Der Lizenzvertrag. Michael Groß
Diese Grundsätze der Herstellerhaftung lassen sich jedoch auf den (Patent-)Lizenzgeber nicht ohne weiteres übertragen, so dass eine Haftung des (Patent-)Lizenzgebers gegenüber Letztverbrauchern für ein fehlerhaftes Produkt des Lizenznehmers regelmäßig nicht gegeben ist. Die Herstellung des Lizenzgegenstandes gehört grundsätzlich schon aus dem Gesichtspunkt der Produktnähe zu dem Haftungsbereich des Lizenznehmers, da dieser ein eigenverantwortlicher Hersteller ist. Der Lizenznehmer hat als Hersteller für die fehlerfreie Produktion zu sorgen und – wie jeder Warenhersteller – die Pflicht zur Überwachung der Produktion auf mögliche Fabrikationsfehler usw. Dies ergibt sich fast zwangsläufig, wenn eine Lizenz über einen bisher nicht industriell gefertigten Lizenzgegenstand vergeben wird. Dies gilt aber auch für einen bereits industriell gefertigten Lizenzgegenstand, den der Lizenznehmer für die spezifischen Anforderungen der eigenen Produktpalette anfertigt. In beiden Fällen gehört es zum Aufgabenbereich des Lizenznehmers, den Lizenzgegenstand zur endgültigen Produktionsreife zu führen und evtl. vorhandene Gefahren festzustellen und zu beseitigen. Nach dem ProdHaftG gibt es die Haftung des sog. Quasi-Herstellers und damit des Lizenzgebers. Eine Haftung des reinen Patentlizenzgebers kommt danach aber nicht in Betracht. Anders kann es bei Know-how- und Software-Gebern und damit auch bei gemischten Patentlizenz-/Know-how-/Softwareurheberrechtslizenz-Verträgen sein.22
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Ausnahmen können sich dann ergeben, wenn der Lizenzgeber, der selbst in der vom Lizenznehmer vorgesehenen Art und Weise der Produktion erfahren bzw. tätig ist, es übernommen hat, den unerfahrenen Lizenznehmer bis zum Erreichen der selbstständigen Produktion mit Know-how zu unterstützen. Weist hier das Endprodukt z.B. aufgrund eines Produktionsfehlers Mängel auf, so könnte an eine Haftung des Lizenzgebers zu denken sein, da hier der Lizenzgeber, ähnlich wie ein Konstruktionsbüro oder ein Zulieferer,23 tätig wird, der für den Hersteller bestimmte Sicherheitsprüfungen vornimmt. Hier könnte sich im Einzelfall ergeben, dass der Lizenzgeber die Verantwortung für eine bestimmte Gefahrenlage übernimmt, ähnlich wie z.B. auch den Händler bestimmte Prüfungspflichten aus dem Gesichtspunkt der besonderen Gefahrenabwendungspflicht treffen können.24
Da in den meisten Fällen gemischte Patentlizenz-/Know-how-/Softwareurheberrechtslizenz-Verträge existieren, wird es sich hier nicht um Ausnahmefälle handeln, da der Lizenzgeber als Quasi-Hersteller dafür zu sorgen hat, dass die Produkte, die er dem Markt zuführt, verkehrssicher und Konstruktions-, Fabrikations- und Instruktionsfehler möglichst ausgeschaltet sind.
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Eine Haftung des Lizenzgebers ist unter dem Gesichtspunkt des in Anspruch genommenen Vertrauens auch dann gegeben, wenn infolge der (unbefugten) Anbringung einer Marke oder eines Kennzeichens des Lizenzgebers durch den Lizenznehmer der Eindruck erweckt wird, dass der Lizenzgeber Hersteller sei und der Lizenzgeber sich nicht im Hinblick auf die unbefugte Anbringung seines Zeichens entlasten kann bzw. damit rechnen muss, dass der Benutzer hinsichtlich des von ihm dem Zeichen entgegengebrachten Vertrauens Vorsichtsmaßnahmen unterlässt, die er andernfalls beachten würde.25 Ebenso ergibt sich insoweit eine Haftung des Lizenzgebers in dem Fall, in dem der Lizenznehmer verpflichtet ist, auf dem Lizenzgegenstand zu vermerken, „gebaut in Lizenz von“ oder Ähnliches. Ein solch weitgehender Vertrauensschutz mit der Konsequenz der Haftung des Lizenzgebers als ein Quasi-Hersteller ließ sich nach bisherigem deutschem Recht nicht begründen.26 Der Bundesgerichtshof lehnte daher die Produzentenhaftung (§ 823 Abs. 1 BGB) eines Warenzeichen-Lizenzgebers für die Fehlerhaftigkeit der Produkte, die unter dem lizenzierten Warenzeichen vertrieben werden, im Grundsatz ab.27
Dagegen besteht nach dem ProdHaftG eine Quasi-Herstellerhaftung des (Marken-)Lizenzgebers gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 ProdHaftG.28
4. Vereinbarungen über die Haftung
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Dem Lizenzvertrag haften schon in tatsächlicher Hinsicht zahlreiche Unsicherheitsfaktoren an. Hinzu kommt noch die Unsicherheit in rechtlicher Hinsicht, weil sich weder aus der Rechtsprechung noch aus der Literatur klar ersehen lässt, wofür und in welchem Umfang der Lizenzgeber einzustehen hat. Soweit Schadensersatz in Betracht kommt, kann es sich um große Summen handeln, insbesondere dann, wenn der Lizenznehmer neue Produktionen aufzieht.
Der Lizenzgeber hat daher vor Abschluss des Vertrages genau zu prüfen, wofür er einstehen kann, und sein Risiko abzuwägen. Ist ihm das Risiko zu groß, so kann er es dadurch verringern, dass er versucht, die Haftung durch vertragliche Vereinbarung auszuschließen oder zu beschränken. In welcher Hinsicht sich Einschränkungen empfehlen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Von wesentlicher Bedeutung sind hier u.a. die Erfahrungen des Lizenzgebers mit einer ggf. laufenden Produktion, die Einflussmöglichkeiten des Lizenzgebers auf den Lizenznehmer u.Ä. Feste Regeln lassen sich hier nicht aufstellen.
Allerdings lassen sich neben der wichtigen Frage der Haftung für Sachmängel und Rechtsmängel29 insbesondere noch vier Haftungsbereiche unterscheiden, die geregelt werden können, nämlich die Haftung bei Ansprüchen Dritter wegen Schutzrechtsverletzung, die Haftung für die Neuheit, die Haftung für die Herstellbarkeit sowie die Haftung für die kaufmännische Verwertbarkeit.30
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Bei den Ansprüchen Dritter ist zu regeln, wer die Kosten für den Rechtsstreit zu tragen und evtl. den Schadensersatz zu leisten hat, falls der Lizenznehmer von einem Dritten wegen Schutzrechtsverletzung verklagt wird. Auch über die Kosten eines ggf. sich ergebenden Vergleiches und einer Widerklage kann eine Regelung getroffen werden.
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Hinsichtlich der Haftung des Lizenzgebers für die Neuheit der Erfindung wird häufig ein Haftungsausschluss für den Lizenzgeber vereinbart. Dies empfiehlt sich vor allem auch bei der Lizenzvergabe in Länder, in denen die Schutzrechtssituation unübersichtlich ist. Außerdem ist bei der Frage der Neuheit einer Erfindung bei einem Patent auch zu berücksichtigen, dass nach der Neufassung des Patentgesetzes die Neuheit der Erfindung aufgrund der wissentlichen oder unbeabsichtigten Bekanntmachung wegfallen kann (§ 30 PatG). Für einen solchen Fall wird dem Lizenznehmer meist das Recht zur Kündigung des Vertrages eingeräumt.
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Hinsichtlich der Herstellbarkeit des Lizenzgegenstandes wird meist vereinbart, dass der Lizenzgeber für das Risiko der industriellen Herstellung nicht haftet, sondern das Risiko zulasten des Lizenznehmers geht. Ebenso wird regelmäßig vereinbart, dass das Risiko für die kaufmännische Verwertung ausschließlich vom Lizenznehmer getragen wird. Derartige Haftungen gehören auch nicht zum Risikobereich des Lizenzgebers, da dieser keine oder nur sehr begrenzte Einflussmöglichkeiten besitzt, da er in vielen Fällen die Möglichkeit der industriellen Fertigung selbst nicht abschätzen kann und die kaufmännische Verwertbarkeit zu einem erheblichen Teil auch von den Anstrengungen des Lizenznehmers abhängt.
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Zu betonen ist, dass die Vertragsparteien genau bestimmen sollten, welche Folgen es hat, wenn nach ihren Vereinbarungen eine Haftung gegeben ist. Die Bestimmung der Haftungsfolgen kann sich auch empfehlen, wenn keine inhaltliche Beschränkung der Haftung vorgesehen ist, um dadurch Unklarheiten zu beseitigen. Zu denken ist bei diesen Folgen im Übrigen nicht nur an die Frage eines ggf. zu zahlenden Schadensersatzes, sondern auch an eine Kündigung des Vertrages.
Es sollte auch daran gedacht werden, evtl. eine Haftpflichtversicherung (z.B. Betriebshaftpflichtversicherung) zur Risikoabdeckung abzuschließen. Dann sollte auch geregelt werden, wer die Kosten einer derartigen Versicherung zu tragen hat. Diese Kosten können z.B. von beiden Vertragspartnern getragen oder auch mit Lizenzgebührenzahlungen verrechnet werden, sofern der Lizenzgeber diese Kosten (zunächst) tragen soll.31
13 Vgl. Rn. 331 ff.; Spindler, CR 2015, 766 ff. 14 Vgl. Rn. 291 ff. 15 Vgl. Rn. 304 f., 329. 16 Vgl. Rn. 307.