Handbuch der Europäischen Aktiengesellschaft - Societas Europaea. Hans-Peter Schwintowski
die gleichberechtigte Behandlung beider Fusionspartner sichergestellt. Diese Gleichbehandlung wird dadurch gefördert, dass mit der SE eine neutrale Rechtsform gewählt wird, die sogar die neutrale Sitzwahl in einem dritten Mitgliedstaat ermöglicht. Handelt es sich bei den Fusionspartnern um Konzerne, werden außerdem spätere Reorganisationsmaßnahmen erleichtert und vereinfacht. Wie bei allen SE-Gründungen ergeben sich schließlich weitere Vorteile aus der Flexibilität der Organisationsverfassung, der Flexibilität der Verhandlungslösung zur Arbeitnehmerbeteiligung und der Nutzung der SE als Marketinginstrument.
2.2 Holding-Gründung zur Bildung eines europäischen Konzerns
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Wollen sich zwei Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten, die als selbständige Rechtsträger fortbestehen sollen, unter einer einheitlichen Leitung zusammenschließen, bietet sich die Gründung einer Holding-SE an.[27] Selbstverständlich ist die Bildung einer Holding auch in anderer Rechtsform möglich, allein die SE-VO stellt dafür jedoch ein besonderes Verfahren zur Verfügung. Wie bei der grenzüberschreitenden Verschmelzung kann auch hier die Gründung einer Holding-SE die gleichberechtigte Behandlung beider Gründungsgesellschaften gewährleisten – nicht zuletzt durch Wahl einer neutralen europäischen Rechtsform und eines neutralen Sitzes. Gegenüber der grenzüberschreitenden Verschmelzung bietet sich die Struktur der Holding-SE dann an, wenn aus Gründen der Haftungsabschottung die Gründungsgesellschaften als selbständige Rechtssubjekte erhalten bleiben sollen.
2.3 Teilzusammenschluss durch europäisches Joint Venture
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Wollen zwei Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten Teile ihrer Aktivitäten dauerhaft zusammenführen, können sie dies in einem Joint Venture in der Form einer Tochter-SE tun.[28] Auch hier gilt wie bei der Holding-SE: Für das Joint Venture kommen selbstverständlich auch andere Rechtsformen in Frage, nur die SE ermöglicht jedoch als neutrale Rechtsform die Gleichbehandlung der Joint Venture-Partner und bietet zudem die übrigen genannten Vorteile wie Flexibilität der Organisationsverfassung und der Verhandlungslösung zur Arbeitnehmerbeteiligung sowie den Marketingeffekt der europäischen Rechtsform. Insbesondere bei dem grenzüberschreitenden Joint Venture kann als weiterer Vorteil der SE die Möglichkeit der späteren grenzüberschreitenden Sitzverlegung Bedeutung erlangen.
3. Reorganisationsmöglichkeiten im europäischen Konzern
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Die Möglichkeiten konzerninterner grenzüberschreitender Reorganisationsmaßnahmen werden durch die SE erweitert. Neben der grenzüberschreitenden Verschmelzung von Kapitalgesellschaften nach der Verschmelzungsrichtlinie bietet die SE-VO eine zusätzliche Option der grenzüberschreitenden Verschmelzung, wenn für den übernehmenden Rechtsträger die Rechtsform der SE gewählt wird. Hat eine Konzerngesellschaft bereits die Rechtsform der SE, kann sie zudem grenzüberschreitend ihren Sitz in einen anderen Mitgliedstaat verlegen. Dies ermöglicht es europäischen Konzernen, mit Hilfe der SE ihre Konzernstrukturen zu optimieren und effizienter zu gestalten.
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Dieselben Vorteile stehen nach einer grenzüberschreitenden Unternehmensakquisition dem Erwerber zur Verfügung, um das neu erworbene Tochterunternehmen in den eigenen Konzern zu integrieren (post acquisition merger).
4. Vereinheitlichung der Konzernstruktur in Europa
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Europaweit agierende Konzerne haben seit Inkrafttreten der SE-VO die Möglichkeit, ihre Konzernstrukturen zu vereinheitlichen. Da die SE in allen europäischen Mitgliedstaaten und den EWR-Staaten Island, Liechtenstein und Norwegen[29] zur Verfügung steht, besteht die Möglichkeit, sämtliche Konzerngesellschaften, die bisher in Rechtsformen nationaler Prägung existierten, in die Rechtsform der SE umzuwandeln bzw. neue Konzerngesellschaften originär als SE zu gründen. Damit können für die Konzerngesellschaften in sämtlichen Mitgliedstaaten nahezu einheitliche Satzungen und insbesondere einheitliche Leitungssysteme geschaffen werden. Durch diese Vereinheitlichung kann die Konzernlenkung effizienter gestaltet und ein erhebliches Kosteneinsparpotenzial geschaffen werden.
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Für eine effizientere Konzernlenkung[30] bietet sich insbesondere das monistische System an. Anders als beim weisungsunabhängigen Vorstand kann hier die auf die Konzernspitze ausgerichtete Leitung leichter durchgesetzt werden als beim dualistischen System der AG.
5. Reorganisation des Europa-Konzerns von Unternehmen aus einem Drittstaat
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Für Unternehmen aus Drittstaaten wie bspw. den USA, Japan oder China, die in Europa durch mehrere Tochtergesellschaften präsent sind, bietet die SE-VO neue Reorganisationsmöglichkeiten.
5.1 Errichtung einer SE als Zwischenholding
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Die Gründung einer Holding-SE, in die sämtliche Anteile an den Tochtergesellschaften eingebracht werden, bietet die Möglichkeit, diese Tochtergesellschaften der einheitlichen Leitung einer europäischen Zwischenholding zu unterstellen. Dadurch können die Aktivitäten des Drittstaat-Unternehmens auf europäischer Ebene besser koordiniert werden. Zudem hat die Holding-SE den Vorteil der Mobilität durch die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Sitzverlegung.
5.2 Verschmelzung sämtlicher Tochtergesellschaften auf eine SE
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Durch die Möglichkeit der grenzüberschreitenden Verschmelzung ist das Drittstaat-Unternehmen in der Lage, sämtliche europäischen Tochtergesellschaften auf eine einzige SE zu verschmelzen. Die Betriebe der ehemaligen Tochtergesellschaften bestehen dann als ausländische Niederlassungen fort. Diese Umstrukturierung führt zur Einsparung von Leitungsebenen und weiteren Kosten wie Jahresabschluss- und Hauptversammlungskosten. Sie kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn die einzelnen Tochtergesellschaften nicht aus Gründen der Haftungsabschottung als selbständige Rechtssubjekte erhalten bleiben sollen; durch die Verschmelzungswirkungen würden nämlich sämtliche Verbindlichkeiten auf die neue SE übergehen. Darüber hinaus könnte es zu nachteiligen steuerlichen Auswirkungen[31] kommen, wenn einzelne ausländische Niederlassungen später veräußert werden sollen, da diese Veräußerung dann nicht mehr im Wege eines share deal, sondern nur noch durch einen asset deal möglich ist.
6. Umstellung einer dualistischen AG auf das monistische System
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Soweit eine AG seit mindestens zwei Jahren eine Tochtergesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat hat, kann sie in eine SE umgewandelt werden.[32] Im Rahmen ihrer Organisationsverfassung kann die SE das monistische System wählen, auch wenn es sich bei ihr bisher um eine dualistisch strukturierte AG gehandelt hat. Damit kann für die umgewandelte Gesellschaft die Flexibilität des monistischen Systems genutzt werden, was sich wegen der umfangreicheren Weisungsmöglichkeiten beispielsweise für konzernabhängige Gesellschaften anbieten kann. Aber auch bei großen deutschen Konzernobergesellschaften