Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Thomas Rauscher
Abs. 1 EGBGB ausdrücklich bestimmte Kollisionsnorm entnommen (vgl MAT c). Die Verweisung führt damit für beide Ehegatten als Gesamtverweisung in das jeweils anwendbare italienische Personalstatut im Zeitpunkt der Eheschließung; das italienische Recht nimmt, wie gesehen (Rn 41), diese Verweisung an.
cc)
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Die formelle Wirksamkeit der Eheschließung bestimmt sich für eine im Ausland geschlossene Ehe nach Art. 11 EGBGB (alter wie neuer Fassung). Art. 13 Abs. 3 EGBGB (früher § 15a EheG aF) bezieht sich nur auf die Eheschließung im Inland. Es genügt also die Wahrung der Ortsform, alternativ der Geschäftsform (Kumulation der von Art. 13 Abs. 1 EGBGB berufenen Personalstatute). Die Form italienischen Rechts ist, wie gesehen (Rn 44), gewahrt.
b) Materielle Ehenamensbestimmung
aa)
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Es handelt sich also auch aus deutscher Sicht um Ehegatten. Der Geburtsname des Ehemannes „Thieu“ konnte gewählt werden (§ 1355 Abs. 2 BGB). Die Wahl konnte auch nach der Eheschließung erfolgen (§ 1355 Abs. 3 S. 2 BGB, Art. 10 Abs. 2 S. 2 EGBGB). Die Form des § 1355 Abs. 3 S. 2 BGB geht in der Form des Art. 10 Abs. 2 S. 2 EGBGB auf.
Die Ehegatten haben damit wirksam den Ehenamen „Thieu“ bestimmt, die Eintragung im Familienbuch ist also zutreffend.
bb)
54
Ob die Zwischennamen „Thi“ und „Phan“ während der Ehe weiter geführt wurden, muss für den vorliegenden Fall nicht geklärt werden; grundsätzlich wurde auch vor Inkrafttreten von Art. 47 EGBGB ein Wahlrecht vertreten, wobei mangels einer Wahl für den Zwischennamen umstritten war und bleibt, ob dieser bei Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit als Teil des Vornamens oder als Zwischenname weitergeführt wird oder wegen Unverträglichkeit mit deutschem Namensrecht erlischt; Unverträglichkeit wird zutreffend nur selten angenommen und liegt nicht vor, wenn der Namensträger aus seinem alten Namensstatut einen Zwischennamen mitbringt, der als solcher weitergeführt werden kann.[14] Nicht geklärt werden muss auch, wie das italienische Recht die Führung des Zwischennamens beurteilte. Denn Ying will ausweislich ihres Antrages nunmehr jedenfalls den Zwischennamen ablegen.
Ergebnis:
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Die im Familienbuch eingetragene Namensführung „Thieu“ trifft zu.
Frage 3: Namensführung der Ying
1. Wiederannahme des Geburtsnamens
a) Anknüpfung
56
Kollisionsrechtlich beurteilt sich die Namensführung nach der Ehescheidung nach dem aktuellen Namensstatut jedes Ehegatten. Anzuknüpfen ist also an das gegenwärtige Personalstatut der Ying; diese ist deutsche Staatsangehörige, hat also ein deutsches Namensstatut.
b) Formstatut
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Die Form ehenamensrechtlicher Erklärungen ist in Art. 10 Abs. 1 EGBGB nicht – wie für die Erklärung nach Art. 10 Abs. 2 EGBGB – speziell geregelt. Es genügt deshalb nach Art. 11 Abs. 1 EGBGB wahlweise die Wahrung der Ortsform (relevant zB bei Ehenamenswahl anlässlich der Eheschließung deutscher Ehegatten im Ausland) oder der Geschäftsform.
c) § 1355 BGB
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Ying kann durch Erklärung nach § 1355 Abs. 5 S. 2 BGB, wie gewünscht, ihren Geburtsnamen „Hu“ wieder annehmen.
Die Form deutschen Rechts als des Geschäftsstatuts (Art. 11 Abs. 1 iVm Art. 10 Abs. 1 EGBGB) ist gewahrt (§ 1355 Abs. 5 S. 2, Abs. 4 S. 5 BGB).
2. Anpassung des Namens nach Erwerb eines deutschen Namensstatuts
a) Anwendbarkeit Art. 47 EGBGB
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Ying könnte ein Recht zur Namensanpassung gemäß Art. 47 EGBGB[15] haben. An sich bleibt bei Erwerb eines deutschen Namensstatuts gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB der bisher geführte Name – vorbehaltlich Unverträglichkeit (Rn 54) – unverändert als unter vorherigem Namensstatut wohlerworbenes Recht bestehen. Art. 47 EGBGB ändert diese kollisionsrechtliche Lage nicht, erlaubt aber als, auch systematisch nicht in das IPR eingeordnete, materiellrechtliche Norm dem Namensträger nach Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eine Anpassung an die Üblichkeiten der deutschen Namensführung.
b) Anpassung nach Art. 47 EGBGB
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Da Ying ein ausländisches Namensstatut hatte und durch Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit 1998 ein deutsches Namensstatut erworben hat, ist Art. 47 EGBGB anwendbar. Eine Befristung der Bestimmungsrechte sieht Art. 47 EGBGB nicht vor.
aa)
Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr 1, 2, 4 EGBGB führen vorliegend offenkundig nicht zu dem gewünschten Ergebnis, da diese Normen nur eine Auswahl aus dem phonetisch unveränderten bisherigen Namen erlauben.
bb)
Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr 3 EGBGB erlaubt jedenfalls die Ablegung des Zwischennamens „Thi“, insoweit also wirksame Wahl.
cc)
Nach Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr 5 Hs. 1 EGBGB kann Ying eine deutschsprachige Form des Vornamens und des Nachnamens annehmen. Nun gibt es freilich weder zu „Ying“ noch zu „Hu“ deutschsprachige Pendants.[16] In Betracht kommt daher nur Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr 5 Hs. 2 EGBGB, der jedoch nur die Annahme eines neuen Vornamens, nicht aber eines Familiennamens erlaubt; beim Familiennamen ist eine Eindeutschung regelmäßig nur bei linguistischer Verwandtschaft des geführten mit einem deutschen Namen möglich.[17]
Im Ergebnis heißt Ying also nunmehr mit Vornamen Yvonne. Da sie den Zwischennamen abgelegt hat, die Namensbestimmung des Nachnamens zu „Huber“ aber unwirksam ist, heißt sie mit Nachnamen weiter „Hu“.
Ergebnis:
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Ying heißt nunmehr „Yvonne Hu“.
Frage 4: Namensstatut des Frank
1. Namensstatut
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Der Familienname des Frank bestimmt sich nach seinem Namensstatut, also nach dem Recht des Staates, dem Frank angehört (Art. 10 Abs. 1 EGBGB).
a) § 4 Abs. 3 StAG
Ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit von Geburt kommt nicht in Betracht. Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht sieht erst seit dem 1.1.2000 für nach dem 31.12.1999 in Deutschland geborene Kinder in § 4 Abs. 3 StAG einen Erwerbstatbestand iure soli vor.
b) Art. 12 GFK
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Ein