Arbeitsstrafrecht. Björn Gercke
der Praxis bildet die Zusammenarbeit verschiedener Behörden ein ganz wesentliches und effektives Element bei der Bekämpfung von Delikten aus dem Bereich des Arbeitsstrafrechts. Insbesondere ist in zahlreichen Einzelgesetzen vorgesehen, dass sich die jeweiligen Behörden und Stellen gegenseitig unterrichten, wenn sie im Rahmen ihrer eigenen Aufgabenwahrnehmung Anhaltspunkte für Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten festgestellt haben, für deren Überprüfung und Verfolgung die jeweils andere Behörde bzw. Stelle zuständig ist.[8] Entsprechend dicht ist das „Netz der Verfolger“.[9]
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Mitteilungs- und Zusammenarbeitsregelungen finden sich beispielsweise in § 31a AO, § 23 Abs. 3 ArbSchG, § 18 AÜG, § 90 AufenthG, § 139b Abs. 7 und 8 GewO, § 118a HwO, §§ 16 f. SchwarzArbG, § 113 SGB IV, § 321 SGB VI sowie in § 211 SGB VII. Darüber hinaus kann sich eine Benachrichtigung der zuständigen Verfolgungsbehörde über den Verdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit aus der „Anordnung über die Mitteilung in Zivilsachen“ (MiZi) ergeben. Diese Verwaltungsvorschrift regelt, in welchen Fällen und in welchem Ausmaß Zivilgerichte Informationen aus laufenden und abgeschlossenen Zivilverfahren an Dritte – also auch an die für die Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zuständigen Behörden – weitergeben dürfen bzw. sogar müssen. So sind ausdrücklich Erkenntnisse mitzuteilen, die aus Sicht des Gerichts zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten, die in (un-)mittelbarem Zusammenhang etwa mit dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz, dem Arbeitnehmerentsendegesetz oder dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz stehen. Gleichermaßen sind durch die Gerichte Tatsachen, die auf eine Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit schließen lassen, den zuständigen Behörden zu melden.[10]
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Sind daher einmal Verdachtsmomente entstanden, ist es für den jeweiligen Unternehmer schwierig, sich der weiteren „Ermittlungsmaschinerie“ zu entziehen.
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Hinweis
Bedeutsam wird die hier skizzierte Zusammenarbeit zwischen den Behörden regelmäßig bei der Betriebsprüfung. Aus ihr resultieren zahlreiche Verfahren wegen des Verdachts von Straftaten aus dem Bereich des Arbeitsstrafrechts. Stößt beispielsweise der Betriebsprüfer auf Umstände, die den Verdacht der illegalen Beschäftigung oder der Schwarzarbeit begründen, so hat er gem. § 31a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 AO die Tatsachen der zuständigen Stelle mitzuteilen. Der Betriebsprüfer hat in diesen Fällen keinen Ermessensspielraum.[11]
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Oftmals erfolgen Mitteilungen der Arbeitsschutzbehörde im Anschluss an Ermittlungen zu einem Arbeitsunfall. Stellt die Arbeitsschutzbehörde etwa im Zuge ihrer Sachverhaltsaufklärung fest, dass eine Vielzahl von Ausländern auf der Baustelle illegal beschäftigt wird, so teilt sie dies gem. § 23 Abs. 3 ArbSchG der Zollverwaltung mit.[12]
3. Strafanzeige durch Dritte
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Häufig werden Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren im Anschluss an – nicht selten anonyme – Strafanzeigen eingeleitet. Oftmals stellt sich rasch heraus, dass der zunächst unbekannte Initiator ein ehemaliger Arbeitnehmer des betroffenen Unternehmens ist, von dem man sich im Unfrieden getrennt hat. Aber auch noch beschäftigte – aber unzufriedene – Arbeitnehmer oder auch Betriebsräte scheuen sich nicht vor der Anzeige tatsächlicher oder vermeintlicher Straftaten.
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Zunehmend sind auch Strafanzeigen durch Konkurrenzunternehmen zu konstatieren. Teilweise erfolgen diese Strafanzeigen auch nur „ins Blaue hinein“, da das angezeigte Unternehmen – insbesondere im Baubereich – mit „Kampfpreisen“ auf sich aufmerksam macht. Hier liegt oft der Verdacht des Konkurrenten nahe, diese Preise nur mit illegalen Methoden anbieten zu können.
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Hinweis
Anonyme Strafanzeigen werden von den Strafverfolgungsbehörden oftmals nicht gerne gesehen. Dies liegt in der ihnen stets inhärenten Gefahr des „Denunziantentums“. Bei anonymen Strafanzeigen ist es nie gänzlich auszuschließen, dass diese inhaltlich bewusst falsch sind, um sich an einem früheren Arbeitgeber zu rächen oder auf diesem Wege einem unliebsamen Konkurrenten Scherereien zu machen.
Um auf Basis einer anonymen Strafanzeige weitere Ermittlungsmaßnahmen (insbesondere eine Durchsuchungsmaßnahme, die strafprozessual eines Anfangsverdachts bedarf) ergreifen zu können, bedarf es durch die Strafverfolgungsbehörden zunächst der Einschätzung der Qualität dieser Strafanzeige.
Insoweit geht die Rechtsprechung davon aus, dass anonyme Strafanzeigen nur in Ausnahmefällen eine stark in Grundrechtspositionen eingreifende Zwangsmaßnahme wie eine Durchsuchung stützen können; dies sei nur dann der Fall, wenn diese Anzeigen von „beträchtlicher sachlicher Qualität“ sind oder mit ihr zusammen schlüssiges Tatsachenmaterial vorgelegt wird.[13]
Es bietet sich daher im „Verteidigungsfall“ an, die anonyme Anzeige auf ihr inhaltliches Gewicht hin zu überprüfen, um sich gegebenenfalls gegen erlittene Zwangsmaßnahmen wie eine Durchsuchung zu wehren.
Anmerkungen
Hierzu ausführlich unter 1. Kap. Rn. 204 ff.
Gercke ZWH 2019, 301, 302.
Gesetz zur Regelung eines allgemeinen Mindestlohns (Mindestlohngesetz – MiLoG) v. 11.8.2014, BGBl. I 2014, S. 1348.
Vgl. den dreizehnten Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen des Gesetzes zur Bekämpfung der illegalen Beschäftigung v. 9.6.2017, BT-Drucks. 18/12755, S. 16.
Vgl. BT-Drucks. 18/12755, S. 16.
Vgl. Maschmann NZA 2014, 929, 930 zum Aufbau von Verfolgungsdruck durch verdachts- und anlasslose Kontrollen der Zollbehörden.
Aulmann S. 57 f.
Ignor/Rixen, 2. Aufl., § 1 Rn. 53.
Vgl. MiZi, 2. Teil, 1. Abschnitt, I., Ziff. 5 und 7.
Klein/Rüsken § 31a Rn. 10.
Vgl. grds. zur Zusammenarbeit der Behörden und Stellen Aulmann S. 57 f.