Nachhaltigkeit würde der Liga guttun. Christoph Kessel
Folglich gibt es im Bereich Mobilität zwei Ebenen zu beachten, einerseits die Mobilität des Personennahverkehrs bei Heimspielen und andererseits die des Personenfernverkehrs bei Auswärtsspielen – bei letzterer jeweils bezogen auf die einzelnen Mannschaften, die zu den Wettbewerben antreten, und auf die Mobilität der Fans, die ihnen folgen.
Bei Heimspielen
Das UBA kommt für den Personennahverkehr, sprich für Heimspiele zu folgendem Schluss: „Bei kurzen Strecken im Nahverkehr verursachen Auto und Motorräder die höchsten Umweltkosten (rund fünf bis sechs Cent pro Personenkilometer (Pkm)). Nur etwa halb so hoch sind die Umweltkosten im ÖPNV. Straßen-, Stadt- und U-Bahnen, Schienennahverkehr und der Nahlinienbus verursachen Umweltkosten von zwei bis 2,75 Cent/Pkm. Wer mit dem herkömmlichen, nicht motorisierten Fahrrad unterwegs ist, verursacht die geringsten Umweltkosten – hier schlagen lediglich die Herstellung des Fahrrads, die notwendigen Radwege und die anteilige Flächenbelegung zu Buche.“15
Bei einer Anreise zu einem Heimspiel, das 5 km vom Wohnort entfernt liegt, entstehen bei der Hin- und Rückfahrt also folgende Umweltkosten:
Motorrad: 62 Cent (6,2 Cent pro Personenkilometer)
PKW: 57 Cent16 (5,7 Cent pro Personenkilometer)
Nahlinienbus: 28 Cent (2,8 Cent pro Personenkilometer)
Schienennahverkehr: 25 Cent (2,5 Cent pro Personenkilometer)
Straßen- bzw. U-Bahn: 20 Cent (2,0 Cent pro Personenkilometer)
Pedelec: 6 Cent (0,6 Cent pro Personenkilometer)
Fahrrad: 4 Cent (0,4 Cent pro Personenkilometer)
Beim PKW und den öffentlichen Verkehrsmitteln hängen die Umweltkosten von der Auslastung ab. In der oben genannten Auflistung wird mit einer mittleren Auslastung von 1,5 Personen im PKW gerechnet. Um an den Nahlinienbus heranzukommen, müsste der PKW mit drei Personen ausgelastet werden. Die Daten des UBA stammen aus dem Jahr 2017. Zu diesem Zeitpunkt waren Hybrid- und Elektrofahrzeuge sehr unterrepräsentiert. In der Broschüre „Wie umweltfreundlich sind Elektroautos? Eine ganzheitliche Bilanz“17 des BMU wird klar erkenntlich: „Elektrofahrzeuge können nicht die einzige Strategie sein, um den Zielen des Klima- und Umweltschutzes im Straßenverkehr gerecht zu werden. Eine nachhaltige Verkehrswende gelingt nur, wenn der Fokus auch auf Vermeidung und Verlagerung gelegt wird.” In Bezug auf die Klimawirkung wird dem Elektroauto attestiert, einen wichtigen Beitrag zu leisten. Allerdings ist der Rohstoffaufwand bei „Elektroautos höher als bei konventionellen Fahrzeugen, ebenso die Masse des insgesamt ausgestoßenen Feinstaubs“, so das BMU. Es wird erkennbar, dass bei Elektrofahrzeugen wegen ihrer „lokalen Emissionsfreiheit weiterhin Vorzüge im belasteten Stadtverkehr“ haben. Dass der Feinstaub bei der Produktion in anderen Weltregionen entsteht, lässt erkennen, dass nachhaltiges Agieren nicht vor der Stadt- oder der Ländergrenze Halt macht. Daher ist die Vermeidung von Verkehr wesentlich nachhaltiger als die Verlagerung von Individualverkehr von Autos mit Verbrenner-Motoren auf Elektroautos.
Die Mannschaft reist in der Regel vom Mannschaftshotel bereits nachhaltig mit dem Bus an. Möchte ein Verein in Bezug auf die Mobilität der Fans nachhaltig agieren, so sollte eine Anreise zu Fuß oder mit dem Rad gefördert werden. Das Stadion sollte folglich für beide Verkehrsträger attraktiv erreichbar sein. Dies sollte gemeinsam mit der Kommune erreicht werden, indem Fußgänger:innen und Radfahrenden Priorität bei der Anreise gegeben wird. Ferner sollten die Wege gut ausgeleuchtet sein, damit auch bei Flutlichtspielen die An- und Abreise als angenehm empfunden wird. Schließlich sollte es für die Räder in unmittelbarer Nähe zum Eingang des jeweiligen Blocks genügend Möglichkeiten zum Anschließen geben. Einmal um das halbe Stadion herumzulaufen, um sein Rad anzuschließen, ist keine wirkliche Option.
Ebenfalls sollten die Proficlubs die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln fördern. Die Mehrzahl der Vereine in der Männer-Fußballbundesliga bietet diese Möglichkeit bereits an. Jobtickets für Mitarbeitende oder die Bereitstellung von Dienstfahrrädern bzw. -pedelecs wären weitere Maßnahmen, um die Mobilität nachhaltiger zu gestalten. Auch sollte das ortsunabhängige Arbeiten der Mitarbeitenden durch die Vereine ausgebaut werden.
Best Practice: Der 1. FSV Mainz 05 bot mit dem Rad anreisenden Fans bereits 2010 die Möglichkeit eines Fahrrad-Checks.18
Bold Moves: Alle Vereine des Profifußballs sollten sicherstellen, dass die Anreise zum Stadion mindestens bis zu einer Entfernung der mittleren Weglänge des motorisierten Individualverkehrs (16,3 Kilometer) im ÖPNV im Ticketpreis inbegriffen ist. Shuttle-Busse sollten Fans auf direkter Strecke (ohne Umwege) zum Stadion bringen. Da 79 Prozent der Verkehrsleistung in Deutschland aktuell durch PKW und Motorräder erbracht wird, sollten Vereine versuchen, die gegenwärtige Auslastung von PKWs zu erhöhen. Hierzu könnten Apps für Mitfahrgelegenheiten zur Verfügung gestellt werden. Ferner sollten gut gesicherte Abstellmöglichkeiten in Blocknähe geschaffen werden.
Und wir Fans? Um zum Stadion zu gelangen, sollte dieser Weg nach Möglichkeit mit Rad oder zu Fuß zurückgelegt werden. Eine Anreise mit dem PKW oder dem Motorrad sollte vermieden werden. Wird dennoch auf den PKW zurückgegriffen, sollten für Heimspiele Fahrgemeinschaften gebildet werden. Dafür sollte auf eine etwaige App des Vereins zugegriffen werden (siehe oben) bzw. über Fanforen bzw. die sozialen Netzwerke der Kontakt hergestellt werden.
Bei Auswärtsspielen innerhalb Deutschlands
Für den Personenfernverkehr innerhalb Deutschlands, also für Auswärtsspiele, kommt das UBA zu folgendem Fazit: „Die höchsten Umweltkosten verursacht das Fliegen innerhalb Deutschlands. Hier schlägt jeder Personenkilometer (Pkm) mit knapp acht Cent zu Buche. Danach folgen Auto und internationale Flüge, deren Umweltkosten zwischen fünf und sechs Cent pro Pkm betragen. Deutlich geringer sind die Umweltkosten des Schienenfernverkehrs mit etwa 1,4 Cent pro Pkm sowie die von Reise- und Fernlinienbussen mit 0,8 bis 1 Cent pro Pkm.“19
Bei einer Anreise zu einem Auswärtsspiel, das zum Beispiel 300 km vom Wohnort entfernt liegt, entstehen bei der Hin- und Rückfahrt durchschnittlich folgende Umweltkosten:
Flug (national) 46,80 Euro20 (7,8 Cent pro Personenkilometer)
Motorrad: 37,20 Euro (6,2 Cent pro Personenkilometer)
PKW: 34,20 Euro21 (5,7 Cent pro Personenkilometer)
Schienenfernverkehr: 8,40 Euro22 (1,4 Cent pro Personenkilometer)
Sonstiger Reisebus: 6,00 Euro (1,0 Cent pro Personenkilometer)
Fernlinienbus: 4,80 Euro23 (0,8 Cent pro Personenkilometer)
Die Anmerkungen zur Elektromobilität im Abschnitt „Heimspiel“ gelten auch für den Abschnitt „Auswärtsspiel“. Im Gegensatz zur Anreise mit dem PKW zum Heimspiel, bei der Fahrgemeinschaften mit drei Insassen bereits eine nachhaltige Alternative sein können, ist die Bildung von Fahrgemeinschaften auf Auswärtsspielen erst wirklich nachhaltig, wenn mit Kleinbussen gefahren wird. Denn erst bei einer Auslastung von 6 Personen pro Fahrzeug, werden die Umweltkosten pro Personenkilometer mit denen des Schienenfernverkehrs vergleichbar. Ein normaler PKW mit fünf Plätzen wird also selbst bei voller Auslastung höhere Umweltkosten verursachen als der Zug. Interessant ist auch die Tatsache, dass die Anreise per PKW bei alleiniger Nutzung sogar höhere Umweltkosten als der nationale Flug verursacht. Die niedrigsten Umweltkosten für die Fahrt zum Auswärtsspiel entstehen mit dem Fanbus, da dieser zwar mit 1,0 Cent pro Personenkilometer über dem Fernlinienbus liegt, dafür aber direkt zum Stadion fährt. Gleiches gilt für die Nutzung des Mannschaftsbusses durch die Vereine. Der höhere Betrag kommt durch die Bereitstellung des Fahrzeugs zustande, während der Linienbus meist optimiert genutzt wird und Leerfahrten vermieden werden. Damit die Fahrt zum Auswärtsspiel auch sozial nachhaltig ist, sollten Busunternehmen ausgewählt werden, bei denen die Fahrer:innen nach Tarif bezahlt werden und betriebliche Mitbestimmung garantiert wird. Die Nutzung von Unternehmen, die über