Verteidigung in der Hauptverhandlung. Klaus Malek
Staatsanwalt oder Polizeibeamter wesentlich war, spielt keine Rolle. Entscheidend ist, ob er, wenn auch in untergeordneter Weise, irgendetwas zur Erforschung des Sachverhalts oder zur Beeinflussung des Verfahrensablaufs getan hat.[11] Der Richter ist auch in bestimmten Fällen richterlicher Vorbefassung von der Mitwirkung bei der Entscheidung ausgeschlossen (§ 23).[12] Ein ehrenamtlicher Richter, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, ist gemäß § 33 Nr. 5 GVG vom Richteramt ausgeschlossen.[13]
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Der Ausschluss des Richters wirkt kraft Gesetzes. Die Bedeutung der zusätzlichen Ablehnungsmöglichkeit nach § 24 Abs. 1 liegt daher lediglich darin, dass die Behauptung des Antragstellers, es sei ein Fall der Ausschließung gegeben, überprüft werden muss.[14] Der Verteidiger muss wissen, dass die Ausschließung des Richters die Fehlerhaftigkeit sämtlicher Amtshandlungen in dem Verfahren zur Folge hat. Allerdings sind diese nicht unwirksam, sondern lediglich anfechtbar, insbesondere mit der Revision nach § 338 Nr. 2.[15] Dies gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch für den Eröffnungsbeschluss, an dem ein kraft Gesetzes ausgeschlossener Richter mitgewirkt hat.[16] Entsteht ein Ausschließungsgrund erst während der Hauptverhandlung, so muss diese vollständig wiederholt werden, weil § 226 verletzt ist.[17]
bb) Besorgnis der Befangenheit
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Aus den gleichen Gründen, bei denen der Richter von der Ausübung seines Amtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, kann er auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden (§ 24 Abs. 1). Gemäß § 24 Abs. 2 kann ein Richter auch dann wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Um die Erfolgsaussichten eines Ablehnungsantrags einschätzen zu können, muss der Verteidiger die nachfolgenden Grundzüge des Ablehnungsrechts sehr gut kennen.
(1) Allgemeines
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Das Vorliegen des Ablehnungsgrundes ist grundsätzlich vom Standpunkt des Ablehnenden aus zu beurteilen. Ob der Richter tatsächlich parteiisch oder befangen ist, spielt dabei keine Rolle.[18] Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters ist somit gerechtfertigt, wenn der Ablehnende bei verständiger Würdigung des ihm bekannten Sachverhalts Grund zu der Annahme hat, dass der abgelehnte Richter ihm gegenüber eine innere Haltung einnimmt, die seine Unparteilichkeit oder Unvoreingenommenheit störend beeinflusst.[19] Entscheidend ist, ob ein „vernünftiger Angeklagter“[20] Grund zu einer solchen Besorgnis hat, nicht jedoch, ob sich der Richter selbst für befangen hält, oder ob er für Zweifel an seiner Unbefangenheit Verständnis aufbringt.[21]
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Bei der Frage der Befangenheit ist nach herrschender Meinung auch die dienstliche Erklärung des abgelehnten Richters zu berücksichtigen, wodurch ein zunächst berechtigt erscheinendes Misstrauen überwunden werden kann.[22] Umso wichtiger ist es aus der Sicht der Verteidigung, darauf zu bestehen, vor einer Entscheidung über das Ablehnungsgesuch diese Erklärung zur Kenntnis zu erhalten, um im Rahmen des rechtlichen Gehörs Stellung nehmen zu können.
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Die Ablehnung kann sich immer nur auf einen bestimmten Richter in einer bestimmten Strafsache beziehen,[23] nicht auf ein Kollegialgericht als Ganzes.[24] Möglich ist es jedoch, jedes einzelne Mitglied eines Gerichts abzulehnen, z.B. dann, wenn das Kollegialgericht eine die Ablehnung begründende Entscheidung gefasst hat, ohne dass es dem Beschuldigten möglich wäre zu klären, welche Richter im Einzelnen der Entscheidung zugestimmt haben.[25]
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Kein Ablehnungsgrund kann nach allgemeiner Meinung aus dem Verhalten des Angeklagten selbst hergeleitet werden, da er es ansonsten in der Hand hätte, sich nach Belieben jedem Richter zu entziehen.[26] Dasselbe gilt für Spannungen zwischen dem Richter und dem Verteidiger, die erst im Verlauf des Verfahrens entstanden sind.[27] Die Besorgnis der Befangenheit kann sich allerdings gleichwohl aus Reaktionen des Richters ergeben, wenn diese zu dem auslösenden Anlass in keinem vertretbaren Verhältnis mehr stehen[28] oder sich die Animosität des Richters auch auf den Angeklagten überträgt.[29]
(2) Konkrete Befangenheitsgründe
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Bei der Bewertung, ob sich ein bestimmter Vorgang eignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen, sind stets die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Diese entziehen sich weitgehend einer abstrakten Kategorisierung,[30] so dass sich in der Rechtsprechung eine sehr unübersichtliche Kasuistik entwickelt hat. Ablehnungsgründe können sich insbesondere aus den persönlichen Verhältnissen des Richters, seinem Verhalten und seinen Äußerungen vor oder während der Hauptverhandlung und aus seiner Vortätigkeit im Verfahren gegen den Ablehnenden ergeben. Die nachfolgenden Ausführungen erheben keinen Anspruch auf auch nur annähernde Vollständigkeit. Wegen der Fülle der zum Befangenheitsrecht ergangenen und sich ständig vermehrenden Einzelfallentscheidungen muss auf die Kommentierungen zur StPO und die jeweils aktuellen Fachzeitschriften verwiesen werden.
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Die persönlichen Verhältnisse des Richters begründen nur dann die Besorgnis der Befangenheit, wenn zwischen ihnen und der Strafsache eine besondere Verbindung besteht.[31] In der Regel sind daher Religion, Weltanschauung und Mitgliedschaft in einer politischen Partei[32] oder in einer Gewerkschaft[33] kein Ablehnungsgrund. Das selbe soll gelten, wenn eine Schöffin im Falle der Anklage wegen des Verdachts eines sexuellen Missbrauchs Mitglied bei „Wildwasser e.V.“ ist.[34] Etwas anderes muss allerdings dann gelten, wenn das weltanschauliche, konfessionelle oder politische Engagement des Richters in einem inneren Zusammenhang mit dem zu beurteilenden Sachverhalt oder Delikt steht[35] und von dem Richter aus diesem Grund eine neutrale Haltung in der Sache nicht zu erwarten ist. Ein Ablehnungsgrund kann weiterhin darin liegen, dass der Richter mit dem Angeklagten verfeindet oder mit dem Verletzten oder Zeugen eng befreundet ist.[36]
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Ob das Verhalten des Richters und seine Äußerungen in oder vor der Hauptverhandlung die Besorgnis der Befangenheit begründen, ist vom konkreten Einzelfall abhängig. Unsachliche Äußerungen („Afrikaner lügen, dass sich die Balken biegen“)[37] und Beleidigungen gegenüber dem Angeklagten („Gangster“,[38] „Sie lügen nach Aktenlage unverschämt“,[39] die Sacheinlassung ist „schwachsinnig“[40]) oder dem Verteidiger „beim Lesen der Akten und Beiakten habe ich die Einlegung dieser für wenig aussichtsreich erachteten Berufung nahezu als ein Ansinnen an das vielbeschäftigte Gericht betrachtet“,[41] „Ihre erste Niederlage, Herr Verteidiger,“ nach dem Beschluss über die Zulassung der Nebenklage[42] oder im Rahmen eines Gesprächs mit dem Verteidiger über eine Haftbeschwerde die Bemerkung „Solche Leute haben in Freiheit nichts zu suchen“,[43] rechtfertigen in der Regel, anders als die bloße Äußerung einer Rechtsmeinung,[44] die Besorgnis der Befangenheit. Auch Äußerungen im Internet, etwa auf einem Facebook-Account können Anlass geben, an der Unbefangenheit des Richters zu zweifeln. Dies hat der 3. Strafsenat des BGH etwa angenommen bei einem Richter, der sich mit einem Bierglas in der Hand und einem T-Shirt mit der Aufschrift präsentiert: „Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause: JVA“, insbesondere weil sich auf derselben Seite noch der Vermerk befand „2. Große Strafkammer beim LG Rostock“.[45]
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Grund für die Besorgnis der Befangenheit kann sich auch durch die einseitige Kontaktaufnahme zu anderen Verfahrensbeteiligten, etwa zu einem Mitangeklagten[46] oder zum sachbearbeitenden Staatsanwalt[47], ergeben. Verhandlungsführung und Verhandlungsstil