Grundrechte. Daniela Schroeder
des Art. 1 Abs. 3 GG insbesondere auf die neu geschaffene Bundeswehr erstreckt werden.
Beispiele
Vollziehende Gewalt i.S.d. Art. 1 Abs. 3 GG sind daher insbesondere: Verwaltung im engeren Sinne, Regierung, Bundeswehr, Beliehene, Verwaltungshelfer, Träger der mittelbaren Staatsverwaltung wie etwa Gemeinden, Kreise, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts (z.B. staatliche Hochschulen), Anstalten (z.B. öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten), auch in Sonderrechtsverhältnissen (z.B. Beamten-, Schul-, Strafgefangenenverhältnis). Die Kirchen gehören zur vollziehenden Gewalt nur, soweit sie hoheitliche Gewalt ausüben (z.B. im Friedhofsrecht, Kirchensteuerrecht, Ersatzschulrecht); im rein innerkirchlichem Bereich (z.B. Ämterhoheit der Kirchen) ist die Kirche dagegen nicht grundrechtsverpflichtet.
b) Formen exekutiven Handelns
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Ein anderes Problem stellt sich insoweit, als die Exekutive ihre Aufgaben in vielfältigen Formen wahrnimmt, denn sie ist nicht stets verpflichtet, in öffentlich-rechtlicher Form zu handeln. Vielmehr hat sie in bestimmten Fällen ein Wahlrecht. Damit stellt sich die Frage, ob die Exekutive unabhängig von der Form ihres Handelns immer an die Grundrechte gebunden ist.
aa) Öffentlich-rechtliche Formen
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Sofern die Exekutive bei der Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgaben öffentlich-rechtlich handelt (z.B. beim Erlass von Verwaltungsakten, Rechtsverordnungen oder Satzungen), ist sie unstreitig gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden.
bb) Privatrechtliche Formen
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Sofern die Exekutive privatrechtlich handelt, sind drei Handlungsformen zu unterscheiden: das Verwaltungsprivatrecht, die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Verwaltung und die privatrechtlichen Hilfsgeschäfte der Verwaltung.[53]
(1) Verwaltungsprivatrecht
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Verwaltungsprivatrecht liegt vor, wenn ein öffentlich-rechtlicher Verwaltungsträger unmittelbar hoheitliche Aufgaben in privatrechtlicher Form erfüllt.
Beim Verwaltungsprivatrecht hat die Exekutive grundsätzlich die Wahl sowohl hinsichtlich der Organisationsform ihres Handelns (öffentlich-rechtlich organisierter Eigen- oder Regiebetrieb; AG, GmbH) als auch hinsichtlich der Ausgestaltung der Leistungs- und Benutzungsverhältnisse (Abschluss privatrechtrechtlicher oder öffentlich-rechtlicher Verträge).[54]
(2) Erwerbswirtschaftliche Betätigung
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Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Exekutive liegt vor, wenn die Exekutive eigene unternehmerische Tätigkeit entfaltet.
Dies ist dann der Fall, wenn sie in unternehmerischer Weise am Wirtschaftverkehr teilnimmt bzw. sich an einem im Wettbewerb mit anderen Unternehmen stehenden privaten Unternehmen beteiligt.
(3) Hilfsgeschäft
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Ein privatrechtliches Hilfsgeschäft der Exekutive liegt vor, wenn die Exekutive Geschäfte zur Bedarfsdeckung tätigt.
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Es ist inzwischen wohl unstreitig, dass die Exekutive auch dann gemäß Art. 1 Abs. 3 GG an die Grundrechte gebunden ist, sofern sie verwaltungsprivatrechtlich, erwerbswirtschaftlich oder hilfsgeschäftlich tätig ist.[55] In allen drei Bereichen privatrechtlichen Handelns gilt jedoch übereinstimmend, dass ein privatrechtliches Unternehmen nur dann an die Grundrechte gebunden ist, wenn die Exekutive mehr als die Hälfte der Anteile an dem privatrechtlichen Unternehmen hält.[56] Andernfalls kann die Bindung an die Grundrechte für die Exekutive nur bedeuten, dass sie ihren rechtlichen Einfluss so ausüben muss, dass durch das privatrechtliche Unternehmen keine Grundrechtsverstöße begangen werden.[57]
c) Sonderstatusverhältnisse
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Grundrechtsverpflichtet ist die Exekutive auch im sog. Sonderstatusverhältnis. Bei einem Sonderstatusverhältnis handelt es sich um eine besondere Beziehung zwischen Bürger und Staat, die über das allgemeine Staats-Bürger-Verhältnis hinausgeht.
Beispiel
Beamte, Strafgefangene, Soldaten und Schüler an öffentlichen Schulen befinden sich in einem solchen Sonderstatusverhältnis.
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Während nach früher herrschender Ansicht in den damals sog. besonderen Gewaltverhältnissen die Grundrechte keine Anwendung fanden, hat nach der grundlegenden Strafgefangenen-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts[58] ein Umdenken eingesetzt. Seit dieser Entscheidung ist anerkannt, dass die Exekutive auch in den Sonderstatusverhältnissen an die Grundrechte gebunden ist und der rechtsstaatliche Vorbehalt des Gesetzes hier ebenfalls gilt. Eingriffe in Grundrechte bedürfen daher auch in Sonderstatusverhältnissen einer formell-gesetzlichen Grundlage.[59]
3. Judikative als Grundrechtsverpflichtete
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Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG ist auch die Judikative an die Grundrechte als unmittelbar geltendes Recht gebunden. Der Begriff der „Rechtsprechung“ ist im Sinne des Art. 92 GG zu verstehen und erfasst daher alle staatlichen Gerichte.[60] Aus rechtsstaatlicher Perspektive ist die Bindung der Judikative an die Grundrechte eine Selbstverständlichkeit, denn in gerichtlichen Verfahren treten die Gerichte den Beteiligten gegenüber „formell und in unmittelbarer Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt“ auf.[61] Dementsprechend sind die Gerichte verpflichtet, bei der Anwendung und der Auslegung einfachen Rechts die Grundrechte zu beachten, insbesondere haben sie bei der Anwendung und der Auslegung privatrechtlicher Normen die Ausstrahlungswirkung bzw. die mittelbare Drittwirkung der Grundrechte zu berücksichtigen.
Hinweis
Ob die Judikative ihre Grundrechtsbindung hinreichend beachtet hat, kann Gegenstand einer Urteilsverfassungsbeschwerde sein (s.u. Rn. 732).
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Beispiel
T ist weitgehend vermögenslos. Als Arbeiter in einer Tuchfabrik verdient er lediglich knapp 700 € netto im Monat. Sonstiges Vermögen besitzt er nicht. Sein Vater V ist Immobilienmakler. Er möchte seinen Kreditrahmen bei der Sparkasse um einige hunderttausend Euro erhöhen. Die Sparkasse ist hierzu bereit, verlangt jedoch eine Bürgschaftserklärung des T, die dieser abgibt. Später wird T aus der Bürgschaft in Anspruch genommen. T hält die Bürgschaftserklärung nach den gegebenen Umständen für sittenwidrig und erhebt Klage