Briefe in die Heimat von 1941 bis 1944/45. Berthold von der Eltz

Briefe in die Heimat von 1941 bis 1944/45 - Berthold von der Eltz


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Drohung und die Folge davon wäre natürlich eine Wiederholung des Lehrgangs gewesen. Übrigens, unser Gruppenführer ist ein prima Kerl. Ihr werdet ihn ja auf den Bildern, die ich Euch schicke, kennenlernen. Er war zu jeder Zeit gerecht und wir haben ihn nur als grundanständigen Vorgesetzten kennengelernt, ebenso unseren Zugführer. Mit solchen Vorgesetzten mach man auch gerne Dienst und führt freudig jeden vernünftigen Befehl aus. Heute hatten wir einen ganz faulen Tag gehabt. Man merkt sofort, dass der Lehrgang nun zu Ende ist. Doch heute hat uns der Hauptfeldwebel bei der Parole noch mitgeteilt, dass wir uns die nächsten Tage wundern werden und uns die Tage bis zu Versetzung im Gedächtnis bleiben würden. Aber so was kann uns als »alte Soldaten« nicht mehr erschüttern, dafür haben wir das schon so oft mitgemacht, sodass man allmählich stur wird und unsere Bewegungen mit der einer Maschine vergleichbar sind – nie im Tempo schneller werden, mag der Vorgesetzte noch so toben – es geht einfach nicht schneller. Was sind wir in den ersten Tagen gelaufen, sodass unsere Socken anfingen zu qualmen. Doch mit der Zeit lernten wir auch das Einheitstempo. Lieber Papa, in Deiner Ausbildung als Soldat, wird es genauso gewesen sein, denn damals wie heute bleibt doch die Ausbildung gleich. Unsere Versetzung wird sich leider wegen des blöden Scharlachs noch etwas verschieben, vielleicht bietet sich mir dadurch doch noch einmal die Gelegenheit, Erna zu besuchen. Nur wäre mir lieber, liebe Eltern, wenn wir bald versetzt werden würden.

      Liebe Mutter, wenn es Dir Umstände bereitet mir Rauchwaren zu besorgen, so verzichte ich gerne darauf, denn ich habe ja direkt kein Interesse daran und wenn ich mal Brot brauchen sollte, bekomme ich es auch auf eine andere Art, ansonsten schickst Du mir ja größtenteils das, was mir so fehlt. Liebe Eltern, für heute muss ich Schluss machen, denn gleich ist Zapfenstreich.

      Herzliche Grüße sendet Euch

      Euer Arnold

      PS: Viele Grüße an Hermann und schreibt ihm, dass ich sehr oft an ihn denke!

      Detmold, Sonntag, den 22.2.1942

      Liebe Eltern, liebe Bringfriede!

      Wie ich schon im vorigen Brief erwähnte, haben wir nun nach der Besichtigung mehr Freizeit und ich kann Euch mal wieder schreiben.

      Wir haben nun schon ein paarmal aus erfahrener Quelle gehört, unser Spieß hat es auch schon angedeutet, dass sehr wahrscheinlich diese Woche unsere Versetzung stattfinden wird. Einerseits habe ich mich darüber sehr gefreut, denn dieses Leben hier gefällt mir auf die Dauer doch nicht, da es verlorene Zeit ist die wir hier noch verbringen. Vor der Versetzung hätte ich aber gerne noch mal mit Erna gesprochen. Ich hatte mir ja fest vorgenommen, sie nach der Besichtigung mal unverhofft zu besuchen, doch wurde bis jetzt die Horstsperre noch nicht aufgehoben. Diese Woche soll sie erst vorüber sein, und deshalb ist es zu spät für einen Besuch. Liebe Mutter, hoffentlich kommen noch vor meiner Versetzung die beiden Pakete an. Pakete die per Express geschickte werden, sind in zwei Tagen hier. Doch die Post ist in dieser Beziehung ja etwas langsam. Jedenfalls möcht ich mich vorher wieder recht herzlich bedanken.

      Liebe Eltern, ich glaube, ich musste erstmal zum Militär kommen, um Vater und Mutter so richtig schätzen zu lernen. Denn an den zahlreichen Paketen erkennt man erst richtig die Fürsorge und Liebe, die Ihr mir entgegenbringt. Ich frage mich manchmal, wie ich nur daheim immer darüber hinwegsehen konnte, denn da empfand ich das alles doch als eine Selbstverständlichkeit. Darüber habe ich mir hier sehr viele Gedanken gemacht. Glaubt mir, ich freue mich schon heute riesig auf den ersten Urlaub, wenn ich Euch mal wieder sehen und sprechen kann. Doch ich werde mich wohl noch mehrere Monate gedulden müssen und erstmal was bei den Soldaten geleistet haben, ehe ich mit Urlaub kommen kann. Jedenfalls sind ja die ersten drei Monate so schnell vergangen und ich glaube, die kommende Zeit vergeht genauso schnell.

      Liebe Bringfriede, Du wirst nun Hermann nach langer Trennung mal wieder sehen. Auch mich freut es außerordentlich, dass Hermann Dich bat, ihn zu besuchen. Ich wünsche Dir nur, dass Du ihn gesund und kräftig antriffst und ihm vielleicht auch den Gedanken austreibst, sich so schnell wie möglich wieder an die Front zu melden. Ich wünsche Hermann nur alles Gute und hoffe, dass ihn auch weiterhin sein Glück so begleiten wird wie bisher. Liebe Eltern, ich möchte meinen Brief schließen in der Hoffnung, bald wieder was von Euch zu hören.

      Viele Grüße sendet Euch

      Euer Arnold

      PS: Liebe Mutter, schicke mir doch bitte so schnell wie möglich, mal wieder ein ­Messer. Bei meinem alten Messer ist der Griff abgebrochen. Schicke mir doch diesmal ein Messer mit Metallgriff.

      Detmold, Dienstag, den 24.2.1942

      Liebe Eltern und Bringfriede!

      Will Euch kurz ein paar Zeilen schreiben. Es steht nun endgültig fest, dass wir diese Woche versetzt werden. Wohin? Das wissen wir bis jetzt noch nicht. Jedenfalls freue ich mich endlich von hier wegzukommen, denn dann wird der zweite Teil meiner soldatischen Ausbildung kommen. Wir werden ab dann das lernen, was wir später bei der Luftwaffe auch verwerten können. Nun möchte ich Euch bitten, mir nicht eher zu schreiben, bis ich Euch meine neue Adresse mitgeteilt habe. Hoffentlich kommt Euer Paket noch vor meiner Versetzung an – sonst wird es wieder an Euch zurückgeschickt.

      Liebe Eltern, für heute sendet Euch die herzlichsten Grüße

      Euer Arnold

      Detmold, Sonntag, den 1.3.1942

      Liebe Eltern und Bringfriede!

      Nun ist es doch anders gekommen, als ich gedacht habe, nämlich, ich sitze noch immer in Detmold. Zwar sind nun schon viele Kameraden versetzt werden oder werden in den nächsten Tagen versetzt, doch wann die Bombenschützen wegkommen, ist noch nicht bekannt. Dieses faule Leben hier wird mir so langsam unerträglich. Lieber mache ich doch Dienst, als auf der Stube herum zu sitzen. Es ist doch ein komisches Gefühl, wenn jetzt ein Kamerad nach dem anderen uns verlässt, um ihn im Leben nie wieder zu sehen. Dann erkennt man auch erst, wie tief die Kameradschaft schon in diesen drei Monaten gewurzelt hat. Wer weiß, ob man auf der neuen Dienststelle noch mal mit solchen Kameraden zusammenkommt. Dass wir keinen Dienst mehr machen, beginnt sich so allmählich an der Kleidung bemerkbar zu machen. Die Hose will plötzlich nicht mehr passen, denn da, wo früher eine Hand bequem Platz hatte, geht kaum noch eine Stecknadel hin und trotzdem will die Verpflegung manchmal doch nicht reichen. Trotzdem sich mein Küchenzettel vergrößert hat und ich die in der Küche beim Mittagessen organisierten Kartoffeln, jeden Abend auf unserem Ofen brate. Diese selbst gemachten Bratkartoffeln schmecken doch besser als alles andere. Diese Woche konnte ich meine Kartoffeln mit Eurem Speck noch schmackhafter machen und ich sage Euch, es schmeckt wie daheim. Ja, so ist das, liebe Eltern, ein Soldat weiß sich immer zu helfen. Zum Beispiel wie die Bratpfanne auf unsere Stube kam, ist mir immer noch ein Rätsel – die Hauptsache ist, dass eine da ist.

      Liebe Eltern, gestern erhielt ich Euer Päckchen mit dem Kuchen, der Wurst und der Milch. Herrlich war das, wieder mal am Sonntagmorgen weißen Kaffee und Kuchen zu haben. Ich glaube, meine Kameraden haben mich alle darum beneidet.

      In Deinem letzten Brief schreibst Du, liebe Mutter, das Papa mit Bringfriede Wein holen war – ich möchte, Papa, nur sagen, dass wir beide dann auf meinem ersten Urlaub mal gemeinsam die Gegend bereisen/bewandern und die bekannten Wirtschaften aufsuchen werden. Ich habe gerade furchtbare Lust auf ein Glas Nahewein. Also, lieber Papa, daran gibts heute nichts mehr zu zweifeln. Ich sehe Euch heute im Geiste mit Erna nach Monzingen oder Meddersheim wandern und beim Wein sitzen und Euch gemütlich unterhalten und lachen. Was gäbe ich darum, wenn ich mal wieder dabei sein könnte!

      Das heutige Wetter muss ja zu einem Spaziergang geradezu verlockend gewesen sein. Endlich beginnt es doch mal zu tauen und es wird wieder wärmer. Das sind doch die ersten Anzeichen des nahenden Frühlings, den ich mir noch nie so herbeigesehnt habe, wie dieses Jahr. Nun kann auch Bringfriede zu Hermann fahren und sich persönlich nach seiner Krankheit erkundigen – war sie vielleicht schon bei ihm? Ich wünsche Hermann nochmals alles Gute und hoffe, dass er sehr bald Genesungsurlaub bekommt, damit er mal wieder seine Familie sehen kann. Was machen denn eigentlich Gisela und Jürgen? Macht Gisela noch fleißig ihre Schularbeiten? Sie soll doch mal einen Brief an mich schreiben, denn ich bin doch mal gespannt, ob sie das schon fertigbringt. Jürgen wird sich auch in den drei Monaten sehr verändert haben. Wenn ich ihn mal wieder sehe, werde ich ihn kaum noch erkennen.


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