Polizeirelevante psychische Störungen. Lena Posch

Polizeirelevante psychische Störungen - Lena Posch


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werden solche Denkmuster identifiziert und verändert.

      Die Kritik am kognitiven Modell ist, dass es zu sehr die aufrechterhaltenden Kognitionen für psychische Störungen fokussiert, aber deren Ursachen z. B. in der Biografie des Betroffenen vernachlässigt.

      IMG Davison, Neale & Hautzinger (2007): Klinische Psychologie:

       Kapitel 2.5 „Das kognitive Paradigma“ (S. 47–50)

      Auch soziale Faktoren können die Entstehung und den Verlauf einer psychischen Störung beeinflussen. Diese sozialen Faktoren können entweder in der direkten sozialen Umgebung (z. B. begünstigt ein feindseliger Kommunikationsstil in der Familie das Auftreten einer Schizophrenie) oder in größeren gesellschaftlich-soziodemografischen Faktoren (z. B. der Zugehörigkeit zu einer niedrigen sozialen Schicht) liegen. Es sind bisher jedoch nur wenige Wirkzusammenhänge zwischen sozialen Faktoren und der Entstehung psychischer Störungen eindeutig nachgewiesen. Einige Therapieverfahren machen sich spezifische Einflussfaktoren vor allem aus der direkten sozialen Umgebung, z. B. durch Analyse der Kommunikationsmuster innerhalb der Familie oder der Funktion bestimmter „Symptome“ dennoch im Rahmen einer Familientherapie oder systemischen Therapie zunutze.

      Beispiel: Ein Kind ist aggressiv. Im Rahmen einer Familientherapie könnte herausgefunden werden, dass das Kind insbesondere in Situationen aggressiv wird, wenn die Eltern streiten und bei genauer Analyse könnte sich ergeben, dass das Symptom der Aggression ein Mittel darstellt, um vom Streit der Eltern abzulenken und dadurch die (negative) Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, so dass die Eltern „geeint“ versuchen, die Aggressionen des Kindes in den Griff zu bekommen.

      IMG Wittchen & Hoyer (2011): Klinische Psychologie & Psychotherapie:

       Kapitel 13 „Soziale Bedingungen psychischer Störungen“ (S. 320–328; S.333)

      Beim biologischen Modell geht man davon aus, dass psychische Störungen durch abnorme biologische Prozesse verursacht werden. Der Verhaltensgenetik zufolge liegen die biologischen Ursachen in der genetischen Ausstattung, die zu Unterschieden im Verhalten führen kann. So kann eine Disposition (Diathese) z. B. für eine Schizophrenie vererbt werden, die dann je nach Umweltbedingung zum Ausbruch der Störung führt oder nicht. Andere Forschungsansätze legen einen Zusammenhang zwischen dem Neurotransmitterhaushalt und psychischen Störungen nahe. So kann eine Manie z. B. durch zu viel Noradrenalin verursacht werden.

      Dieser angenommene Zusammenhang zwischen psychischer Störung und biologischer Störung legt eine Behandlung der veränderten körperlichen Funktionen nahe (z. B. Erregungszustände bei Angststörungen durch Tranquilizer verringern).

      Die Kritik am Modell ist jedoch, dass es zu reduktionistisch ist und komplexe Störungen auf rein biologische Prozesse reduziert werden.

      IMG Davison, Neale & Hautzinger (2007): Klinische Psychologie:

       Kapitel 2.1 „Das biologische Paradigma“ (S. 15–21)

      Das Diathese-Stress-Modell ist ein heute dominierender integrativer Ansatz, der biologische, psychische und soziale Faktoren zur Erklärung der Entstehung und des Verlaufs psychischer Störungen vereint. Man geht davon aus, dass zur Entwicklung einer Störung sowohl Diathese (Disposition, Vulnerabilität) als auch Stress nötig sind; ein einzelner Faktor allein führt in der Regel nicht zum Ausbruch. Diathese beschreibt dabei die Neigung/Verletzbarkeit/Anfälligkeit eines Menschen, auf besondere Weise auf belastende Umweltereignisse zu reagieren. Diese Neigung kann in einer biologischen Disposition (wie z. B. genetische und neurobiologische Faktoren) oder in psychologischen (wie z. B. früher Verlust oder Trauma) oder auch sozialen Faktoren (z. B. familiäre Sozialisation, soziale Schicht, Bildung) begründet sein, die wiederum jeweils in Wechselwirkung zueinander stehen. Hat jemand eine Vulnerabilität für eine bestimmte Störung, erhöht sich das Erkrankungsrisiko – die Störung muss jedoch erst durch aktuelle Stressoren ausgelöst werden. Mit Stressoren sind dabei aktuelle ungünstige Umweltreize gemeint, wie z. B. einschneidende traumatische Erlebnisse (z. B. Scheidung) oder auch alltäglichere Ereignisse (z. B. Stress am Arbeitsplatz). In Abhängigkeit von der Stärke der Disposition wird eine Störung durch niedrige oder hohe Stresslevel ausgelöst. Wenn gar keine Disposition vorhanden ist, ist das Stresslevel nicht relevant.

      IMG Davison, Neale & Hautzinger (2007): Klinische Psychologie:

       Kapitel 2.7 „Das Diathese-Stress-Modell: Ein integratives Paradigma“ (S. 53–55)

       Übungsaufgaben

      2.1 Lesen Sie das folgende Fallbeispiel und beantworten Sie folgende Fragen:

      – Wie würden Sie mit dem Diathese-Stress-Modell das Auftreten der Depression bei Frau M. erklären?

      – Welche möglichen Erfahrungen der Patientin haben die Störung verursacht (welche Faktoren bilden die Diathese/Vulnerabilität für die Depression, was sind die Stressoren)? Hier können Sie auch über die Angaben im Text hinaus Hypothesen bilden.

       Fallbeispiel

      Frau M., eine 38-Jährige Fabrikarbeiterin, war bereits seit 2 Monaten depressiv, als sie einen Psychologen aufsuchte. Wie sie berichtete, hatte sie keine glückliche Kindheit gehabt. Als sie 6 Jahre alt war, starb ihre Mutter, die sie sehr geliebt hatte. In den folgenden Jahren lebte sie abwechselnd bei ihrem Vater oder der Schwester ihrer verstorbenen Mutter. Ihr Vater litt allerdings an wiederkehrenden depressiven Episoden und trank zum Teil sehr viel. Er hatte kein geregeltes Einkommen und es war nie genug Geld da, um fällige Rechnungen zu bezahlen. Zuweilen war der Vater unfähig, sich um sie zu kümmern, so dass sie oft auf sich allein gestellt war und sich oftmals überfordert fühlte. Sie verbrachte dann manchmal Wochen, manchmal auch Monate bei ihrer Tante in einem nahegelegenen Vorort. Dies erschwerte zudem das Knüpfen fester Freundschaften und führte dazu, dass sie das Gefühl bekam, nichts im Leben selbst beeinflussen und gestalten zu können.

      Trotz dieser Beeinträchtigungen hatte sie es geschafft, ihre Lehre zu beenden und eine Anstellung zu finden; seit dem ersten Kind hatte sie allerdings für mehrere Jahre ihre Berufstätigkeit eingestellt. Als Mutter von 4 Kindern hatte sie dann vor 3 Jahren wieder angefangen zu arbeiten, weil die Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen es der Familie unmöglich machte, allein vom Geld des Ehemannes zu leben.

      Sieben Monate später wurde sie aber plötzlich entlassen und die finanzielle Situation der Familie verschlimmerte sich. Die ständigen Geldsorgen führten zu verstärkten Auseinandersetzungen mit ihrem Mann. Dabei ging es nicht nur ums Geld, sondern auch um die Kinder, die aus unterschiedlichen Gründen eine schwierige Phase hatten, was hohe Anforderungen an sie als Eltern stellte und zum Teil Grund zur Sorge bereitete. Dann begannen ihre Schlafschwierigkeiten, sie verlor den Appetit und nahm ab. Sie hatte nur noch wenig Energie und verlor das Interesse an Tätigkeiten, die ihr früher Freude bereitet hatten. Obwohl sie stundenlang vor dem Fernseher saß, konnte sie sich nicht für die Sendungen interessieren, die sie früher gern gesehen hatte. Die Erfüllung ihrer Haushaltspflichten wurde unmöglich und


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