Compliance-Handbuch Kartellrecht. Jörg-Martin Schultze

Compliance-Handbuch Kartellrecht - Jörg-Martin Schultze


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im Hinblick auf diese Produkte auferlegt werden (wie z.B. eine Preis- oder Kundenbindung, Gebietsbeschränkungen etc.) vom Anwendungsbereich des Kartellverbots ausgenommen. So stellen die Kommission und die Gerichte sicher, dass diese Vertragsform, die letztlich durch eine vollständige Steuerungsmöglichkeit der Absatzpolitik des Handelsvertreters durch den Prinzipal gekennzeichnet ist,194 überhaupt gelebt werden kann. Die Folgen eines „verunglückten“ Handelsvertretervertrags in kartellrechtlicher Hinsicht sind gravierend: Die in Handelsvertreterverträgen vorgenommene Absatzsteuerung mittels Preis-, Kunden- und Gebietsbeschränkungen führt unweigerlich zu Kernbeschränkungen, sollte der Absatzmittler wegen der von ihm zu tragenden Risiken doch als Händler anzusehen sein.

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      Die richtige Ausgestaltung von Handelsvertreterverträgen und die dort enthaltene vollständige Risikoübernahme durch den Prinzipal ist deshalb in der Praxis stets genau zu überprüfen.

       1.2 Vertikale Preisbindung

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      Verboten und sowohl von der Kommission195 als auch vom Bundeskartellamt196 regelmäßig mit substanziellen Bußgeldern belegt sind direkte oder indirekte Beschränkungen des Verkaufspreises des Abnehmers in einer vertikalen Vereinbarung, die die Wirkung eines Fix- oder Minimumpreises haben. Unverbindliche Preisempfehlungen und Höchstpreisbindungen sind dagegen zulässig, solange sie nicht wie Fix- oder Mindestpreisbindungen wirken (vgl. Art. 4 lit. a Vertikal-GVO).

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      Im Zusammenhang mit der Aufdeckung und dem Abstellen vertikaler Kartellrechtsverstöße ist in der Praxis insbesondere auf indirekte Preisbindungsklauseln zu achten. Zu Beginn der Compliance-Maßnahmen muss deshalb vor allem klar sein, ob unverbindliche Preisempfehlungen (UVP) im Unternehmen eine Rolle spielen und, wenn ja, wie diese kommuniziert und genutzt werden. Liegen Umstände vor, die vom Abnehmer als Druck oder Anreiz verstanden werden, die UVP einzuhalten, birgt dies hohe kartellrechtliche Risiken für den Lieferanten.

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      Ein interessantes Beispiel für die Verfolgungsarbeit des Bundeskartellamtes stellt das bereits 2012 durch das Amt abgeschlossene Bußgeldverfahren gegen TTS Tooltechnik wegen Preisbindung dar. Der Fallbericht des Bundeskartellamtes wurde von diesem selbst mit der Überschrift „Mündlichkeit schützt vor Strafe nicht“ betitelt:

      Das Amt ermittelte aufgrund der Zeugenaussagen, dass das Preisbindungssystem mit Druckausübung durch TTS D zumindest seit dem Jahr 2000 angewendet wurde. Von den Händlern wurde die strikte Einhaltung der „unverbindlichen Preisempfehlung“ gefordert. Nötigenfalls wurde mit Drohungen gearbeitet – die Händler mussten mit Konditionenverschlechterung (Herabsetzung bis auf 0 % Einkaufsrabatt) bzw. der Kündigung ihres Vertrags rechnen. Dies wurde von den Außendienstmitarbeitern sowie von deren Vorgesetzten stets mündlich kommuniziert, um den Nachweis zu erschweren. Teilweise wurden die Drohungen tatsächlich umgesetzt, wenn Händler die UVP nicht einhielten. Die Kontrolle der Wiederverkaufspreise wurde durch Testkäufe von TTS D selbst überprüft. Außerdem gingen die Außendienstmitarbeiter den Beschwerden „preistreuer“ Händler nach und ließen sich von abweichenden Händlern z.B. deren Rechnungsunterlagen vorlegen. Händler mussten zudem ihre Werbemaßnahmen mit dem jeweiligen Gebietsverkaufsleiter der TTS D vorher abstimmen.

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