Recht des geistigen Eigentums. Thomas Ahrens

Recht des geistigen Eigentums - Thomas Ahrens


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      2. Flankierende Ansprüche, Erschöpfung, Verjährung

      Die zuvor dargestellten zentralen zivilrechtlichen Ansprüche aus § 42 DesignG werden im Sinne eines umfassenden Schutzes und der Durchsetzung der Rechte aus dem eingetragenen Design durch eine Reihe flankierender zivilrechtlicher Ansprüche ergänzt (Einzelheiten zur Anspruchsgrundlagensystematik s.u. § 87 II. 2.). So steht dem Verletzten gegen den Verletzer auch ein Anspruch auf Vernichtung, RückrufVernichtungAnspruch und Überlassung zu (§ 43 DesignG). Danach kann der Verletzte verlangen, dass alle rechtwidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnisse, die im Besitz oder Eigentum des Verletzers stehen, vernichtet werden (§ 43 Abs. 1 DesignG). Auch kann der Verletzte den Verletzer auf Rückruf von rechtswidrig hergestellten, verbreiteten oder zur rechtswidrigen Verbreitung bestimmten Erzeugnissen oder auf deren endgültiges Entfernen aus den Vertriebswegen in Anspruch nehmen. Statt des Vernichtungsanspruchs nach Absatz 1 kann der Verletzte auch verlangen, dass ihm die Erzeugnisse, die im Eigentum des Verletzers stehen, gegen eine angemessene Vergütung, welche die HerstellungskostenKostenHerstellungs- nicht übersteigen darf, überlassen werden (§ 43 Abs. 3 DesignG). Die Ansprüche nach Abs. 1 bis 3 sind ausgeschlossen, wenn die Maßnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist (§ 43 Abs. 4 DesignG). Schließlich hat der Verletzte einen Anspruch auf umfassende AuskunftAuskunft (Herkunft, Vertriebsweg, Lieferanten, Vorbesitzer, gewerbliche Abnehmer oder Auftraggeber, Mengen), der sich aus § 46 DesignG ergibt. Auch die Rechte am eingetragenen Design unterliegen der Erschöpfung,1 d.h. sie erstrecken sich nicht auf Handlungen, die ein Erzeugnis betreffen, in das ein unter den Schutzumfang des Rechts am eingetragenen Design fallendes Design eingefügt oder bei dem es verwendet wird, wenn das Erzeugnis vom Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder ein einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist (§ 48 DesignG).2 Hinsichtlich der VerjährungVerjährungDesign der in den §§ 42 bis 47 genannten Ansprüche erklärt das Gesetz die allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB (§§ 194 bis 218 BGB) für anwendbar (§ 49 S. 1 DesignG), entsprechend der regelmäßigen Verjährung beträgt die Verjährungsfrist mithin drei Jahre.

      3. Strafvorschriften

      Auch im Falle einer Verletzung des Rechts am eingetragenen Design drohen dem Verletzer – wie bei der Verletzung anderer Immaterialgüterrechte (vgl. §§ 142 PatG, 25 GebrMG, 143 MarkenG, 106ff. UrhG) – neben zivilrechtlichen Konsequenzen strafrechtliche Sanktionstrafrechtliche Sanktionen. So wird derjenige, der ein eingetragenes Design entgegen § 38 Abs. 1 S. 1 DesignG benutzt, obwohl der Rechtsinhaber nicht zugestimmt hat, mit FreiheitsstrafeFreiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit GeldstrafeGeldstrafe bestraft (§ 51 Abs. 1 DesignG). Bei gewerbsmäßiger Begehung drohen eine erhöhte Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe (§ 51 Abs. 2 DesignG). Bereits der Versuch der Tat – das unmittelbare Ansetzen zur Tat (§ 22 StGB) – ist strafbar (§ 51 Abs. 3 DesignG). Strafbar ist nur eine vorsätzliche Tatbegehung (§ 15 StGB), d.h. in subjektiver Hinsicht ist erforderlich, dass der Verletzer die Tatumstände kennt und die Tatbestandsverwirklichung will.

      § 41 GemeinschaftsgeschmacksmusterGemeinschaftsgeschmacksmuster

      I. Einordnung

      Wie bereits einleitend (s.o. Erster Abschnitt § 4 IV. 4.) dargestellt, wurde mit dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster auch im Bereich des Designschutzes ein supranationales, gemeinschaftsweit gültiges SchutzrechtSchutzrechtGemeinschaftsgeschmacksmuster geschaffen. Rechtsgrundlage hierfür ist die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) vom 12.12.2001, die am 6. März 2002 in Kraft getreten ist.1 Was den internationalen Designschutz angeht, wurde damit das Haager AbkommenHaager Abkommen über die internationale Hinterlegung von Mustern und Modellen, das lediglich die vereinfachte Erlangung eines Bündels nationaler Schutzrechte ermöglicht, für den Bereich der Europäischen Union um ein einheitliches Schutzinstrument ergänzt. Durch den zwischenzeitlich erfolgten Beitritt der Europäischen Union zum Haager Abkommen wurde dieses von der WIPO verwaltete Schutzsystem mit dem von dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante verwalteten Gemeinschaftsgeschmacksmustersystem mit Wirkung zum 01. Januar 2008 verknüpft (s. hierzu o. § 4 III. 2. b). Die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung stimmt in ihren wichtigsten materiellen Regelungen mit der bereits im Jahre 1998 verabschiedeten Geschmacksmusterrichtlinie überein und markiert den (vorläufigen) Abschluss des Harmonisierungs- und Vereinheitlichungsprozesses im Bereich des europäischeuropäischDesignrechten Designrechts. Auch ein Vergleich mit den Regelungen des 2004 reformierten deutschen Designschutzrechts ergibt eine weitgehende Übereinstimmung, was nicht überrascht, da diese Regelungen, wie erwähnt (§ 2 II.) ihrerseits auf einer Umsetzung der Geschmacksmusterrichtlinie mit dem Ziel einer Angleichung an das harmonisierte europäische Designrecht beruhen.

      II. Duales SchutzsystemGemeinschaftsgeschmacksmusterduales System

      Hervorzuhebende Besonderheit der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung ist, dass diese für den Designschutz ein aus zwei unterschiedlichen Schutzformen bestehendes Schutzsystem („duales Systemduales System“) eingeführt hat. Danach ist beim Gemeinschaftsgeschmackmuster zu unterscheiden zwischen dem längerfristigen, stärkeren eingetragenen Gemeinschaftsgeschmackmuster und dem kurzfristigen, schwächeren nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster.

      1. Eingetragenes GemeinschaftsgeschmackmusterGemeinschaftsgeschmacksmuster

      Das eingetragene Geschmacksmuster kann – wie die UnionsmarkeMarkeUnions-Unionsmarke – durch eine AnmeldungAnmeldungGemeinschaftsgeschmacksmuster und Eintragung beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPOEUIPO) in Spanien/Alicante erlangt werden. Was die Schutzausgestaltung angeht, entfaltet es die gleichen Wirkungen wie ein deutsches eingetragenes Design (vgl. Art. 19 GGV), gewährt also gleichfalls ein AusschließlichkeitsrechtAusschließlichkeitsrecht mit SperrwirkungSperrwirkung und einen Schutz von maximal 25 Jahren (Art. 12 GGV). Aufgrund der Eintragung bietet es darüber hinaus größere Rechtssicherheit.1 Gemeinschaftsgeschmacksmusteranmeldungen, für die Formulare des EUIPO zur Verfügung stehen,2 können auch beim DPMA zur Weiterleitung an das EUIPO eingereicht werden (Art. 35 GGV, § 62 DesignG).3 Vergleicht man die Möglichkeit der Erlangung eines eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters mit der Erlangung eines deutschen eingetragenen Designs unter dem Gesichtspunkt der „KostenKosten./.Schutz“-Relation, ergibt sich, dass der Designanmelder für das nationale, lediglich in Deutschland wirksame eingetragene Design eine Anmeldegebühr i.H.v. EUR 60 (elektronische Anmeldung) bzw. EUR 70 (Papieranmeldung) bei einer Schutzdauer von zunächst 5 Jahren (mit Bekanntmachung der Wiedergabe des Designs) aufwenden muss, während er für eine Gebühr i.H.v. EUR 350,– (Eintragungsgebühr i.H.v. EUR 230 EUR plus Bekanntmachungsgebühr i.H.v. EUR 120) ein unionsweit gültiges Schutzrecht in 28 Mitgliedsstaaten erlangt.4 Die vergleichsweise geringeren Amtsgebühren des DPMA dürften einer der Gründe dafür sein, dass sich das nationale Designschutzrecht im „Wettbewerb“ mit dem attraktiven Gemeinschaftsgeschmacksmuster offenbar weiterhin behaupten kann (zur nationalen Anmeldestatistik vgl. o. § 37 IV.).

      2. Nicht eingetragenes GemeinschaftsgeschmackmusterGemeinschaftsgeschmacksmusternicht eingetragenes

      Das nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster stellte bei seiner Einführung ein Novum dar.1 Sein Schutz entsteht europaweit – ohne jegliche Eintragungsformalitäten – mit der ersten öffentlichen Zugänglichmachung, wenn auch nur für einen deutlich kürzeren Zeitraum von drei Jahren (Art. 11 Abs. 1 GVV). Anerkennung und Ausgestaltung des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmackmusters ohne Eintragungserfordernisse tragen dem Umstand Rechnung, dass einige Wirtschaftszweige (z.B. Textilbereich) während kurzer Zeiträume zahlreiche


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