Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Mike White
anwesend. Mitarbeiter des Kreditinstituts haben die Gelegenheit, das Legitimationsdokument in Augenschein zu nehmen und ggf. eine haptische Prüfung vorzunehmen.[77]
(2) Gleichwertige Verfahren, u.a. Videoidentifizierungsverfahren, § 13 Abs. 1 Nr. 2 GwG
73
Das GwG lässt in Anbetracht der fortschreitenden technischen Entwicklung sonstige Verfahren zur Identitätsüberprüfung zu, sofern diese ein im Vergleich zur Vor-Ort-Prüfung gleichwertiges Sicherheitsniveau haben. Hierunter fällt neben den oben unter Rn. 70 aufgeführten elektronischen Legitimationsmitteln auch das Videoidentifizierungsverfahren.[78]
74
Die BaFin hat folgende Voraussetzungen an die Durchführung des Videoidentifizierungsverfahrens geknüpft:[79]
– | die Mitarbeiter müssen zu geldwäsche- und datenschutzrechtlichen Vorschriften geschult sowie zu den Prüfverfahren der im Rahmen des Videoidentifizierungsverfahrens akzeptierten Dokumente und ihren prüfbaren Sicherheitsmerkmalen ausgebildet sein; die Schulung muss vor Aufnahme der Identifizierungstätigkeit abgeschlossen sein und mindestens einmal jährlich aktualisiert werden, im Rahmen der Aktualisierung sind insbesondere Änderungen der aufsichtsrechtlichen Anforderungen zu vermitteln; |
– | die Mitarbeiter müssen sich während der Videoidentifizierung in abgetrennten und nur mit Zugangskarte zugänglichen Räumlichkeiten befinden; |
– | das Einverständnis der zu identifizierenden Person zur Aufzeichnung des Identifizierungsprozesses ist aufzuzeichnen; |
– | bei der Zuteilung von Identifizierungsvorgängen an die Mitarbeiter müssen Mechanismen eingesetzt werden, die einer vorhersehbaren Zuteilung und der dadurch bestehenden Manipulationsmöglichkeit entgegenwirken; |
– | die Videoidentifizierung muss in Echtzeit und ohne Unterbrechung erfolgen; |
– | es sind nur Ende-zu-Ende verschlüsselte Videochats zulässig, die die Empfehlungen der Technischen Richtlinie des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik einhalten (BSI TR-02102); |
– | zum Videoidentifizierungsverfahren sind nur Ausweisdokumente zugelassen, die über ausreichende Sicherheitsmerkmale verfügen;[80] |
– | der Mitarbeiter muss sich davon überzeugen, dass das Lichtbild sowie die Personenbeschreibung auf dem verwendeten Legitimationsdokument zu der zu identifizierenden Person passen; |
– | das Videoidentifizierungsverfahren ist abzubrechen, wenn die visuelle Überprüfung bzw. die sprachliche Kommunikation zwischen Mitarbeiter und zu identifizierender Person beeinträchtigt sind; |
– | während der Videoidentifizierung muss die zu identifizierende Person eine an sie per Email oder SMS gesendete Ziffernfolge (TAN) online eingeben und an den Mitarbeiter zurücksenden; die erfolgreiche Bestätigung der TAN schließt das Videoidentifizierungsverfahren ab; |
– | der gesamte Prozess der Videoidentifizierung ist aufzuzeichnen, die Aufzeichnung ist gem. § 8 Abs. 3 GwG fünf Jahre aufzubewahren. |
(3) Identitätsüberprüfung durch Dritte (insbesondere Postident-Verfahren)
75
Kreditinstitute können die Identifizierung und die Identitätsüberprüfung auf Dritte übertragen.[81] Besonders praxisrelevant ist in diesem Zusammenhang die Nutzung des Postident-Verfahrens, dass nicht unter die nach § 17 Abs. 1 GwG (kraft Gesetz zur Ausführung der allgemeinen Sorgfaltspflichten geeignete Dritte) fällt. Stattdessen ist § 17 Abs. 5 GwG anwendbar, der die vertragliche Auslagerung auf „andere Personen und Unternehmen“ regelt.
76
An sich wäre daher insbesondere eine vertragliche Vereinbarung zwischen Kreditinstitut und der Deutschen Post AG über die Auslagerung der Identifizierung und Identitätsüberprüfung erforderlich. Da das Postident-Verfahren jedoch in der Vergangenheit als „per se“ zuverlässig angesehen wurde, ist davon auszugehen, dass auch zukünftig weder eine vertragliche Vereinbarung noch eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 17 Abs. 7 GwG erforderlich sein dürften.[82]
f) Identifizierung und Identitätsüberprüfung von juristischen Personen als Vertragspartner
77
Im Vergleich zur Identifizierung natürlicher Personen ist für einen Großteil der Kreditinstitute die Identifizierung juristischer Personen in der täglichen operativen Arbeit weitaus zeit- und arbeitsintensiver. Im nachfolgenden Abschnitt sollen die wesentlichen Aspekte für die in der Praxis relevanten Rechtsformen erläutert werden.
aa) Einzelne praxisrelevante Rechtsformen
78
Im Rahmen der Identifizierung und Identitätsüberprüfung von juristischen Personen als Vertragspartner sind für viele Kreditinstitute insb. die folgenden Rechtsformen nach deutschem Recht praxisrelevant.
(1) Juristische Personen des Privatrechts
79
Hierzu zählen insbesondere:
– | Aktiengesellschaften (AG); |
– | Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH); |
– | Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA); |
– | Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR); |
– | Offene Handelsgesellschaften (OHG); |
– | Kommanditgesellschaften (KG); |
– | eingetragene Genossenschaften (e.G.); |
– | Partnerschaftsgesellschaften (PartG); |
– | eingetragene Vereine (e.V.); und |
– | Stiftungen des Privatrechts. |
80
Nicht als juristische Person zu qualifizieren, aber nicht weniger praxisrelevant sind die Identifizierung von:
– | nicht rechtsfähigen Vereinen; und |
– | Wohnungseigentümergemeinschaften. |
(2)