Compliance Management im Unternehmen. Martin R. Schulz
Rechtsfunktion.
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Eines jedoch steht außer Zweifel: Auch wenn man Compliance als ein „aliud“22 zum Bereich Recht betrachtet, so handelt es sich doch zumindest um nah beieinander anzusiedelnde Nachbarfunktionen im Unternehmen. Daher ist eine fachlich und menschlich gute und enge Zusammenarbeit unverzichtbar, um mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen ein Optimum an Regeltreue, Rechtssicherheit und effizienten unternehmensinternen Prozessen zu erreichen. Auch kann diese Zusammenarbeit Raum für Austausch, Voneinander-Lernen, Job Rotations und „gemischte Karrierewege“ schaffen: Unternehmensjuristen können sich und ihr berufliches Fortkommen in Richtung Compliance weiterentwickeln, für Compliance-Spezialisten können sich da und dort attraktive Entwicklungsmöglichkeiten auch im Bereich „Business Law“ ergeben.
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Wünschenswert ist schließlich eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem CCO und dem Leiter Recht.23 Für Kompetenzgerangel oder Futterneid sollte kein Platz sein. Es ist – im wahrsten Sinne des Wortes – genug für alle da: genug Arbeit, genug Herausforderungen und genug Gelegenheiten, sich – auch durch Teamwork zwischen Recht und Compliance – auszuzeichnen.
4. Personalabteilung
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Auch die HR-Funktion ist ein wichtiger Träger von Compliance im Unternehmen. Dies beginnt bereits damit, dass sie bei der Schaffung von Stellenbeschreibungen und Personalprofilen und dann im Rahmen von Rekrutierungsprozessen bei der Auswahl von Bewerbern ein besonderes Augenmerk auf compliance-affine Grundhaltungen und Verhaltensweisen der Kandidaten legen hilft. Bei Job-Messen, in professionellen sozialen Netzwerken und in Vorstellungsgesprächen trägt sie den „Tone at the Top“ im Hinblick auf Compliance in die Welt der Bewerberinnen und Bewerber – und damit vieler künftiger Multiplikatoren und Meinungsbildner.
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Geeignete und verständliche Compliance-Klauseln in Anstellungsverträgen sollten heute zum Standard gehören. Das Gleiche gilt, im Zusammenwirken mit Compliance, für das Verbreiten von unternehmensinternen Richtlinien, um sicherzustellen, dass – nach dem jeweils geltenden Arbeitsrecht und gerichtsfest – tatsächlich alle Mitarbeiter in zumutbarer Weise über einen neuen compliancerelevanten Standard und die erforderlichen Verhaltensweisen informiert wurden.
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Bei Mitarbeiterschulungen, ob im Wege der Präsenzschulung oder online, zeigt sich, wie gut „Personal“ seinen Laden und seine Daten im Griff hat. Ist man zum Beispiel in der Lage, „auf Knopfdruck“ sämtliche Mitarbeiter einer Landesgesellschaft zu identifizieren? Wurden die Kontaktdaten auf dem neuesten Stand gehalten? Ist bekannt, wer über einen eigenen Computer verfügt oder wer zumindest Zugang zu einem Terminal hat? Besteht gar die Möglichkeit, die Information: „Hat Computer-Schulung zum Thema Interessenkonflikte erfolgreich absolviert“ mit einer automatischen Erinnerungsfunktion zu verknüpfen, um zu vermeiden, dass der gleiche Mitarbeiter nach einer bald anstehenden Versetzung in eine andere Tochtergesellschaft sofort wieder mit der gleichen Schulung beglückt wird? Das erfordert Aufwand und Mehrarbeit, aber im Idealfall wird eine Personalfunktion die sich daraus ergebenden Chancen, ihre Dateien und Prozesse auf den neuesten Stand zu bringen, zu nutzen wissen – im Einklang mit dem Datenschutz, versteht sich.
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Bei der Identifizierung und Förderung von besonders befähigt erscheinenden Nachwuchskräften sollte die Personalfunktion dabei mitwirken, dass neben grundsätzlicher Regeltreue und Integrität auch der Blick des „High Potential“ für Compliance-Risiken und typische Zielkonflikte geschärft wird. In Seminare von Führungskräften und anderen besonders compliance-sensiblen Positionen, etwa im Auslandsgeschäft, im Beschaffungswesen oder im Umgang mit Amtsträgern müssen typische Zielkonflikte eingebaut werden, in denen deutlich wird, wie rasch sich einzelne Mitarbeiter in einer Spannungslage zwischen Compliance und Performance wiederfinden können. Auch hier sollten die Personalabteilung und die Spezialisten von Compliance Hand in Hand arbeiten.
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Im Idealfall wird HR, auf Initiative und mit Billigung der Geschäftsleitung auch Anreiz- und Vergütungssysteme entwickeln und umsetzen helfen, in denen eben jene schwierige Balance zwischen Compliance und Performance abgebildet wird (vgl. oben Rn. 4ff.). Wenn es einem Unternehmen mithilfe einer kompetenten und kreativen Personalabteilung gelingt, etwa dem Leiter einer Landesgesellschaft in einem Zukunftsmarkt nicht nur die ihm vertrauten, einer leicht zugänglichen quantitativen Logik folgenden, Wachstums- und Ertragsziele zu setzen, sondern ihn auch nachhaltig dafür zu motivieren, dass er regelmäßige Compliance-Schulungen abhält und dabei sichtbar durch Beispiel führt, oder dass er einen Leistungsträger eine Zeitlang für nebenamtliche Compliance-Aufgaben freistellt, kann dies im Sinne eines „den Compliance-Gedanken in die Organisation Hineintragens“ kaum hoch genug geschätzt werden.
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Wenn ein gravierender Compliance-Verstoß sich in einer Personalmaßnahme niederschlägt, ist wieder HR involviert, dieses Mal mit einer wohldosierten Mischung aus arbeitsrechtlicher Expertise, Verfahrenssicherheit und Taktgefühl. Ob es sich um die Anhörung eines Mitarbeiters handelt, ob eine Abmahnung ausgesprochen und aktenkundig gemacht werden muss oder ob gar eine außerordentliche Kündigung, womöglich sogar mit sofortiger Freistellung, Sperrung des Computerzugangs und Erteilung eines Hausverbots, ansteht, in all diesen Situationen wird es erneut auf eine enge Zusammenarbeit zwischen den Personalern und der Compliance-Funktion ankommen.
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Und selbst in tiefgreifenden oder akuten Compliance-Krisen liegen Chancen, die mithilfe der Personalabteilung genutzt werden können: Auch aus systemischen Fehlern, die dank eines Amnestieprogramms zu Tage treten und selbst aus schmerzhaften Trennungsgesprächen kann ein Unternehmen lernen und Compliance-Lücken in der Zukunft schließen.
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Aus dem Vorstehenden wird deutlich, wie wichtig die Personalfunktion bei der gemeinsamen Aufgabe Compliance ist. Dabei ist sie einer der natürlichen Partner von Betriebsräten und anderen Formen von Arbeitnehmervertretungen.
5. Betriebsrat24
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Betriebsräte sind oft eine seit Jahren oder gar Jahrzehnten etablierte Unternehmensfunktion. Sie kennen ihre Mitwirkungsrechte genau und sorgen dafür, dass diese auch eingehalten werden. Oft haben sie ihr Ohr nah am Puls des Unternehmens und können sowohl bei der Wahrnehmung dessen, was dort geschieht und wie dort gedacht wird, als auch zur Weiterleitung von Informationen in die Tiefen des Unternehmensgeflechts einen ausgesprochen nützlichen „Kommunikationskanal“25 darstellen. Eine neue oder erstarkte Compliance-Abteilung tut gut daran, gern nach einer auffrischenden Lektüre einschlägiger mitbestimmungsrechtlicher Normen und Rechtsprechung, frühzeitig und von sich aus den Kontakt zum Betriebsrat zu suchen, am besten zunächst einmal ohne Tagesordnung und unmittelbaren Ergebnisdruck, um zuzuhören und die Unternehmenswirklichkeit durch die Brille langjähriger Unternehmensmitarbeiter zu betrachten.
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Dabei können beide Seiten Anknüpfungspunkte zur weiteren Zusammenarbeit entdecken: Nicht selten sind es die Betriebsräte, die darauf hinweisen, dass manche gut gemeinte, vielleicht unter Zeit- und Handlungsdruck in einer fernen Unternehmenszentrale verfasste Compliance-Richtlinie vor Ort möglicherweise gar nicht angekommen ist oder verstanden wurde oder – aus welchen Gründen auch immer – als nur schwer umsetzbar erscheint. Auch wird die Interaktion mit den Arbeitnehmervertretungen das Empfinden dafür schärfen, dass Compliance-Fragen, Compliance-Probleme und auch mögliche Compliance-Verstöße in einer von Arbeitsteiligkeit, Matrix-Strukturen und gleichzeitig vorhandenen tatsächlichen wie auch informellen Hierarchieketten geprägten Unternehmens- und Konzernwirklichkeit nicht immer dort angesprochen oder gelöst werden, wo sie hingehören. Manchmal nämlich lassen Vorgesetzte ihre Untergebenen mit derartigen Themen allein oder bescheiden sie, oft unter Hinweis auf Wachstums- oder Sparziele mit der knappen Botschaft: „Wie Sie das schaffen,