Handbuch des Strafrechts. Dennis Bock
Ansprüchen (§§ 142, 283 ff. StGB),
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Die vom Gesetzgeber als Überschrift des 25. Abschnitts gewählte Modalität des „strafbaren Eigennutzes“ bildet hingegen keine sinnvolle Kategorie gegen das Vermögen gerichteter Handlungsmodalitäten.[100] Sie lässt die Frage offen, unter welchen Voraussetzungen das – gerade im Bereich der Wirtschaft akzeptierte – Streben nach persönlichen Vorteilen ausnahmsweise strafbar sein soll. Ein gemeinsamer Nenner lässt sich im 25. Abschnitt, der eine bunte Mischung verschiedener Delikte (von der unerlaubten Veranstaltung eines Glückspiels bis hin zur Fischwilderei) versammelt, nicht finden.[101]
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Die Vermögensdelikte lassen sich auch nach den verschiedenen Folgen der Beeinträchtigung vermögensrelevanter Positionen einteilen. Das Eigentum kann durch Verletzung seiner Substanz (§ 303 StGB), die Entziehung der uneingeschränkten Verfügungsbefugnis (§§ 242, 249 StGB) oder – in Ausnahmefällen – die vorübergehende Entziehung der Nutzungsmöglichkeit (§ 248b StGB) verletzt werden. Das Vermögen wird vor Schäden (§§ 263, 266 StGB) und vor Gefährdungen (§§ 265, 265b StGB) geschützt.
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Ein anderes Einteilungsprinzip unterscheidet Schädigungs- von Bereicherungsdelikten und knüpft damit an die Motive für den Rechtsgutsangriff an.[102] Das StGB behandelt die Kategorien überwiegend gleich; so werden etwa in §§ 283, 292 und 293 StGB die Varianten der Schädigung und der Verschiebung von Vermögen als gleichwertige Alternativen erfasst. Allerdings bestraft § 242 StGB den Diebstahl einer Sache schwerer als § 303 StGB ihre Zerstörung. Deutlich wird der Unterschied auch in § 248c StGB: Die rechtswidrige Zueignung elektrischer Energie unterliegt einer höheren Strafandrohung als ihre bloße Entziehung zur Schadenszufügung. Die partielle Privilegierung von Schädigungsdelikten im StGB ist rechtsdogmatisch inkonsequent und in ihrer Bewertung der Tatschwere nicht überzeugend.[103] Eine destruktive Motivation des Täters, der Vermögen aus „Rache, Schadenfreude, Neid oder Muthwillen“[104] entzieht, erscheint gegenüber der Absicht eigener oder fremder Bereicherung (die etwa in Fällen wirtschaftlicher Not menschlich nachvollziehbar sein kann) kaum als geringeres subjektives Unrecht. Kein anderes Bild ergibt sich mit Blick auf den Verletzten der Tat: Für ihn birgt die bloße Verschiebung seines Vermögens durch das Bereicherungsdelikt immerhin die Möglichkeit einer Rückerlangung, während es im Falle der Schädigung unwiederbringlich verloren ist.[105] Trotz ihrer Widersprüchlichkeit darf diese Wertung des StGB nicht durch eine Umdeutung von Sachbeschädigungs- in Diebstahlsunrecht umgangen werden. Eine im Rahmen der Gebrauchsanmaßung eingetretene Sachwertminderung stuft die Tat nicht zum Zueignungsdelikt hoch (Rn. 9).[106]
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Nachfolgend sollen zwei Aspekte des Vermögensstrafrechts herausgegriffen werden, die für seine Struktur in besonderer Weise prägend sind: Die Einteilung in Vermögens- und Eigentumsdelikte (Rn. 30 f.) sowie die Behandlung von Schäden, Gefährdungen und Eingriffen in die Dispositionsfreiheit (Rn. 32 ff.).
II. Unterschiedliche Angriffsformen bei Vermögens- und Eigentumsdelikten
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Es wurde bereits beschrieben, dass das Eigentum an beweglichen Sachen im deutschen Recht vor anderen Angriffsformen geschützt wird als das Vermögen im Allgemeinen. Durch die unterschiedliche Gestaltung der Tatbestände ergeben sich verschiedene Diskrepanzen in der strafrechtlichen Erfassung vermögensrelevanter Beeinträchtigungen:
(1) Die Eigentumsdelikte schützen nicht vor Täuschungen. Der täuschungsbedingte Verlust einer beweglichen Sache bleibt daher straflos, wenn sie keinen materiellen, sondern nur ideellen Wert hat.
(2) Die Vermögensdelikte der §§ 263, 253 StGB schützen das Vermögen vor Täuschung und Drohung, nicht aber vor Wegnahme. Diese Lücke wird durch die Eigentumstatbestände dann nicht aufgefangen, wenn der betroffene Vermögenswert keine „fremde bewegliche Sache“ darstellt (vgl. Strafbarkeitslücke beim Entzug elektrischer Energie bis zur Einführung von § 248c StGB).
(3) Mit Ausnahme von § 248b StGB schützen die Eigentumsdelikte den Besitz als solchen nicht. Die Entziehung des Besitzes durch Wegnahme ist also straflos, wenn die Sache zurückgegeben werden soll, selbst wenn der Besitz für den Betroffenen von hohem Wert ist.[107] Gleiches gilt für Pfandflaschen: wer einem anderen eine sogenannte „Individualflasche“ wegnimmt, negiert bei ihrer Rückgabe nicht das Eigentum des Herstellers und macht sich – wenn ihm eine gegenteilige Absicht nicht nachweisbar ist – nicht strafbar.[108] Diese Rechtsprechung führt zu dem wenig nachvollziehbaren Ergebnis, dass in einem Beutel mit Pfandflaschen einige dem Eigentumsschutz unterfallen, andere hingegen nicht.[109]
(4) Die herrschende Lehre, die Raub und räuberische Erpressung als einander ausschließende, in einem Exklusivitätsverhältnis stehende Delikte begreift,[110] kann den Täter, der eine Sache ohne Zueignungsabsicht gewaltsam wegnimmt, nicht nach § 249 StGB bestrafen; lässt er sich die Sache hingegen geben, kann im erzwungenen Besitzverlust ein Schaden liegen, so dass §§ 253, 255 StGB eingreifen.
(5) Eine an die vollendete Wegnahme anschließende Gewaltanwendung zur Besitzerhaltung wird als räuberischer Diebstahl nach § 252 StGB bestraft. Wird hingegen die Rückforderung einer durch Täuschung entzogenen Sache mit Gewalt verhindert, so handelt es sich mangels weiteren Vermögensschadens regelmäßig um eine straflose Sicherungserpressung.[111]
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Sachliche Gründe für diese Selektivität des Vermögensschutzes sind nicht ersichtlich. So werden an die Strafbarkeit von Raub und räuberischer Erpressung (Konstellation 2) unterschiedliche Anforderungen gestellt (Zueignungsabsicht des Täters für § 249 StGB und ein negativer Gesamtvermögenssaldo für §§ 253, 255 StGB), obwohl sich die Tathandlungen in ihrem Unrechtsgehalt nicht unterscheiden und ihre Abgrenzung in der Regel von zufälligen situativen Umständen abhängt. Dass es sich hier um ungewollte Wertungswidersprüche handelt, zeigen die Bestrebungen, auftretende „Lücken“ durch weite Auslegung[112] oder die Schaffung neuer Tatbestände[113] zu schließen. Die im StGB vorgenommene Trennung zwischen Eigentum an beweglichen Sachen und sonstigen Vermögenspositionen ist keineswegs zwingend. So findet sich eine solche Unterscheidung etwa im US-amerikanischen Recht nicht: Bewegliches und unbewegliches Eigentum kann nach Sec. 223.2. des Model Penal Codes gleichermaßen Gegenstand des Diebstahls („theft“) sein.[114] Eine einheitliche Regelung von Angriffen gegen verschiedene Eigentums- und Vermögenspositionen vermeidet die Divergenzen, die im deutschen Recht durch die unterschiedliche Formulierung von §§ 242, 249 StGB und §§ 263, 253, 255 StGB entstehen. Die Gestaltung des deutschen Vermögensstrafrechts beruht hier auf einer tradierten, naturalistischen Unterscheidung von Vermögenswerten und folgt keiner überzeugenden normativen Logik.
1. Vermögensschaden und Dispositionsfreiheit