Migration|Integration|Exklusion - Eine andere deutsch-französische Geschichte des Fußballs. Группа авторов

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knapp umreißen, um damit erste Pflöcke einzuschlagen in ein transnationales Themenfeld mit Zukunft.

      Sammelband, Kapitel und Beiträge

      Auf den noch immer gültigen Tatbestand kaum existierender zeithistorischer Forschungen über fußballerische Aktivitäten von süd- und südosteuropäischen Arbeitsmigranten der langen 1960er Jahre in transnationaler deutsch-französischer Perspektive geht ein laufendes Saarbrücker DFG-Postdoc-Projekt zurück;1 ebenso die internationale wie interdisziplinäre Tagung „Migration│Integration│Exklusion – Spannungsfelder einer deutsch-französischen Gesellschafts- und Kulturgeschichte des Fußballs in den langen 1960er Jahren“, die vom 4. bis zum 6. Juli 2018 im Graduate Centre der Universität des Saarlandes stattgefunden und als Grundlage der vorliegenden Aufsatzsammlung gedient hat.2

      Ziel war es, die aktuellen öffentlichen und fußballinternen Debatten zu Fußball und Migration zu historisieren, um auf der Folie gesellschafts- und kulturgeschichtlicher Rahmungen strukturelle Integrationspotentiale und Exklusionsrisiken fußballerischer Praktiken im Amateur- wie Profi-Bereich für die langen 1960er Jahre herauszuarbeiten. Die schriftlichen Fassungen der damaligen Vorträge – ergänzt um einen zusätzlichen einschlägigen Artikel – haben Eingang in die vorliegende Aufsatzsammlung gefunden und sind auf drei Kapitel verteilt. Die ersten beiden Kapitel konzentrieren sich weitgehend auf die langen 1960er Jahre und beleuchten den Kernzeitraum des Bandes zunächst unter deutsch-französischen Vergleichsprämissen, dann eher als Einzelländeranalysen zu Westdeutschland, Luxemburg und Österreich; das dritte Kapitel greift Fußball und Migration aktualitätsorientierter, vornehmlich aus sozialwissenschaftlicher Sicht auf und legt den räumlichen Fokus wieder primär auf den deutschen bzw. französischen Fall.

      Fußball & Migration zeithistorisch I – Deutsch-französische Blicke

      Im ersten zeitgeschichtlich dimensionierten Kapitel „Deutsch-französische Blicke“ unterstreicht Dietmar Hüser (Saarbrücken) noch einmal den Mangel an transnationalen empirischen Studien zur Rolle freizeitkultureller und fußballerischer Betätigung für die Integration von Arbeitsmigranten im Frankreich und Westdeutschland der langen 1960er Jahre. Aus den jeweils nationalen fußball- und migrationshistorischen Forschungsansätzen, die überhaupt zur Thematik vorliegen, filtert der Artikel erste Erkenntnisse heraus und rückt diese in eine vergleichsgeschichtliche Perspektive. Dabei zeigen sich bereits deutlich mehr deutsch-französische Ähnlichkeiten in den Chancen und Schranken, die migrantisches Fußballspielen und Vereinsleben vor Ort für mögliche Integrationsprozesse mit sich brachte, als dies Divergenzen in respektiven Einwanderungstraditionen, Gelegenheitsstrukturen und politisch-kulturellen Kontexten suggerieren. Anders als Politik- und Verbandskreise gern verlauten lassen war Integration durch Sport in beiden Ländern ein komplexer, ein vielfach indirekter – und weniger durch die Praktiken als solche angeregter – Prozess, den ein meist vorübergehendes Spielen in „Migrantenclubs“ weniger behindert als befördert hat und dessen Verlauf stark von den mehrheitsgesellschaftlichen Kontexten abhingen.

      Mit der Gründungsgeschichte bürgerlicher Fußballvereine und dem Inszenierungspotential des Ballsports im saarländisch-lothringischen Grenzgebiet vor und nach dem Ersten Weltkrieg beschäftigt sich Bernd Reichelt (Ulm) in seinem Beitrag. Schon damals hat sich Reichelt zufolge der Fußball auf die Gesamtgesellschaft ausgewirkt und – statt integrativ zu wirken – bestehende Spaltungen tendenziell verfestigt: Einerseits hat der Wechsel des territorialen Status und der nationalstaatlichen Zugehörigkeit in den Grenzregionen auch die etablierten fußballerischen Strukturen radikal in Frage gestellt, andererseits blieb die transnationale Kontaktpflege ganz eng an die politischen Konjunkturen zwischen Paris und Berlin geknüpft. Gezeigt wird, wie das Auf und Ab im Spielverkehr von saarländischen und französischen Teams in den 1920er und frühen 1930er Jahren auch eine Chiffre für die deutsch-französischen Beziehungen auf diplomatischer Ebene bildete.

      Ebenfalls auf der regionalen Ebene, anhand eines Vergleichs zwischen dem Ruhrgebiet und dem nordfranzösischen Kohlerevier untersucht Diethelm Blecking (Freiburg) in seinem Artikel transnationale Zusammenhänge von Fußball und Migration. Er zeigt auf, dass sich in beiden Ländern die gleiche – wenn auch zeitversetzte – Entwicklung vollzogen hat, zu deren Beginn Fußball erst als Vehikel ethnischer Abgrenzung diente und Integration in die Mehrheitsgesellschaft eher hemmte als förderte. Hier wie dort waren dann für die späteren Integrationsprozesse der „Migrantenkinder“ nicht Faktoren wie nationale Herkunft oder religiöse Zugehörigkeit bestimmend gewesen, sondern die spezifischen sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen, die vielfach eine weitgehende Assimilierung generiert haben: bis hin zu Namensänderungen wie etwa bei Raymond Kopa(szewski), der von 1957 bis 1959 mit Real Madrid dreimal den Europapokal der Landesmeister gewann und 1958 den ballon d'or als bester Fußballer Europas erhielt.

      Mit der Presseberichterstattung über internationale Fußballtransfers in den 1950er und 1960er Jahren befasst sich der Beitrag von Jean-Christophe Meyer (Strasbourg): eine Zeit, als einerseits das Spiel in den Medien mehr und mehr Aufmerksamkeit erfuhr, andererseits die Sportstars die Medien als geeignetes Mittel zur persönlichen Selbstvermarktung entdeckten. Bei den quantitativ deutlich zunehmenden Reportagen über internationale Transfers fällt Meyer zufolge besonders auf, dass bei aller Faszination für die Weltläufigkeit der Spitzenfußballer die negativen Assoziationen dominierten: Während Journalisten dauerhafte Vereinstreue trotz internationaler Angebote – wie bei HSV-Mittelstürmer und Nationalmannschaftskapitän Uwe Seeler – mit hochgradiger Anerkennung und Popularität belohnten, sahen sich Spieler, die aus Karriere- oder Verdienstgründen zu Auslandsclubs wechselten, häufig dem Vorwurf ausgesetzt, „sportliche Legionäre“ zu sein.

      Die transnationale Geschichte des malischen Spielers Salif Keïta analysiert Alexander Friedman (Saarbrücken) in seinem Aufsatz. Salif Keïta war Afrikas Fußballer des Jahres im Jahre 1970 und absolvierte in den späten 1960er und 1970er Jahren eine überaus erfolgreiche Karriere in verschiedenen europäischen Ländern und Ligen: in Frankreich, in Spanien oder auch in Portugal. Einen besonderen Fokus legt Alexander Friedman im Fall Keïta auf die Wechselwirkungen von Sport und Politik sowie auf die Wahrnehmung und Instrumentalisierung des Starstürmers in der Sowjetunion, nachdem sich das Verhältnis zum Bruderstaat Mali, der seit seiner Unabhängigkeit einen streng sozialistischen Kurs verfolgte, durch einen Militärputsch im November 1968 beträchtlich verkompliziert hatte.

      Fußball & Migration zeithistorisch II – Europäische Blicke

      Im zweiten zeithistorisch ausgerichteten Kapitel „Europäische Blicke“ betrachtet zunächst Ole Merkel (Bochum) den nordrhein-westfälischen „Gastarbeiterpokal“ zwischen 1966 und 1972, den Arbeits- und Sozialminister Konrad Grundmann mit der Absicht gestiftet hatte, ausländischen Arbeitnehmern die Anpassung an bundesdeutsche Lebensverhältnisse zu erleichtern. In Presseberichten zum Pokalwettbewerb, dessen Organisation dem Westdeutschen Fußballverband oblag, hat freilich – wie sich zeigen lässt – ein eher abwertend-negativer Unterton dominiert, der kaum mit den realen Vorkommnissen übereinstimmte. Ole Merkel zufolge hat es am guten Willen der NRW-Politik jener Jahre nicht gemangelt: Oftmals aber scheiterte dessen praktische Umsetzung innerhalb der Fußballverbände oder an kommunalen Entscheidungsträgern, die andere Prioritäten setzten und Anfragen ausländischer Mannschaften, vor Ort einen Platz für Training und Spiele zu bekommen, immer wieder dilatorisch behandelt oder abgewiesen haben.

      Mit dem bundesdeutschen Gastarbeiterfußball der langen 1960er Jahre beschäftigt sich Ansbert Baumann (Saarbrücken) und verweist auf dessen beachtliche Eigenständigkeit. Es wird deutlich, dass die Gründungsinitiativen der ersten Vereine stets von den Arbeitsmigranten selbst ausgegangen sind und sich speziell im baden-württembergischen Raum ein hoher Organisationsgrad entwickelt hat: Allein dort entstanden zwischen 1961 und 1971 ein griechischer, ein türkischer, ein italienischer, ein spanischer, ein portugiesischer und ein jugoslawischer Fußballverband mit jeweils regelmäßigem Spielbetrieb. Laut Baumann hat der DFB die autonomen Entwicklungen provisorisch akzeptiert und sich erst später – als Mitte der 1960er Jahre die Vorstellung einer baldigen Rückkehr in die Heimat für einen Teil der Zugewanderten kaum mehr der Realität entsprach – zu einem verbandspolitischen Nachdenken über mögliche Integrationsmaßnahmen aufgerafft. Etliche solcher


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