Der Sultan von Karisi. Felicitas Dakota

Der Sultan von Karisi - Felicitas Dakota


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Bettler näherte sich dem Brunnen, sah ihn an und streckte seine Hand nach dem Wasser aus. Er ließ es auf seine Hand rieseln, dann streckte er langsam seine Hand in den Brunnen. Es war weder heiß noch eisig kalt, wie die Leute erzählten. Er wunderte sich darüber und griff nochmal in das Wasser. Dann schoss eine riesige Fontäne hoch. Dadurch wurden die Wachen wach und der König rann so schnell er konnte zum Brunnen. Die Wachen hielten den Bettler auf. Der hielt still und versuchte nicht mal zu entkommen. Der König kam atemlos angerannt und fragte, wer er sei und wieso er in das Wasser greife. Er sah ihn müde an und sagte:

      „Meine Mutter sagte mir am Sterbebett, suche den Brunnen der Wahrheit, dann findest du deinen Vater. Und ein jeder erzählte von dem Wunderbrunnen. Also musste ich ihn mir ansehen und griff hinein. Es ist weder heiß noch eisigkalt.“

      Der König und die Wachen sahen den Bettler verwundert an. Dann zog er ihm die Kapuze vom Kopf. Der König erschrak, denn er sah sich als jungen Mann vor sich stehen.

      „Wie hieß deine Mutter?“

      „Fatma Abdallah.“

      „Und wie heißt du?“

      „Kasim Abdallah.“

      Alle sahen die beiden an und wussten nicht, was sie tun sollten. Der König sagte:

      „Mein Name ist Kasim Abdallah - Sultan von Karisi. Doch keiner weiß meinen Vornamen. Nur die Frau, die ich sehr liebte und die dann verschwunden war. Dann musst du mein Sohn und Nachfolger sein, denn sonst kann keiner in den Brunnen greifen, ohne dass ihm etwas passiert.“

      Er umarmte ihn und sagte:

      „Willkommen zu Hause mein Sohn!“

      Die Wachen legten die Waffen weg und verneigten sich vor dem Sohn des Königs. Und der Brunnen freute sich mit und schoss eine Fontäne hoch.

      „So und jetzt schlaft Ihr und morgen erzähle ich euch weiter. Die Kinder drehten sich um, sagten ‚Gute Nacht‘ und schliefen ein. Ihre Mutter drehte das Licht ab und dachte an die Zeit, als sie den Vater ihrer Kinder kennenlernte. Es war eine schwere Zeit.

      Dr. Eva Evans war eine der besten Urologinnen ihrer Zeit. Nur gab es ein Problem, sie war eine Frau und der Sultan1 von Karisi bestand auf dem Besten. Aber in der arabischen Welt galt eine Frau nichts, nicht mal als Arzt. Dr. Meier war auch gut, doch weitaus nicht so gut wie sie. Sie war eine Koryphäe mit ihren erst 35 Jahren. Sie hatte ihr Studium in kürzester Zeit und mit Bravour abgeschlossen. Und sich als Urologin einen Namen gemacht. ‚Wieso?‘, fragten sie viele. Sie konnte es nicht sagen.

      „Einfach so, weil da gerade wer fehlte.“

      Doch sie wusste es besser, wieso sie dieses Fach nahm.

      ***

      Der Sultan war schon vor fünf Jahren hier in Deutschland gewesen und hatte sich untersuchen lassen. Er hatte einen verkrümmten Penis. Es war noch nicht so arg, aber er bekam hin und wieder Probleme beim Geschlechtsverkehr und das war in seiner Welt ein riesiges Problem. Er wollte sich schon operieren lassen, damit er sich nicht weiter verkrümmte. Doch dann musste er abreisen, denn sein Vater lag im Sterben und er musste sofort zurück. Er bekam Tabletten und eine Therapie verordnet. Sie sollten ihm helfen, bis er sich später operieren lassen konnte. Die Tabletten konnte er sich auch zu Hause besorgen, das mit der Therapie klappte nicht. Jetzt waren fünf Jahre vergangen und er meldete sich wieder. Aber er konnte nicht von zu Hause weg. Er musste sein Reich und den Palast verteidigen. Ansonsten würde er nicht mehr in seine Heimat zurückkehren können. Denn sein Cousin machte ihm schon den Platz streitig.

      Also musste man ein Ärzteteam hinschicken. Doch der beste Arzt war eine Ärztin, eine Frau. Wie sollte man das machen? Man wollte schon einen anderen Spezialisten schicken, doch der hatte zu viel Angst, dass ihm etwas passieren könnte. Er hatte auch Bedenken, in einer Primitivkultur mitten in der Wüste zu operieren. Der Sultan hatte schon einen Operationssaal bauen lassen. Mit der besten Ausstattung und allen Schikanen. Er war reich, sehr reich. Man erzählte sich, dass er die größte Diamantenmine und auch andere Edelsteine besäße. Darum konnte er es sich auch leisten, selber einen eigenen Operationsaal zu bauen und sich die besten Ärzte schicken zu lassen. Bis jetzt war jedoch noch kein Arzt gut genug gewesen. Er schickte sie alle ohne Bezahlung zurück. Einzig die Reise wurde bezahlt. Also musste sich sein Zustand sehr verschlechtert haben.

      ***

      „Ich fahre hin! Verkleide mich als Mann und senke meine Stimme. Dann werden sie nichts merken. Operiere ihn und fahre dann als reiche Frau zurück“, sagte Dr. Evans.

      Man wollte es ihr ausreden.

      „Was ist, wenn sie draufkommen und dich töten! Dann ist alles vorbei!“

      „Nein! Er will den Besten und der Beste bin ich! Er kann nicht anders, als mich operieren zu lassen. Wenn, dann muss er mich hinterher umbringen lassen. Dann ist er wenigstens operiert und die anderen dürfen nach Hause.“

      „Denkste! Der bringt sicher alle um! Weil wir ihm eine Frau vorsetzen!“

      „Nein wird er nicht, denn ich habe noch einen Trumpf im Ärmel!“

      „Und welchen?“

      „Ich bin eine Frau!“

      „Aber du weißt nicht, was er mit einer Frau machen kann und wird!“

      „Das ist mir egal, aber ich will ihn operieren! Um jeden Preis! Das wird mein Ansehen noch mehr stärken.“

      Jeder schüttelte den Kopf. Aber was sie sich einmal in den Kopf gesetzt hatte, das brachte sie auch immer durch. Man ließ sie fahren, aber auf ihre eigene Gefahr. Sie wollten hinterher keine Schuld haben.

      Eva packte also ihre Sachen, nahm noch Bücher und ihre Operationstasche mit. Dr. Meier und Dr. Weck fuhren als Unterstützung mit. Dr. Weck war Anästhesist und Dr. Meier musste sie bei der Operation unterstützen. Man schrieb ihm wer kommt, aber nicht, dass eine Frau dabei war, denn sonst würde er sie gar nicht erst zu ihm lassen.

      Der Flug verlief gut. Auf dem Flughafen zog sich Eva noch um, damit sie aussah wie ein Mann. Sie hatte heute auch deswegen kein Make-up aufgetragen. Sie brauchte auch sonst nicht viel Make-up.

      Am Flughafen wurden sie von einem Araber abgeholt, der sie zu den Kamelen brachte. Denn mit einem Auto war der Palast nicht zu erreichen. Nur mit Pferden oder mit einer Karawane. Ihre Sachen hatte sie gut eingepackt, dass ja kein Sand hereinkam. Die Karawane brauchte einen Tag, bis sie beim Sultan eintraf. Sie wurden aber bereits vorher von einem Reitergeschwader abgeholt und mit Pferden zum Sultan gebracht.

      Keiner der Ärzte konnte reiten und war auf das Abenteuer nicht gefasst. Der Ritt tat ihnen nicht gut und hinterher schmerzte ihnen allen der Hintern.

      Sie wurden sofort in ihr Quartier gebracht, bis sie von einem anderen Diener abgeholt und zum Sultan gebracht wurden. Man merkte ihm seinen Reichtum nicht an. Es war alles schlicht gehalten. Nur der Palast war riesig. War er überhaupt so reich?

      Omar2 Sadek, sein persönlicher Diener, hatte sie mit den Reitern abgeholt und stand jetzt beim Sultan.

      „Guten Abend die Herrschaften. Bitte setzen Sie sich und nehmen Sie mit uns das Abendessen ein.“

      Der Sultan saß am Ende des Tisches. Dr. Meier setzte sich links von ihm und Dr. Weck rechts von ihm. Dr. Evans nahm neben Dr. Meier Platz. Omar blieb stehen. Dann wurde aufgetragen. Der Sultan hatte sie mit einem Nicken begrüßt. Er war so um die 35. Man konnte ihn schwer schätzen. Der Turban saß tief und der Bart versteckte auch mehr, als er vom Gesicht preisgab. Er beobachtete die drei ‚Männer‘ aufmerksam. Omar übersetzte alles, was der Sultan oder die drei ‚Männer‘ sagten. Es sprachen jedoch immer nur Dr. Meier und Dr. Weck. Bevor das Essen zu Ende war, ließ der Sultan fragen, wieso ‚der junge Arzt‘ so wenig aß.

      „‘Er‘ hat den Flug und die Reiterei nicht gut vertragen. Darum ist ‚ihm‘ noch schlecht“, erzählte Meier.

      „Und wieso spricht ‚er‘


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