Briefe in die Heimat von 1941 bis 1944/45. Berthold von der Eltz

Briefe in die Heimat von 1941 bis 1944/45 - Berthold von der Eltz


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Zunächst im Voraus meinen besten Dank für das Päckchen. Hoffentlich lässt es nicht lange auf sich warten, denn so eine Nebenkost ist doch immer sehr willkommen. Gestern zum Beispiel bekam ich ein Päckchen von Tante Lotte und am Abend war der Inhalt des Päckchens schon vertilgt. Auf das Gebäck und die Süßigkeiten ist man ja sozusagen wie versessen, da uns ja beim Militär solche Abwechslungen in der Kost nicht geboten werden. Bis jetzt hatten wir noch keinen Ausgang gehabt, und die Sonntage in der Kaserne verbraucht. Doch nächsten Sonntag, geht die Kompanie geschlossen zum Hermannsdenkmal, wo von der gesamten Kompanie eine Aufnahme als stete Erinnerung an unsere Rekrutenzeit gemacht wird. Der Tag wird noch verschönert, indem wir in ein Café einkehren und dort Kaffee und Kuchen erhalten. Dazu spielt natürlich unsere Hauskapelle und wo die erscheint, gibt es immer Stimmung. Heute erhielt ich ebenfalls noch eine erfreuliche Nachricht, dass Erna und Ewald mich am Sonntag besuchen wollen und ich will versuchen, an diesem Tag auch Ausgang zu bekommen. Wir können dann allein zum Denkmal hinauf gehen und sie werden dann auch mal meine Kameraden kennenlernen. Bei uns ist es zurzeit saukalt, die Temperatur ist ganz und gar nicht zum Exerzieren geeignet. Doch wenn es gar zu kalt ist, gehen wir auf die Stube oder Unterrichtsraum und kloppen dort unserer Griffe. Bei »Tempo 3« weicht sogar die grimmigste Kälte und wir beginnen dann so allmählich zu schwitzen wie die Affen. Bis der Griff endlich mal in der Einigkeit klappt, fließt noch mancher Schweißtropfen. Lieber Papa, Du weißt ja auch Lieder davon zu singen. Nun noch was Geschäftliches. Am 13.12.1941 hatte ich 14,- RM an die Bank abgeschickt, doch noch keinen Auszug darüber bekommen. Habt Ihr ihn vielleicht zu Hause? Wenn ja, dann schickt mir bitte ihn und den Jahresabschluss.

      Seid nun alle recht herzlich gegrüßt

      Arnold

      PS: Ich habe kein Briefpapier mehr, deshalb kann ich nicht mehr schreiben.

       Abmarsch vom Hermannsdenkmal am 18.01.1942 (2. Zug). Der Dritte von rechts ist Arnold.

      Detmold, Samstag, den 24.1.1942

      Liebe Eltern und Bringfriede!

      Soeben erhielt ich Euren lieben Brief und möchte ihn gleich beantworten. Also, Hermann ist in Deutschland und welch eine Freude muss das doch für Bringfriede und Euch gewesen sein, als diese Nachricht ankam. Wie oft habe ich schon während meiner Soldatenzeit an Hermann gedacht und habe ihm oft gewünscht, aus diesem Russland rauszukommen, da ihm bestimmt die körperlichen Strapazen nicht leichtgefallen sind. Und, als ich den Brief gelesen hatte, kam mir unwillkürlich der Gedanke, ob ich ihn nicht mal besuchen kann, denn soweit wird das ja von hier nicht sein. Was wäre das eine Freude für Hermann und mich, wenn ich tatsächlich eines Tages zu ihm fahren könnte. Ihr glaubt ja gar nicht, wie auch ich mich freue, dass Hermann nicht mehr in Russland sein muss.

      Liebe Eltern, nun möchte ich mich noch über das reichhaltige Päckchen bedanken, dass diese Woche angekommen ist, besonders der Kuchen hat mir viel Freude bereitet. Doch für einen hungrigen Soldaten ist ja so ein Kuchen viel zu klein und wenn man mich da nicht bremsen würde, wäre vom Kuchen in fünf Minuten nichts mehr da. Liebe Mutter, Du hast Dich daheim so oft über meinen guten Appetit gewundert, doch wenn Du mich hier essen sehen würdest, ständen Dir die Haare zu Berge. Vier Teller beim Mittag- und Abendessen sind an der Tagesordnung und diese Menge reicht oft doch noch nicht aus, um mich sattzubekommen. Na ja, nach dem einen Monat Ausbildung, beginnt ja der ruhigere Dienst und der Appetit wird dann doch etwas nachlassen.

       Arnold freut sich über den Inhalt eines Pakets von zu Hause – endlich Kuchen!

      Heute hat es bei uns angefangen, zu schneien, und ein eisiger Wind fegt von Osten her, doch der wird uns heute nicht auf der Bude festhalten, denn heute haben wir Ausgang und wir werden uns mal Detmold ansehen. Schade, dass heute Erna nicht kommt. Diesmal wäre unsere Zeit nicht so knapp bemessen als vor acht Tagen und wir wären an niemanden gebunden. Ich werde jedenfalls versuchen, sobald als möglich nach Herford zu kommen. Vielleicht wenn Erna Hochzeit hat? So, jetzt ist es Zeit in die Stadt zu gehen, denn wir wollen uns noch viel von Detmold ansehen.

      Herzliche Grüße sendet Euch

      Arnold

      PS: Schickt mir bitte im nächsten Brief etwas Stopfwolle mit, ich kann sie gut gebrauchen. Schreibt mir bitte auch etwas Genaueres über Hermann.

      Detmold, Montag, den 26.1.1942

      Liebe Eltern und Bringfriede!

      Heute steht mir etwas mehr Zeit zur Verfügung, um Euch etwas ausführlicher zu schreiben. Um nochmals auf das Päckchen zurückzukommen, der Speck hat mir ganz prima geschmeckt. Doch möchte ich Euch bitten, mir so etwas nicht mehr zu schicken. Denn Ihr müsst Euch ja das Essen vom Mund absparen und das möchte ich ganz bestimmt nicht haben. Wir bekommen ja hier auch unsere Verpflegung. Ihr habt mich doch sicher richtig verstanden? In Eurem Brief schreibt Ihr auch, dass Erna nun bald heiraten will und wir uns bei dieser Gelegenheit vielleicht sehen werden. Eins kann ich Euch sagen, dass ich mir ein Wiedersehen schon oft im Stillen gewünscht habe, und auch sehr oft mit den Gedanken bei Euch verweile. Fast jede Nacht träume ich davon und oft meinte ich im Halbschlaf, wenn irgendein Kamerad im Dunkeln sich durchs Zimmer tastet, die Schritte von Papa zu hören.

      Lieber Papa, wie gerne würde ich mich jetzt mal wieder mit Dir unterhalten und uns gegenseitig von Deiner und meiner Soldatenzeit erzählen. Auf diese Stunde freue ich mich schon heute ganz besonders. Vielleicht liegt diese Stunde nicht mehr fern, wenn Ihr zu Ernas Hochzeit kommt. Vorausgesetzt, dass diese noch vor dem 25. Februar ist, denn bis dahin ist unsere Ausbildungszeit zu Ende und wir werden dann sicher versetzt werden. Wie schnell wird auch dieser Monat vorüber sein, und wir Kameraden müssen wieder voneinander Abschied nehmen. Das wird uns alle bestimmt nicht leichtfallen, denn bei uns auf der Stube herrscht eine prima Kameradschaft. Das kommt ja auch daher, dass wir fast alle aus einer Gegend sind und denselben Dialekt sprechen. Saarländer und wir von der Nahe haben uns ja schon immer gut verstanden. Bei uns zeigt sich jetzt der Winter von seiner strengsten Seite mit Schneegestöber und einer saumäßigen Kälte und bei dieser Witterung ist es nicht gerade angenehm zu exerzieren. Doch unsere Vorgesetzten haben genug Mittel, um uns warm zu machen, bei –24 Grad Kälte ist ja so etwas auch unbedingt notwendig und es ist keine Seltenheit, dass wir trotz dieser Kälte anfangen zu schwitzen. Damit verbunden ist es ja auch Wunder, dass mein Appetit, wie schon im vorigen Brief erwähnt, so ungeheuer groß ist und manchmal die Brotration einfach nicht reicht. Dann beginnt meistens der Handel, dass die Zigarettenmarke gegen Brot oder Butter getauscht wird oder man verschafft es sich auf eine andere Art, aber keine Bange, ich rauche natürlich nicht. Jedenfalls lernt man beim Militär, sich in jeder Lage zu helfen.

      Gestern waren wir zum ersten Mal allein in der Stadt. Doch die Kälte nahm uns die Lust, die Stadt anzusehen. So saßen wir denn auch bald in einem gemütlichen Café und ließen es uns bei Kaffee und Kuchen gut schmecken. Ist nächsten Sonntag wieder Ausgang, dann werde ich Erna frühzeitig in Kenntnis setzen, denn auf Sonntagsurlaub für Herford ist doch noch nicht zu rechnen.

      Herzliche Grüße sendet Euch, liebe Eltern und Bringfriede

      Euer Arnold

      Detmold, Sonntag, den 1.2.1942

      Liebe Eltern und Bringfriede!

      Schon wieder sind nun acht Tage vergangen, seit ich Euch das letzte Mal schrieb, und in ungefähr drei Wochen wird unsere Ausbildung zu Ende sein. Jeder ist nun gespannt, wohin er versetzt wird. Ich habe gehört, dass die Bombenschützen auf der Insel Rügen ausgebildet werden. Die Entfernung zwischen mir und Euch wäre dann noch größer. Doch damit wäre die Freude auf den ersten Urlaub umso größer. Durch diese Versetzungen lernen wir ja auch unser Heimatland kennen, und als junger Mensch wünscht man sich ja gerade weit in der Welt herumzukommen.

      Es steht als nun endgültig fest, dass ich als Bombenschütze zum fliegenden Personal komme und meine Freude hierüber stieg um so mehr als ich hörte, dass nun ungefähr ein Fünftel der gesamten Kompanie zum fliegenden Personal kommen. Ein Stubenkamerad von mir, ein Saarländer aus Neunkirchen, wird auch Bombenschütze und wir freuen uns nun schon darauf, zusammen auf eine Schule versetzt zu werden, da gerade wir beide uns gut verstehen.


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