Umwandlungsgesetz. Oliver Schmidt

Umwandlungsgesetz - Oliver Schmidt


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      Ein Verzicht auf eine Anteilsgewährung ist nur in den gesetzlich geregelten Fällen möglich (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 20; aA Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 14; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 5 Rn 5). Eine Anteilsgewährungspflicht besteht auch, wenn bei der Verschmelzung einer PersGes auf eine KapGes der Komplementär an der übertragenden PersGes keinen Kapitalanteil hält. Dem Komplementär müsste hier vorab beim übertragenden Rechtsträger – ggf treuhänderisch – ein Kapitalanteil übertragen werden. Erfolgt eine solche Anteilsübertragung nicht, scheidet der Komplementär mit Wirksamwerden der Verschmelzung aus (Drygala in Lutter, § 5 Rn 23; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 16). Wäre übernehmender Rechtsträger hingegen ebenfalls eine PersGes, könnte der Komplementär auch beim übernehmenden Rechtsträger ohne Kapitalanteil beteiligt werden. Wenn bei Verschmelzung auf eine PersGes ein Anteilsinhaber der übernehmenden PersGes am übertragenden Rechtsträger ebenfalls beteiligt ist, hat dennoch eine Anteilsgewährung stattzufinden. Zwar kann ein Gesellschafter an einer PersGes nur einen Anteil halten, so dass kein weiterer (zusätzlicher) Anteil gewährt werden kann. Die Anteilsgewährung erfolgt hier jedoch durch Erhöhung des bereits bei der übernehmenden PersGes gehaltenen Kapitalanteils (vgl hierzu Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 24.2). Eine Erhöhung der Pflichteinlage reicht aus; eine Erhöhung auch der im Handelsregister einzutragenden Haftsumme ist nicht erforderlich.

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      Die Anteilsinhaber müssen ferner im übernehmenden Rechtsträger eine Rechtsposition und damit Anteile bzw Mitgliedschaften erhalten, die denjenigen, die sie beim übertragenden Rechtsträger innehatten, rechtlich gleichwertig sind (Drygala in Lutter, § 5 Rn 18; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 19; vgl dazu auch unten Rn 83). Gleichwertigkeit ist zB gegeben, wenn statt Inhaberaktien nicht vinkulierte Namensaktien ausgegeben werden (und umgekehrt) oder wenn beim übertragenden Rechtsträger vinkulierte Anteile bestehen und auch beim übernehmenden Rechtsträger vinkulierte Anteile ausgegeben werden (Drygala in Lutter, § 5 Rn 18; Marsch-Barner in Kallmeyer, § 5 Rn 13; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 23). Stimmrechtslose Anteile anstelle von stimmberechtigten Anteilen können (nur) in dem Umfang ausgegeben werden wie es beim übernehmenden Rechtsträger erforderlich ist, um für alle Anteilsinhaber ein bestehendes Verhältnis von stimmberechtigten zu stimmrechtslosen Anteilen aufrecht zu erhalten (Marsch-Barner in Kallmeyer, § 5 Rn 12; Drygala in Lutter, § 5 Rn 20; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 24; aA Bayer ZIP 1997, 1613, 1616). Der vollständige Austausch von stimmberechtigten Anteilen beim übertragenden Rechtsträger in stimmrechtslose Anteile beim übernehmenden Rechtsträger wäre unzulässig. Umgekehrt können jedoch stimmberechtigte anstelle von stimmrechtslosen Anteilen ausgegeben werden. Eine Verschlechterung der Rechtsposition wäre damit nicht verbunden.

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      Teileingezahlte Anteile eines übertragenden Rechtsträgers können als teileingezahlte Anteile beim übernehmenden Rechtsträger erhalten bleiben (für eine entspr Vereinbarung Drygala in Lutter, § 5 Rn 22). Für teileingezahlte Anteile sind dann vom übernehmenden Rechtsträger wiederum teileingezahlte Anteile auszugeben. Zwingend ist dies jedoch nicht. Zwar besteht die Einzahlungsverpflichtung auf teileingezahlte Anteile grds fort und geht als Forderung auf den übernehmenden Rechtsträger über (Mayer in Widmann/Mayer, § 5 Rn 77; Drygala in Lutter, § 5 Rn 22; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 17). Ein Zwang des übernehmenden Rechtsträgers, wiederum teileingezahlte Anteile zu schaffen, besteht aber nicht (Grunewald in Lutter, § 20 Rn 48; auf erhebliche Schwierigkeiten würde eine solche Verpflichtung stoßen, wenn der Nennbetrag der neuen Anteile hinter der Einlageschuld zurückbleibt.) Zum Schutz der Mitgesellschafter (und der Gläubiger) reicht es vielmehr aus, wenn die Einlageverpflichtung als solche als Forderung der übernehmenden Gesellschaft fortbesteht.

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      Hinsichtlich Rechtsposition und Ausgestaltung der Anteile können die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger mit den ihnen beim übernehmenden Rechtsträger zu gewährenden Anteilen den Änderungen unterworfen werden, die mit einer Drei-Viertel-Mehrheit auch beim übertragenden Rechtsträger ohne ihre Zustimmung herbeigeführt werden könnten (Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 23).

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      Die vom Gesetz vorgesehene Vermögensübertragung gegen Gewährung von Anteilen führt beim übernehmenden Rechtsträger, sofern für die Durchführung der Anteilsgewährung keine bereits vorhandenen Anteile verwendet werden können, zu einer Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage. Da die auf die neuen Anteile zu erbringenden Einlagen werthaltig sein müssen, ist die Verschmelzung durch Aufnahme gegen Gewährung neuer Anteile eines unter Zugrundelegung der tatsächlichen Werte überschuldeten übertragenden Rechtsträgers ausgeschlossen, da der Nominalbetrag der durch die Kapitalerhöhung neu zu schaffenden Anteile durch das einzubringende Vermögen nicht gedeckt wäre (Drygala in Lutter, § 5 Rn 16; Schröer in Semler/Stengel, § 5 Rn 8; Keller/Klett DB 2010, 1220; Heckschen DB 1998, 1385, 1386). Möglich ist hingegen die Verschmelzung eines übertragenden Rechtsträgers auf einen überschuldeten übernehmenden Rechtsträger. Da der übertragende Rechtsträger nicht überschuldet ist, können die im Wege der Kapitalerhöhung neu zu schaffenden Anteile durch entspr werthaltiges Vermögen erbracht werden (Heckschen DB 2005, 2283, 2287). Problematisch ist in diesem Fall allerdings die Ermittlung des Umtauschverhältnisses. Bei einem überschuldeten übernehmenden Rechtsträger müsste für ihn eigentlich ein Wert von Null angesetzt werden. Ein Wert, der sich dann auch für die Bemessung des Umtauschverhältnisses niederschlägt, kann ihm nur in bes gelagerten Ausnahmefällen zugebilligt werden (zB bes Know-how oder bes Schutzrechte, die nur für das fusionierte Unternehmen von Wert sind). Andernfalls würde die Verschmelzung, wenn ihr nicht sämtliche Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers zustimmen (was zB bei reinen Konzernverschmelzungen stets der Fall sein dürfte), mangels angemessenem Umtauschverhältnis scheitern (Heckschen DB 1998, 1385, 1387; Drygala in Lutter, § 5 Rn 16; vgl dazu auch bei Keller/Klett DB 2010, 1220).

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      Die Verschmelzung eines überschuldeten übertragenden Rechtsträgers auf einen übernehmenden Rechtsträger lässt sich ungeachtet des Problems der Werthaltigkeit der auf den Kapitalerhöhungsbetrag zu erbringenden Sacheinlage bei Konzernsachverhalten entweder dadurch lösen, dass zwischen übernehmendem und übertragendem Rechtsträger ein Mutter-/Tochter-Verhältnis hergestellt wird. Wird eine überschuldete Tochtergesellschaft auf ihre Muttergesellschaft verschmolzen, stellt sich das skizzierte Problem mangels Anteilsgewährung nicht. Die Verschmelzung einer überschuldeten Tochter- auf ihre Muttergesellschaft ist – als Sanierungsverschmelzung – ohne weiteres zulässig (OLG Stuttgart DB 2005, 2681; LG Leipzig DB 2006, 885; Keller/Klett DB 2010, 1220; Weiler NZG 2008, 527; Heckschen DB 2005, 2283, 2285; anders wäre es nur, wenn die Verschmelzung zur Überschuldung der übernehmenden Muttergesellschaft führen würde). Zum anderen kann die Verschmelzung des überschuldeten übertragenden Rechtsträgers nach § 54 Abs 1 letzter S bzw § 68 Abs 1 letzter S ohne Durchführung einer Kapitalerhöhung und damit ohne Gewährung neuer Anteile vorgenommen werden, wenn alle Anteilsinhaber eines übertragenden Rechtsträgers darauf verzichten (kritisch zur Durchführung der Verschmelzung ohne Anteilsgewährung auch wegen der dadurch entfallenden Registerkontrolle Mayer/Weiler DB 2007, 1235, 1238). Überdies kann bei Verschmelzung mehrerer Schwestergesellschaften im Konzern auf eine Schwestergesellschaft auch eine überschuldete Schwestergesellschaft übertragender Rechtsträger sein. Bei Verschmelzung im Konzern mit mehreren übertragenden Rechtsträgern in einem einheitlichen Vorgang kann bei der zur Durchführung der Verschmelzung vorzunehmenden Kapitalerhöhung ein einheitlicher Geschäftsanteil geschaffen werden (ebenso Heckschen DB 2005, 2283, 2286; LG Frankfurt GmbHR 2005, 940; aA OLG Frankfurt DB 1998, 917, das davon ausging,


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