Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden. Kurt E. Böhme
ein Haftungsausschluss oder Mitverschulden vor, so sind nicht nur Ansprüche des Verletzten, sondern auch die seiner Angehörigen, der sog. mittelbar Geschädigten,[36] ausgeschlossen bzw. gemindert. Einen Haftungsausschluss bzw. das Mitverschulden hat der in Anspruch genommene Kraftfahrer zu beweisen.
c) Fahrgemeinschaften
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Seit Inkrafttreten des 2. Schadenrechtsänderungsgesetzes zum 1.8.2002 kommt es für die Haftung aus §§ 7, 18 StVG gegenüber Insassen des Kraftfahrzeugs nicht mehr darauf an, ob diese geschäftsmäßig und entgeltlich befördert werden. Nach neuem Recht hat grundsätzlich jeder Insasse Anspruch gegenüber Halter und Fahrer des Kraftfahrzeugs aus §§ 7, 18 StVG. Hinzu kommt, dass eine Enthaftung des Halters nach § 7 Abs. 2 StVG – höhere Gewalt – faktisch ausgeschlossen ist.
Neben Ansprüchen aus §§ 7, 18 StVG, §§ 823 ff. BGB kann dem Mitglied einer Fahrgemeinschaft gegen den Schädiger – ein anderes Mitglied der Fahrgemeinschaft – ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung eines Geschäftsbesorgungsvertrages zustehen. Dies hängt im Einzelfall davon ab, ob ein bloßes Gefälligkeitsverhältnis vorliegt oder ob ein Rechtsbindungswille vorhanden ist. Für ein Vertragsverhältnis spricht ein wirtschaftliches Interesse der Beteiligten, z.B. Kosten und Zeit wechselseitig einzusparen. Regelmäßig ist bei Vorliegen eines rechtlich verbindlichen Geschäftsbesorgungsverhältnisses auch Haftung bei einfacher Fahrlässigkeit gegeben.[37]
Der Schadenersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung wird von der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung nach A.1.1 AKB 2015 (§ 10 AKB-alt) gedeckt.[38]
Zu einem möglichen vertraglichen Haftungsausschluss s.o. Rn. 311 ff.
Anmerkungen
Zur Rechtslage vor dem 1.8.2002 vgl. 22. Aufl. Kap. A Rn. 296 ff.
BGH VersR 2008, 230; vgl. auch Kap. 4 Rn. 103 und Kap. 16 Rn. 25
BGH VersR 1969, 161.
BGH VersR 1991, 230.
BGH VersR 1970, 179 m.w.N.; OLG Nürnberg VersR 1989, 969 = NJW 1989, 2701; Schließen der Omnibustür beim Einsteigen; OLG Köln NZV 1989, 237, zum Aussteigen; OLG Hamm NZV 1989, 1 93, zum Verkehrsunfall beim Ein- oder Aussteigen.
OLG Hamm DAR 1984, 20 = zfs 1984, 35.
BGH Urteil vom 10.2.2009 – VI ZR 28/08 – m.w.N.; VersR 1978, 625; VersR 1980, 426 (Kfz-Halter wird auf Probefahrt verletzt); LG München zfs 1991, 114; BGH VersR 1966, 40; OLG Karlsruhe VersR 1981, 50. Kein Haftungsverzicht bei Probefahrt mit Privatfahrzeug, OLG Schleswig VersR 1982, 585; OLG München DAR 1998, 17; OLG Celle Urteil vom 30.6.2010 – 14 U 33/10 – juris; Überlassen des Steuers an unerfahrenen Fahrer, OLG Koblenz VersR 1983, 947 = zfs 1983, 356.
OLG Hamm VersR 2008, 1220 (unentgeltliche Auftragsfahrt auf einem mit einem Traktor angehängten einachsigen Anhänger zum Junggesellenabschied); fraglich jedoch, ob die Beurteilung des Haftungsrisikos anders ausgefallen wäre, wenn das Fahrzeug versichert gewesen wäre.
BGH Urteil vom 10.2.2009 – VI ZR 28/08 –; OLG Koblenz NJW-RR 2005, 1048.
BGH VersR 1964, 391; VersR 1966, 40; VersR 1978, 625.
BGH RuS 2009, 207; gemeinsame Anmietung eines Fahrzeugs in Südafrika unter Berücksichtigung der dortigen Umstände (erhebliche Unfallgefahr wegen Linksverkehr, Irrtum über versicherungsrechtliche Lage in Südafrika).
zur besonderen Fürsorgepflicht der Eheleute: OLG Bamberg NJW-RR 1986, 252; OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 1358; OLG Hamm VersR 1976, 547; s.o. Rn. 303.
BGH VersR 1977, 541.
BGH VersR 1963, 586.
BGH VersR 1965, 496.
BGH VersR 1967, 379; VersR 1966, 40.
BGH VersR 1966, 40; VersR 1961, 284; BGHZ 34, 355; NJW 1961, 655; OLG Bamberg NJW-RR 1986, 252; s.a. OLG Frankfurt VersR 1983, 926 = RuS 1983, 74.
OLG Hamm SP 1996, 76 (1/4 Mithaftung).
BGH VersR 1961, 284. Die Kenntnis gewisser gefahrerhöhender Umstände wie Schnee, Eis und geringe Fahrpraxis des Fahrers führen für sich allein noch nicht zur Annahme eines Mitverschuldens des Insassen; BGH VersR 1965, 496.
Vgl. OLG Zweibrücken VersR 1978, 1030.
OLG Düsseldorf (BGH) RuS 1995, 293; OLG Köln SP 1996, 1; OLG Köln (BGH) VersR 1997, 127; OLG Zweibrücken (BGH) VersR 1993, 454 = zfs 1993, 152 = RuS 1993, 53 = SP 1993, 209.
BGH MDR 1961, 404.
BGH VersR 1967,