Klausurenkurs im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht. Thomas Rauscher
–Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr 3 EGBGB: Ablegen Zwischenname „Thi“
–Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr 5 Hs. 1 EGBGB: Keine deutschsprachigen Namensformen (-)
–Art. 47 Abs. 1 S. 1 Nr 5 Hs. 2 EGBGB: Nur Annahme eines neuen Vornamens (insoweit +)
Ergebnis:Ying heißt nunmehr Yvonne Hu.
Frage 4: Namensstatut des Frank
1.Namensstatut
–Staatsangehörigkeit (Art. 10 Abs. 1 EGBGB)
a)§ 4 Abs. 3 StAG
–Deutsche Staatsangehörigkeit von Geburt § 4 Abs. 3 StAG: erst seit 1.1.2000 (-)
b)Art. 12 GFK
–Abgeleiteter Flüchtlingsstatus: Vater John hatte Flüchtlingsstatus verloren (-)
c)Kein abgeleitetes Personalstatut bei Staatenlosigkeit
–Deutsches Personalstatut bei Staatenlosigkeit: nur originär, nicht abgeleitet (-)
d)Vietnamesische Staatsangehörigkeit
–Vietnamesische Staatsangehörigkeit: Art. 6 Abs. 2 vietnamesisches Staatsbürgerschaftsgesetz (+)
2.Einfluss des Ehenamensstatuts
–Wahl des Ehenamensstatuts durch Eltern: keine Erstreckung auf Kind
3.Wahl des Kindesnamensstatuts
a)Art. 10 Abs. 3 EGBGB intertemporal anwendbar
–Wahl deutschen Rechts nach Art. 10 Abs. 3 Nr 1, Nr 2 EGBGB
–Art. 10 Abs. 3 EGBGB intertemporal anwendbar
–Art. 224 § 3 Abs. 1 S. 1 EGBGB (-)
–Sinn und Zweck gemessen an Art. 10 Abs. 5 aF EGBGB (+)
b)§ 1617c Abs. 1 BGB analog
–§ 1617c BGB analog (+)
Ergebnis:Der Sorgeberechtigte kann für Frank deutsches Recht als Namensstatut wählen.
Lösung
Frage 1: Antrag der Ying
1. Zuständigkeit
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Der Antrag beim Standesamt, die Namenseintragung in dem (nach § 15a Abs. 1 S. 1 Nr 1 Hs. 2 PStG aF[1] angelegten) Familienbuch zu ändern, kann nur erfolgreich sein, wenn das Standesamt zur Änderung befugt ist. Die Frage der internationalen Zuständigkeit stellt sich nicht, es geht um die Führung eines deutschen Personenstandsbuches.
Funktionell zuständig ist seit dem 1.1.2009 nicht mehr der Standesbeamte, sondern das Standesamt (§ 3 PStG). Örtlich zuständig ist das Standesamt, bei dem das betreffende Personenstandsbuch geführt wird. Gemäß § 3 PStG ist zwar seit dem 1.1.2009 kein Familienbuch mehr vorgesehen. Vorher angelegte Familienbücher werden jedoch gemäß § 77 Abs. 2 S. 1 PStG als Heiratseinträge fortgeführt. Da die in Italien geschlossene Ehe vorliegend nicht in einem deutschen Heiratsbuch beurkundet wurde, bleibt für die Fortführung das Standesamt zuständig, bei dem zuletzt das Familienbuch geführt wurde (§ 77 Abs. 2 S. 2 PStG).
2. Änderung des Eintrags
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Eine Änderung nach § 46 PStG scheidet aus. Sie ist nur zulässig, wenn eine Eintragung auf Unrichtigkeiten in der Anzeige von Geburten und Sterbefällen zurückgeht.
3. Berichtigung des Eintrags
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Eine Berichtigung ohne gerichtliche Mitwirkung käme nach § 47 PStG in Betracht. Die Fälle der Berichtigung wurden zwar gegenüber § 46a aF PStG erweitert, eine Namensberichtigung käme aber weiterhin nur in Betracht, wenn der richtige Name durch andere Personenstandsurkunden festgestellt wäre (§ 47 Abs. 1 S. 3 PStG), was nicht der Fall ist.
4. Berichtigung auf Anordnung des Gerichts
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Andere Berichtigungen kann das Standesamt nicht selbst vornehmen, sondern „nur“ (§ 48 Abs. 1 PStG) das Gericht. Ying müsste also einen Antrag nach § 48 PStG stellen, wozu sie nach § 48 Abs. 2 S. 1 PStG als Beteiligte berechtigt ist. Sachlich zuständig ist das Amtsgericht; örtlich zuständig ist das AG Frankfurt/Main, das gemäß § 50 Abs. 1 PStG für den gesamten Gerichtsbezirk des LG Frankfurt/Main zuständig ist, in dem das Standesamt, dessen Personenstandsregister berichtigt werden soll, seinen Sitz hat (§ 50 Abs. 2 PStG).
Ergebnis:
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Ying muss Antrag nach § 48 PStG beim AG Frankfurt/Main stellen.
Frage 2: Namensführung in der Ehe Ying – John
I. Erwerb eines Ehenamens bei Eheschließung
1. Deutsches IPR
a) Art. 220 Abs. 1 EGBGB
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Am 1.9.1986 ist das Gesetz zur Neuregelung des IPR in Kraft getreten. Für den Namenserwerb durch die am 20.12.1981 erfolgte Eheschließung ist also intertemporal zu klären, ob altes oder neues Kollisionsrecht anzuwenden ist.
Art. 220 EGBGB ist die intertemporale Kollisionsnorm für diese Gesetzesänderung. Maßgeblich ist Art. 220 Abs. 1 EGBGB; der Erwerb eines Ehenamens durch eine vor dem 1.9.1986 erfolgte Eheschließung müsste ein abgeschlossener Vorgang sein. Unbeschadet der Streitfrage, ob auch eine abgeschlossene kollisionsrechtliche Anknüpfung genügt,[2] ist ein Vorgang jedenfalls abgeschlossen, wenn bereits materielle Rechtsfolgen kraft Gesetzes eingetreten sind. Das ist der Fall, wenn mit Eheschließung ein Name erworben oder gewählt wurde. Es ist das alte IPR anzuwenden.
b) Anknüpfung Heimatrecht
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Anzuknüpfen ist einerseits an das Heimatrecht jedes Ehegatten für jeweils dessen Namensführung (wie nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB, MAT a). Eine gemeinsame Namensführung ist danach nur möglich, wenn beide individuellen Namensstatute die konkret angestrebte Namensführung, ggf nach einer Namenswahl, zulassen.
c) Alternativ: Ehewirkungsstatut
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Nach früherem deutschem IPR war für eine gemeinsame Namensführung von Ehegatten aber zudem alternativ nach Wahl der Ehegatten auch an das Ehewirkungsstatut bei Eheschließung anzuknüpfen (MAT a).
Das Ehewirkungsstatut ist nach altem IPR zu bestimmen, weil es insoweit ein Element der Bestimmung des Namensstatuts ist und die Namensbestimmung bei Eheschließung ein abgeschlossener Vorgang ist (Art. 220 Abs. 1 EGBGB).
Art. 14 aF EGBGB (MAT a) enthält eine Kollisionsnorm nur für deutsche Ehegatten, ist also einseitige Kollisionsnorm. Nach dem zum früheren IPR entwickelten Prinzip der Verallseitigung folgt daraus die Anknüpfung des Ehewirkungsstatuts bei gemeinsamer Staatsangehörigkeit (Personalstatut)