxisräumen verbringen, bereute ich es, zu der Heilpraktikerin gegangen zu sein. Zumal ich bisher nicht die kleinste Verbesserung spürte. Frau Hof erklärte mir zwar, es würde dauern, bis sich meine gesundheitliche Situation verbesserte. Aber allmählich ging mir die Kraft aus. Ich wollte diesen Zustand nicht mehr ertragen. Doch, was blieb mir übrig? Was sollte ich tun? Mir fehlte die Alternative. Sicher hätte ich zu einem Arzt gehen können. Ich spielte auch mit dem Gedanken, es zu tun. Meine Angst vor einer schlimmeren Diagnose, als die Geldrollenbildung, hielt mich davon ab. Also beließ ich vorerst alles so, wie es war.

      5. Kapitel

      In den nächsten vierzehn Tagen nahm ich brav meine Medikamente ein, machte die Übungen und ging zwei Mal in der Woche in die Praxis. Leider bemerkte ich nicht die kleinste Besserung. Weder das Augenflimmern noch die Rückenschmerzen besserten sich. Ich dachte erneut darüber nach, die Behandlung abzubrechen und zu einem Schulmediziner zu gehen. Für mich wurden die Heilbehandlungen immer mehr zur Zeitverschwendung. Sie begannen, mich zu belasten, körperlich und geistig. Die Dorntherapie brachte mich an meine physischen Grenzen. Für einen gesunden Menschen mögen sie ein Kinderspiel sein. Wenn der Körper stark angeschlagen ist, kann so eine Stunde Sport zur Tortur werden. Ich weiß nicht, wie ich es an manchen Tagen überhaupt geschafft hatte, die Behandlungen hinter mich zu bringen. Wenn es mir so richtig mies ging, fiel es mir schon schwer, morgens aufzustehen, geschweige denn das Haus zu verlassen und zu turnen.

      Eines Tages kam mir plötzlich etwas in den Sinn, was ich die ganze Zeit nicht bedacht hatte: Wird die Krankenkasse diese Behandlung übernehmen?

      Als ich mich damals privat versicherte, wählte ich den preiswertesten Tarif. Ich ging davon aus, in jungen Jahren nicht krank zu werden, und wollte auf diese Weise Geld sparen.

      Schnell suchte ich den Versicherungsordner aus dem Schrank und wälzte die Unterlagen. Endlich hatte ich die Seite mit den Krankenversicherungsleistungen gefunden. Und als ob ich es ahnte, Heilpraktikerleistungen waren in meinem Tarif nicht enthalten. Sofort fing ich an, mir Sorgen zu machen und stellte mir immer wieder die gleichen Fragen: Wie viel könnte so eine Behandlung kosten? Werde ich das bezahlen können?

      Bevor ich mich von der Heilpraktikerin behandeln ließ, verschwendete ich nicht einen Gedanken an die Rechnung. Mir ging es nur darum, schnell wieder gesund zu werden. Nun bekam ich die Quittung für mein unüberlegtes Verhalten.

      Ich rief Max an und berichtete ihm von meiner Entdeckung.

      »Ich muss diese Behandlung sofort abbrechen. Das wird sonst immer teurer. Und gebracht hat es mir auch nichts«, sagte ich bestimmend.

      Max zögerte. Dann antwortete er: »Mach dir keine Gedanken wegen der Rechnung. Das ist das geringste Problem.«

      »Wieso? Was meinst du, was es kosten wird?«

      »So teuer wird das nicht. Viel wichtiger ist doch, dir geht es bald besser.«

      »Ja. Wenn ich weiterhin in die Heilpraxis gehe, wird es ewig dauern. Wenn es überhaupt etwas bringt.«

      »Okay, vielleicht war das mit der Heilpraktikerin eine blöde Idee. Aber Frau Hof hat auf mich einen netten und kompetenten Eindruck gemacht. Ich dachte, sie könnte dir helfen. Da habe ich mich wohl geirrt.«

      »Sie mag nett sein, aber ich zweifle langsam an einem Behandlungserfolg. Schon wegen meines Rückens hätte ich stutzig werden müssen. Mach dir aber keine Gedanken! Einen Versuch war es wert.«

      »Gut, aber dann geh wenigstens zu einem Arzt!«

      »Ja, das mache ich«, stimmte


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