Handbuch des Strafrechts. Robert Esser
und Moral ein enger Zusammenhang (. . .). Beide haben als Systeme regelmäßigen Verhaltens ihren gemeinsamen Ursprung in Gewohnheit, Brauch und Sitte. Insoweit kann man sagen, daß embryonale Moral und embryonales Recht in eins zusammenfallen. In einem primitiven Stadium wird das Gemeinschaftsleben durch gewohnte Verhaltensformen bestimmt, die zum einen von einem religiösen Tabu umgeben sind und zum anderen von der Umgebung gegen den einzelnen durchgesetzt werden. Eine sowohl innere wie auch äußere Motivation bewirkt in diesem Stadium die Aufrechterhaltung des hergebrachten Verhaltens. Danach setzt ein Polarisierungsprozeß ein, in dessen Verlauf sich Moral und Recht als zwei selbständige Systeme zunehmend voneinander entfernen.“
Geiger, Vorstudien, S. 253.
Geiger, Vorstudien, S. 261.
Geiger, Vorstudien, S. 262.
Geiger, Vorstudien, S. 263.
Geiger, Vorstudien, S. 263.
Geiger, Vorstudien, S. 264.
Auswahl: Aus der älteren Literatur Laun, Recht und Sittlichkeit, Rektoratsrede Berlin 1924, in: ders., Recht und Sittlichkeit, 3. Aufl. 1935, S. 1–28; Nef, Recht und Moral in der deutschen Rechtsphilosophie seit Kant, 1937; weitere Nachweise bei Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 1977, § 8. Aus der jüngeren Literatur Beck/Thies (Hrsg.), Moral und Recht, 2011; Deimling, Recht und Moral. Gedanken zur Rechtserziehung, 1972; Drath, Grund und Grenzen der Verbindlichkeit des Rechts. Prolegomena zur Untersuchung des Verhältnisses von Recht und Gerechtigkeit, 1963; Geddert, Recht und Moral. Zum Sinn eines alten Problems; Geiger, Über Moral und Recht. Streitgespräch mit Uppsala; Hilgendorf, Recht und Moral, in: Aufklärung und Kritik 2001, S. 72–90; Greco, Lebendiges und Totes in Feuerbachs Straftheorie, 2009, S. 109–160; Kuhlen, Normverletzungen im Recht und in der Moral, in: Baurmann/Kliemt (Hrsg.), Die moderne Gesellschaft im Rechtsstaat, 1990, S. 63–108; Podlech, Recht und Moral, in: Rechtstheorie 1972, S. 129–148; Sandkühler (Hrsg.) Recht und Moral, 2010. Vgl. auch die Beiträge von Ryffel, Hügli, Ruzicka, Menet, Ott, Wolf und Holzhey in: Holzhey/Kohler (Hrsg.), Verrechtlichung und Verantwortung, 1987. Aus dem angelsächsischen Sprachraum Greenawalt, Conflicts of Law and Morality, 1987.
Geiger, Vorstudien, S. 130; vgl. auch Vorstudien, S. 168.
In der Gegenwart ist die Rede vom „gesellschaftlich organisierten Zwang“ praktisch gleichbedeutend mit „staatlich organisiertem Zwang“. Zum jüngeren Phänomen eines Rückzugs des Staates aus der Rechtsetzung Kadelbach/Günther (Hrsg.), Recht ohne Staat? Zur Normativität nichtstaatlicher Rechtsetzung, 2011.
Dem steht nicht entgegen, dass sowohl in der Alltagssprache als auch in der juristischen Fachsprache Recht und Moral oft miteinander verbunden sind. Besonders deutlich wird dies etwa am Ausdruck „Unrecht“.
Zu Unrecht wird diese Unterscheidung in der deutschen Rechtsphilosophie und Strafrechtstheorie in erster Linie mit Immanuel Kant (1724–1804) in Verbindung gebracht. Sie findet sich bereits bei den Autoren der Früh- und Hochaufklärung wie Montesquieu und Beccaria.
Beccaria, Über Verbrechen und Strafen. Nach der Ausgabe von 1766 übersetzt und herausgegeben von W. Alff, 1966, S. 53. Dazu auch Seminara, JZ 2014, 1121 ff.
Kress, Medizinethik, 2003, S. 135 ff.
Kress, Medizinethik, 2003, S. 162 ff.
Gerade die Bestimmungen des Kernstrafrechts (Mord und Totschlag, Diebstahl, Beleidigung) finden in aller Regel eine Entsprechung in der Sozialmoral, also in den moralischen Überzeugungen der Mehrheit der Bevölkerung. Einen wichtigen „Transmissionsriemen“ zwischen Sozialmoral und Strafrecht bilden heute Umfragen, wie sie etwa im Auftrag großer organisierter Interessengruppen durchgeführt werden. Rechtsvergleichend (und noch erstaunlich aktuell) Lee/Robertson, „Moral Order“ and The Criminal Law. Reform Efforts in the United States and West Germany, 1973.
Für einen Überblick über die Geschichte der Regelung des Schwangerschaftsabbruchs AWHH-Hilgendorf, § 5 Rn. 1 ff. m.w.N.
Kelsen, Reine Rechtslehre, 2. Aufl. 1960, S. 347, 351.
Dass dies in vielen Fällen ein höchst unsicherer Maßstab ist, braucht nicht weiter ausgeführt zu werden.
Der Begriff „Vorverständnis“ wurde vor allem durch das 1970 publizierte Werk von J. Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, bekannt.
Besonders deutlich kommt dieser Meinungswandel etwa im „Fesselungsfall“ (BGHSt 49, 166 ff.) zum Ausdruck.
Weitere Facetten von „Ehre“ behandeln Vogt/Zingerle, Zur Aktualität des Themas Ehre und zu seinem Stellenwert in der Theorie, in: dies. (Hrsg.), Ehre. Archaische Momente in der Moderne, 1994, S. 9–33, insb. S. 16.
Dieser Achtungsanspruch lässt sich auch mit „Anspruch auf Respekt“ umschreiben.
Davon zu unterscheiden ist die Vorstellung einer besonderen „sittenbildenden“ Aufgabe der Rechtswissenschaft, dazu Burmeister, Über den Auftrag der Jurisprudenz zur Pflege des rechtsethischen Konsenses in der Gesellschaft, in: Jung/Kroeber-Riel/Wadle (Hrsg.), Entwicklungslinien