Der Lizenzvertrag. Michael Groß
werden können.56 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Bundesgerichtshof die rechtmäßige Erklärung einer Partei, sie werde mit Rücksicht auf die aufgetretenen Störungen die Produktion einstellen, nicht als eine Rücktrittserklärung gewertet hat, die die Geltendmachung des Schadensersatzes hätte ausschließen können.57
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Zu der Frage der Haftung aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung hatte der Bundesgerichtshof Stellung genommen.58 Danach stand aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung demjenigen, der einen Lizenzvertrag kündigte, ein Schadensersatzanspruch zu, wenn die Zusammenarbeit durch von einer Partei zu vertretende Umstände unzumutbar wurde und es zu einer gerechtfertigten Beendigungserklärung kam. Der sich hieraus ergebende Schadensersatzanspruch umfasste den durch die Kündigung entstandenen Schaden, schloss aber die Geltendmachung solcher Schäden nicht aus, die vorher aufgrund der die Kündigung veranlassenden schuldhaften Vertragsverletzung entstanden waren.
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Was die Haftung für zugesicherte Eigenschaften betrifft, hatte der Bundesgerichtshof sowohl in seiner Entscheidung vom 11.6.197059 als auch in seiner Entscheidung vom 28.6.197960 darauf verwiesen, dass der Lizenzgeber in entsprechender Anwendung der §§ 463, 538, 581 BGB a.F. zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet ist, wenn die zugesicherten Eigenschaften fehlten. Dabei verwies er in der Entscheidung vom 11.6.1970 darauf, dass dieser Auffassung nicht entgegenstehe, dass ein solcher Anspruch beim Fehlen zugesicherter Eigenschaften eines Werkes mit Rücksicht auf die abschließende gesetzliche Regelung der Gewährleistungsansprüche beim Werkvertrag verneint wird.61 Die Auffassung von Rasch,62 der mit Rücksicht auf das der Auswertung von Erfindungen innewohnende Unsicherheitsmoment im Regelfall einen Schadensersatzanspruch verneinte und den Lizenznehmer auf ein Kündigungsrecht verweisen wollte, wurde der Interessenlage nicht gerecht. Der Lizenznehmer musste sich wegen der erwähnten Risiken bei der Auswertung von Erfindungen auf die Zusicherungen des Lizenzgebers hinsichtlich der Eigenschaften der lizenzierten Erfindung verlassen können. Das rechtfertigte einen Schadensersatzanspruch des Lizenznehmers wegen Nichterfüllung bei Fehlen zugesicherter Eigenschaften. Dabei genügte es, wenn der Lizenznehmer seine Forderung mit den gemachten Aufwendungen begründete, wenn festzustellen war, dass er bei Einhaltung der vertraglichen Zusicherung Gewinn in Höhe dieser Aufwendungen erzielt hätte.63
cc) Ergebnis
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In Literatur und Rechtsprechung waren feste, nachvollziehbare Grundsätze, in welcher Weise der Lizenzgeber für Mängel des Lizenzgegenstandes einzustehen hat, nur schwer feststellbar. Immer wieder wurde versucht, auf Begriffe wie „Treu und Glauben“, „Billigkeit“ und „Natur des Rechtsverhältnisses“ auszuweichen. Selbst wenn der Bundesgerichtshof apodiktisch feststellte, dass der Lizenzgeber, wenn die Brauchbarkeit zu dem vertraglich vorgesehenen Zweck fehlte, aus dem Gesichtspunkt des anfänglichen Unvermögens zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung verpflichtet war,64 wurde dies sofort durch den anschließenden Nebensatz, „sofern sich nicht aus den Umständen des Falles eine andere Risikoverteilung ergibt“, erheblich relativiert. Sicherlich sind abweichende vertragliche Vereinbarungen möglich, die eine andere Risikoverteilung vorsehen können. Aber die Verweisung auf die Umstände des Falles erschien sibyllinisch und öffnete unkontrollierten Billigkeitserwägungen immer wieder Tür und Tor. Dies barg große Gefahren in sich. Es machte den Vertragspartnern fast unmöglich abzuwägen, welche Ansprüche sie bei Mängeln hatten und in welcher Weise und in welchem Umfang sie einzustehen hatten. Neben die Unsicherheit, die sich aus der Materie des Erfindungswesens ergibt, trat noch die Unsicherheit in rechtlicher Hinsicht. Es ließ sich kaum voraussehen, welche Ansprüche unterschiedliche Richter nach Treu und Glauben oder nach Billigkeitsgesichtspunkten für angemessen halten würden.
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In der Literatur wurde der Lizenzvertrag vielfach bei der Beurteilung von Haftungsfragen ohne Weiteres dem Patentkauf gleichgestellt, ohne dass dabei die Unterschiede, die dem Wesen nach zwischen Patentkauf und Lizenzierung bestehen, genügend beachtet wurden, da z.B. selbst bei Vergabe einer ausschließlichen Lizenz nicht die gesamte Rechtsposition an den Lizenznehmer übergeht.
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Ausgangspunkt sollte, wie bereits wiederholt erwähnt, sein, dass der Lizenzvertrag als Dauerschuldverhältnis seinem Wesen nach der Rechtspacht am meisten ähnelt und sich daher die Vorschriften über die Rechtspacht zur analogen Anwendung am besten eignen.65 Auf dieser Grundlage ergab sich Folgendes:
Haftete der Erfindung ein sog. Sachmangel an, für den der Lizenzgeber nach den obigen Ausführungen einzustehen hatte, so war der Lizenznehmer für die Zeit, in der er aufgrund des Mangels sein Recht nicht ausüben konnte, von der Zahlung der Lizenzgebühr frei. Konnte der Lizenznehmer sein Recht zwar ausüben, wurde die Ausübung durch den Mangel jedoch beeinträchtigt, so war er nur zur Entrichtung einer geminderten Gebühr verpflichtet.66 Hierbei war die Lizenzgebühr in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem der Wert des Lizenzgegenstandes in mangelfreiem Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden hätte.67 Ließ sich der Wert des Lizenzgegenstandes in mangelfreiem Zustand nicht ermitteln, was bei Erfindungen nicht selten der Fall sein wird, so musste im Streitfall die geminderte Lizenzgebühr im Wege freier Schätzungen festgestellt werden.68 Was in der Entscheidung des Reichsgerichts vom 1.3.191169 aus der Natur des Rechtsverhältnisses entwickelt wurde, hatte der Gesetzgeber im Miet- und Pachtrecht bereits vorgesehen. Die Befreiung von der Verpflichtung zur Lizenzzahlung trat durch das bloße Vorhandensein von Mängeln ein. Es war dabei nicht erforderlich, dass den Lizenzgeber ein Verschulden traf. Das Recht auf Minderung war seiner rechtlichen Natur nach kein Anspruch wie beim Kauf, bei dem es erforderlich war, dass der Käufer die Minderung verlangte;70 die Ermäßigung der Lizenzgebühr trat vielmehr kraft Gesetzes ein.
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Im Gegensatz zum Wandelungs- und Minderungsrecht des Kaufrechts, das ein Rücktrittsrecht oder ein einmaliges Recht zur Minderung gewährte, war der Lizenznehmer bei Anwendung der Vorschriften über die Pacht nur für die Zeit, während der der Mangel bestand, von der Lizenzzahlung befreit oder nur zur Zahlung einer geminderten Lizenzgebühr verpflichtet. Der Unterschied in der Regelung rührte daher, dass es sich bei der Pacht um ein Dauerschuldverhältnis handelt, beim Kauf dagegen um eine einmalige Leistung. Für den Lizenzvertrag eignen sich daher die Bestimmungen über die Pacht besser. Gerade bei Erfindungen besteht die Gefahr, dass sich bei der Verwertung der Lizenz Mängel herausstellen, die u.U. jedoch durch den Lizenzgeber beseitigt werden können. Häufig wird hier auch der Lizenznehmer ein Interesse daran haben, dass der Mangel beseitigt wird.
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Fehlte eine zugesicherte Eigenschaft oder fiel sie später weg, so galt Entsprechendes. Der Lizenznehmer war für die Zeit, in der die zugesicherte Eigenschaft fehlte, von der Zahlung frei oder, wenn die Ausübung des Lizenzrechts nur beeinträchtigt war, zur Zahlung einer geminderten Gebühr verpflichtet.71 Das Vorliegen eines Mangels oder das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft war vom Lizenznehmer zu beweisen.
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Eine weitere Schwierigkeit, die bei der Anwendung kaufrechtlicher Bestimmungen bestand, entfiel bei der Anwendung der Pachtvorschriften, nämlich die im Kaufrecht vorgesehene kurze Verjährung. Die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche verjährten nach § 477 BGB a.F. bei beweglichen Sachen grundsätzlich in 6 Monaten von der Ablieferung an. In Rechtsprechung und Literatur bestand, selbst wenn die kaufrechtlichen Vorschriften angewendet wurden, die einhellige Auffassung, dass sich die kurze Verjährungsfrist für den Lizenzvertrag nicht eignete und dass sie daher keine Anwendung finden konnte. Der Grund für die Ablehnung der kurzen Verjährung dürfte darin gelegen haben, dass der Lizenzvertrag ein Dauerschuldverhältnis ist und daher die Geltendmachung von Mängeln während der gesamten Vertragsdauer möglich sein muss.72
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Zeigte der Lizenznehmer dem Lizenzgeber das Vorliegen eines Mangels an und forderte er ihn zur Beseitigung desselben innerhalb einer angemessenen Frist auf, so konnte der Lizenznehmer den Mangel nach erfolglosem Ablauf der Frist selbst beseitigen und Ersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen verlangen. Stellte