Wege zur Rechtsgeschichte: Römisches Erbrecht. Ulrike Babusiaux

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et alae Mauretanae, sextas kalendas

       Apriles Rufino et Quadrato consulibus. […]1

      Antonius Silvanus, Reiter der ersten mauretanischen Reiterabteilung

      von Thrakern, Gehilfe des Präfekten,

      Zug des Valerius, hat sein Testament

      gemacht: Über mein gesamtes Vermögen,

      das im Lager befindliche und das häusliche,

      soll mein Sohn Markus Antonius Satrianus

      mein Alleinerbe sein.

      Alle übrigen anderen sollen enterbt

      sein. Und er soll meine Erbschaft

      in den nächsten 100 Tagen förmlich antreten. Wenn er sie nicht

      auf diese Weise angetreten hat, soll er enterbt sein. Dann

      soll in zweiter Linie (Marcus?) Antonius

      R ………., mein Bruder (oder Cousin),

      mein Erbe sein und er soll

      meine Erbschaft in den nächsten 60 Tagen

      förmlich antreten. Diesem vermache ich mittels Vindikationslegat, wenn er

      nicht mein Erbe sein wird, 750

      Silberdenare. […]

      […] Ich vermache mittels Vindikationslegat der Antonia Thermutha,

      der Mutter meines oben eingetragenen Erben,

      500 Silberdenare. Ich vermache mittels Vindikationslegat meinem Präfekten

      50 Silberdenare. […]

      Diesem Testament soll Arglist fern sein. Das gesamte Vermögen

      hat, um ein Testament zu errichten, Nemonius,

      Vorreiter vom Zug des Marius, gekauft, während Markus Julius Tiberinus Waaghalter war,

      Untervorreiter vom Zug des Valerius,

      er hat Turbinius zum Zeugen angerufen, den Fahnenträger des Zugs des

      Proculus. Das Testament wurde

      in Alexandria bei Ägypten in den kaiserlichen

      Winterlagern der Zweiten Trajanischen Legion, der Tapferen,

      und der mauretanischen Reiterabteilung am 27. März 142 n. Chr.

      unter dem Konsulat des Rufinus und des Quadratus errichtet. […]

      Das hier nur auszugsweise wiedergegebene Testament des Antonius Silvanus vom 27. März 142 n. Chr. zeigt die minutiöse Planung des Erblassers: Es beschränkt sich nicht auf die Einsetzung eines Erben, sondern bestimmt auch einen Ersatzerben für den Fall, dass der eingesetzte Erbe nicht antreten will oder kann, und setzt Vermächtnisse aus. Das einmalige Zeugnis gewährt einen Einblick in die römische Testierpraxis und damit in das wichtigste Dokument, das ein Römer im Laufe seines Lebens errichten konnte. Obwohl zweifelhaft ist, ob der Testator in diesem Fall überhaupt das römische Bürgerrecht hatte, folgt sein Testament erkennbar den Vorgaben, die das im 2. Jahrhundert n. Chr. geltende römische Recht für die Errichtung von Testamenten vorsah. Die Regeln der Testamentserrichtung sowie die Rechtsfolgen, die ihre Nichtbeachtung zeitigen, ergeben sich aus dem Erbrecht als dem Teil des Vermögensrechts, der die Übertragung des ‚Pflichtenlebens‘ nach dem Tod des Inhabers regelt. Die für Rom gültigen erbrechtlichen Regeln lassen sich aus den Schriften der römischen Juristen erschließen.

      Genauso wie die römischen Testamente sind jedoch auch die Juristenschriften weder unversehrt noch vollständig erhalten. Die Hauptquelle des römischen Juristenrechts aus der Zeit vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. bildet eine als Gesetzgebungswerk konzipierte Sammlung der römischen Rechtsquellen durch den byzantinischen Kaiser Justinian I. (527 – 565 n. Chr.).

      Im Rahmen seines Programms der Wiederherstellung der territorialen und rechtlichen Reichseinheit ließ Kaiser Justinian Auszüge aus den römischen Juristenschriften und der Gesetzgebung der römischen Kaiser anfertigen, um sie als eigenes Gesetzbuch zu verkünden. Da sich dieses Gesetzbuch wesentlich auf die Wiederverwertung der römischen Rechtstradition stützt, wird die Sammlung Justinians auch als Kompilation bezeichnet (von compilare, wörtlich „ausrauben“, „ausplündern“). Seit der Neuzeit hat sich – in Abgrenzung vom kirchlichen Recht (Corpus iuris canonici) – der Name Corpus iuris civilis durchgesetzt.

      Den ersten Teil der Kompilation bildet ein Lehrbuch des Kaisers Justinian für den juristischen Anfänger, das den Titel Institutiones (instituere = „beginnen; unterrichten“, davon Institutiones = „Anweisungen, Unterricht“) trägt. Der zweite Teil, Digesta, besteht aus verschiedenen Ausschnitten (Fragmenten) aus den Schriften der Juristen des 1. Jahrhunderts v. Chr. bis zum 3. Jahrhundert n. Chr. Der dritte Teil, Codex, erfasst die Rechtsanordnungen (Konstitutionen) der Kaiser seit Hadrian (117 – 138 n. Chr.) bis zu Diokletian (284 – 305 n. Chr.), berichtet also über die kaiserliche Rechtssetzung der Zeit vom 2. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. Der Codex ist lediglich in einer zweiten, überarbeiteten Fassung überliefert. Erst der vierte Teil der Kompilation ist ein eigenes Werk Kaiser Justinians. Es handelt sich um Rechtsanordnungen, die Justinian zur Reformierung des überlieferten römischen Rechts erließ. Sie werden entsprechend ihrer reformatorischen Intention als Novellen (Novellae – von novus = „neu“) bezeichnet und sind zumeist in griechischer Sprache überliefert.

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      Den für die Kenntnis des antiken römischen Rechts wichtigsten Teil der justinianischen Kompilation bilden die in den Digesten gesammelten Auszüge aus den Juristenschriften. Der Name Digesta (von digerere = „zerteilen, ordnen“) wird schon von den römischen Juristen für ihre Schriften verwendet; er bezeichnet eine nach Themen geordnete Sammlung der von einem Juristen erteilten Rechtsauskünfte und Rechtsentscheidungen. Das griechische Pendant Pandectae (pandectes – „das alles in sich Fassende“) betont dagegen den umfassenden Charakter der Sammlung. Beide Bezeichnungen des justinianischen Werkes deuten auf den Zweck der Kompilation hin: Sie sollte erschöpfend über den Stand des Rechts informieren. Ihr Ziel war es, den Rechtsunterricht und die Rechtspraxis zu Justinians Zeit auf eine einheitliche und autoritative Basis zu stellen.

      Diesem Zweck entsprach auch der Auftrag, den Kaiser Justinian (527 – 565 n. Chr.) der für die Digestenkompilation eingesetzten Kommission von juristischen Experten erteilte: Sie sollte die Auswahl aus den verfügbaren Juristenschriften so vornehmen, dass die jeweils treffendste Formulierung für eine Rechtsaussage gewählt und unnötige Wiederholungen gestrichen würden. Gleichzeitig sollten Widersprüche beseitigt werden, also insbesondere Berichte über Kontroversen zwischen einzelnen römischen Juristen gestrichen werden. Das so ausgewählte Material sollte in 50 Bücher eingeteilt sein, die ihrerseits in (sachlich geordnete) Titel untergliedert werden sollten. Diese Ordnung strebte eine Verbesserung der Zugänglichkeit zum Recht und eine Rechtsvereinheitlichung an. Der Preis für diese Harmonisierung war der Verlust eines Großteils des Ausgangsmaterials: Von Kaiser Justinian selbst erfährt man auch, dass nur etwa 5 % der Juristenschriften in die Digesten aufgenommen wurden. Das Übrige ist dagegen nahezu vollständig verloren gegangen.

      Die ursprüngliche Fülle des Ausgangsmaterials lässt sich noch aus den Inskriptionen (von inscriptio = „Überschrift, Titel“) ablesen, welche die Kompilatoren den Auszügen vorangestellt haben. So stehen über jedem Fragment, das Aufnahme in die Digesten gefunden hat, der Name des Juristen, aus dessen Schriften das Fragment entnommen wurde, sowie der Titel des Werkes, meist unter Angabe der Buchnummer oder der Nummer der Papyrusrolle, auf der sich die Ausführungen befanden. Die Inskription gibt damit Aufschluss über


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