Unternehmensnachfolge. Manzur Esskandari
von Nöten wäre.[144]
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Formulierungsbeispiel:
Der Vermächtnisnehmer kann durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Unternehmer auf den Nießbrauch verzichten und stattdessen eine monatliche im Voraus zahlbare, lebenslängliche Rente verlangen. Die Höhe der Rente soll es dem Vermächtnisnehmer ermöglichen, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Der Unternehmer legt insoweit die Rente nach billigem Ermessen fest. Bei Meinungsverschiedenheiten soll das Nachlassgericht auf Antrag eines Beteiligten einen Testamentsvollstrecker bestimmen, der dann als Schiedsrichter entscheidet.
cc) Nutzungsvermächtnis
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Im Unterschied zum vorbeschriebenen Ertragsnießbrauch begründet das Nutzungsvermächtnis (auch schuldrechtliches Ertragsvermächtnis) kein echtes Nießbrauchsrecht im Sinne der §§ 1030 ff. BGB. Beim Einzelunternehmen gibt es keine Forderung des Inhabers des Unternehmens gegen sein Unternehmen, die Gegenstand eines Nießbrauchsrechts sein könnte. Dem Berechtigten steht daher nur ein schuldrechtlicher Gewinnauszahlungsanspruch zu.[145] Die Unternehmerstellung verbleibt wie beim Ertragsnießbrauch beim Erben.[146]
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Formulierungsbeispiel:[147]
Meinem Ehemann M wende ich als Vermächtnis das lebenslange Recht auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 30 % des auf mein Einzelunternehmen … in …, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts … unter HRA …, entfallenden Gewinns zu. Auf den Gewinnanteil ist eine monatliche Vorauszahlung in Höhe von je einem Zwölftel des Anspruchs zu leisten. Die monatliche Vorauszahlung ist auf der Grundlage des Gewinnanteils für das jeweilige Vorjahr zu berechnen. Der Anspruch des Vermächtnisnehmers, abzüglich geleisteter Vorauszahlungen, ist zwei Wochen nach Feststellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft zur Zahlung fällig. Übersteigt die Summe der Vorauszahlungen den endgültigen Anspruch des Vermächtnisnehmers, hat dieser den Betrag der Überzahlung zurückzuerstatten. Die Rückerstattung ist sechs Wochen nach Feststellung des Jahresabschluss fällig. Kommt eine Einigung über die Höhe des Anspruchs nicht innerhalb eines Monats nach Feststellung des Jahresabschlusses zustande, wird ein Schiedsgutachter auf Antrag eines der Beteiligten von dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer in . . . benannt. Der Schiedsgutachter entscheidet über die Kosten des Verfahrens entsprechend den Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO.
Sämtliche mit der Erfüllung des Vermächtnisses anfallenden Kosten und Steuern trägt der Vermächtnisnehmer. Das Vermächtnis entfällt ersatzlos, wenn sich mein Unternehmen nicht mehr in meinem Nachlass befinden sollte. Ersatzvermächtnisnehmer sind …
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Praxishinweis:
Der Erblasser sollte, sofern möglich, zu versorgende Personen (z.B. den Ehegatten) nicht ausschließlich über einen Ertragsnießbrauch bzw. ein Nutzungsvermächtnis absichern. Der Berechtigte hat keinen Einfluss auf die Unternehmensführung. In Verlustjahren oder gar bei Insolvenz des Unternehmens erfolgen keine Zahlungen. Selbst bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung kann der Unternehmenserbe durch z.B. bilanzielle Maßnahmen den Anspruch des Berechtigten unterminieren.
e) Bestimmung des Vermächtnisnehmers durch Dritte
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Die Bestimmung eines Erben durch Dritte ist nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich (vgl. Rn. 59 ff.). Im Vermächtnisrecht ist der Erblasser hingegen freier, die Bestimmung des Vermächtnisnehmers dem Beschwerten oder einem Dritten (z.B. Ehegatte, Testamentsvollstrecker) zu überlassen, §§ 2151 ff. BGB. Der Vermächtnisnehmer darf allerdings nur aus einem objektiv bestimmbaren und leicht überschaubaren Personenkreis ausgewählt werden.[148] Diese Kriterien dürfte man wohl bei Mitgliedern eines Vereins bejahen, nicht hingegen bei Einwohnern einer Stadt. Ist der Personenkreis zu unbestimmt, kann die unwirksame Vermächtnisanordnung in eine Auflage gemäß § 2193 BGB ausgelegt werden.[149] Der Bestimmungsberechtigte nimmt die Auswahl nach freiem Ermessen vor. Die Billigkeit der Ermessensentscheidung kann nicht gerichtlich überprüft werden. Nur wenn der Erblasser Auswahlrichtlinien vorgegeben hat, kann ein Gericht deren offensichtliche Missachtung überprüfen.[150]
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Der Erblasser muss den Bestimmungsberechtigten in seiner testamentarischen Verfügung genau benennen. Im Zweifel übt der Erbe das Bestimmungsrecht aus, § 2152 BGB. Ist ein Dritter bestimmungsberechtigt, so hat er die Auswahl des Vermächtnisnehmers dem Erben gegenüber zu erklären. Ist der Erbe selbst bestimmungsberechtigt, so erfolgt die Erklärung gegenüber dem begünstigten Vermächtnisnehmer, § 2151 Abs. 2 BGB. Die Auswahlerklärung ist formlos möglich. Ein Widerruf der Erklärung nach deren Zugang ist ausgeschlossen.[151] Erklärt sich der Bestimmungsberechtigte trotz Fristsetzung durch das Nachlassgericht (§ 3 Nr. 2c RPflG) nicht, so sind die potentiell Bedachten Gesamtgläubiger, § 2151 Abs. 3 BGB. Die Auswahlerklärung ist als Willenserklärung grds. anfechtbar, wobei ein Irrtum über die Eignung der ausgewählten Person einen unbeachtlichen Motivirrtum darstellen wird.[152]
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Mehrere potentiell begünstigte Vermächtnisnehmer sind ab dem Erbfall auflösend bedingte Mitgläubiger des Vermächtnisses und gleichzeitig aufschiebend bedingte Einzel- und Gesamtgläubiger des Vermächtnisanspruchs.[153] Jeder Mitgläubiger kann die Erfüllung des Vermächtnisses an die Gemeinschaft der Mitgläubiger verlangen. Die Sicherung dieses Rechts ist im Wege des Arrests durch Hinterlegung oder Ablieferung an einen gerichtlich zu bestellenden Verwahrer möglich, § 432 Abs. 1 S. 2 BGB.
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Ein Dritter darf den Vermächtnisnehmer auch dann bestimmen, wenn das Vermächtnis im Wesentlichen den gesamten Nachlass betrifft oder sogar ausmacht (sog. Universalvermächtnis).[154] Dies wird bei der vermächtnisweisen Zuwendung eines Unternehmens oftmals der Fall sein.
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Mittels eines Zweckvermächtnisses kann der Erblasser sogar die Bestimmung des Zuwendungsgegenstandes einem Dritten überlassen, § 2156 BGB. Danach genügt es, wenn der Erblasser lediglich den Zweck der Zuwendung und den Empfänger angibt. Der Erbe oder eine Dritter (nicht aber der Bedachte[155]) kann dann die zur Erfüllung des Zwecks erforderlichen Gegenstände auswählen. Im Ergebnis kann der Erblasser §§ 2151 und 2156 BGB dergestalt miteinander kombinieren werden, dass der Bestimmungsberechtigte sowohl den Bedachten als auch den Leistungsgegenstand bestimmt.[156]
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Regeln muss der Erblasser schließlich die Frage, wer die Gesellschaft bis zur Ausübung des Bestimmungsrechts führt. Die einfachste Lösung wäre, wenn der Erblasser die auswahlberechtigte Person zum Alleinerben einsetzt (z.B. den überlebenden Ehegatten). Andernfalls empfiehlt es sich, einem Testamentsvollstreckung die Auswahl zu überlassen, der das Unternehmen bis zur Bestimmung des Vermächtnisnehmers fortführt (vgl. hierzu Rn. 218).
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Formulierungsbeispiel Drittbestimmung des Vermächtnisnehmers:[157]
„Vermächtnisweise wende ich meinen Handwerksbetrieb mit allen Aktiven und Passiven allen gemeinschaftlichen Abkömmlingen zu gleichen Teilen zu, wobei jedoch zu meiner Nachfolge nur Abkömmlinge in Betracht kommen, die die Voraussetzungen für die Eintragung in die Handwerksrolle erlangen. Bei mehreren geeigneten Kindern entscheidet meine Ehefrau gem. § 2151 BGB, ob mehrere oder nur ein Abkömmling zur Nachfolge berechtigt sind. Auch den Zeitpunkt der Nachfolge bestimmt meine Ehefrau. Spätestens hat sie jedoch mit Vollendung ihres 60. Lebensjahres den Betrieb zu übergeben. Bis zur Übernahme des Unternehmens verbleibt die Unternehmensführung bei meiner Ehefrau,